Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.Dies lehrt uns mit seinem Uebermuth der Dies lehrt uns mit ſeinem Uebermuth der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0107" n="98"/> <p>Dies lehrt uns mit ſeinem Uebermuth der<lb/> praͤchtige Agamemnon in der ganzen Iliade.<lb/> Er graͤnzt an alle Ausſchweifungen, die<lb/> Ariſtoteles Ethik kannte, an die <hi rendition="#g">Hab</hi>-<lb/><hi rendition="#g">begierde </hi> (Akolaſie) den <hi rendition="#g">Neid</hi>, die<lb/><hi rendition="#g">Schaamloſigkeit</hi> und <hi rendition="#g">Beifallge</hi>-<lb/><hi rendition="#g">bung</hi>, die <hi rendition="#g">Pralſucht</hi>; doch graͤnzt er<lb/> nur daran, denn der weiſe Homer hat ihn<lb/> vor jedem Zuge des Veraͤchtlichen bewah-<lb/> ret. Er iſt und bleibt bei ihm ein <hi rendition="#g">un</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ſtraͤflicher</hi> Koͤnig. Achilles dagegen be-<lb/> ſitzt den Kern deſſen, was die Griechen<lb/><hi rendition="#g">Tugend</hi> nannten, <hi rendition="#g">Großherzigkeit</hi><lb/> (μεγαλοψυχια) und <hi rendition="#g">edlen Stolz</hi>, <hi rendition="#g">ho</hi>-<lb/><hi rendition="#g">hes Selbſtgefuͤhl und die aͤußerſte<lb/> Wahrheitliebe</hi>. Er iſt <hi rendition="#g">freigebig</hi><lb/> und auf eine anſtaͤndige Art <hi rendition="#g">praͤchtig</hi>,<lb/><hi rendition="#g">hoͤflich</hi> in ſeinem Zelt und bis zur Schaam<lb/><hi rendition="#g">beſcheiden</hi>; dabei <hi rendition="#g">gebildeter</hi> als alle<lb/> Griechen: denn er war Chirons Zoͤgling<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [98/0107]
Dies lehrt uns mit ſeinem Uebermuth der
praͤchtige Agamemnon in der ganzen Iliade.
Er graͤnzt an alle Ausſchweifungen, die
Ariſtoteles Ethik kannte, an die Hab-
begierde (Akolaſie) den Neid, die
Schaamloſigkeit und Beifallge-
bung, die Pralſucht; doch graͤnzt er
nur daran, denn der weiſe Homer hat ihn
vor jedem Zuge des Veraͤchtlichen bewah-
ret. Er iſt und bleibt bei ihm ein un-
ſtraͤflicher Koͤnig. Achilles dagegen be-
ſitzt den Kern deſſen, was die Griechen
Tugend nannten, Großherzigkeit
(μεγαλοψυχια) und edlen Stolz, ho-
hes Selbſtgefuͤhl und die aͤußerſte
Wahrheitliebe. Er iſt freigebig
und auf eine anſtaͤndige Art praͤchtig,
hoͤflich in ſeinem Zelt und bis zur Schaam
beſcheiden; dabei gebildeter als alle
Griechen: denn er war Chirons Zoͤgling
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