Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.Standes beim schönen Geschlechte nicht? Wie
Standes beim ſchoͤnen Geſchlechte nicht? Wie
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Standes beim ſchoͤnen Geſchlechte nicht?
und wer darf es der Emilie in dieſen
Augenblicken einer ſolchen Situation ver-
argen, wenn ſie den Dolch ihres Vaters
einer kuͤnftigen Gefahr vorziehet? Das
flatternde Voͤgelchen, (verzeihen Sie das
Naturhiſtoriſche Gleichniß) fuͤrchtet nicht
etwa nur den anziehenden Hauch der na-
hen großen glaͤnzenden Schlange; es fuͤh-
let denſelben ſchon, ſieht ihren auf ſie ge-
richteten Blick — oder ohne Gleichniß, ſie
glaubt ſich ſchon umſchlungen von tauſend
feinen Netzen liebenswuͤrdiger Eigenſchaf-
ten, weiß, wie der Prinz ihre Empfindun-
gen der Religion ſelbſt vorm Altar ſtoͤrte,
und wagt wie eine Heilige den Sprung
in die Fluth. Wie Verſtandvoll hat Le-
ßing das Herz der Emilie mit Religion
verwebet, um auch hier die Staͤrke und
Schwaͤche einer ſolchen Stuͤtze zu zeigen!
Wie
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/153>, abgerufen am 16.02.2025. |