Aber warum nur hier? Arbeiten nicht in allen, vom höchsten bis zu den niedrigsten Ständen, sichtbare und unsichtbare Kräfte, diese gemeinsame Ueberlegung und Aner- kennung zu erleichtern, zu bewirken? Ein Theil Deutschlandes hatte sich vor dem an- dern mit unleugbaren Vorschritten ein großes Voraus gegeben; der andre Theil eifert ihm nach, und wir können bald an der Stelle seyn, ein Ebenmaas zu finden. Jeder biedre Mensch muß sich bestreben, dieses zu fördern, und glücklicher Weise scheinen mir Diejenigen, die die biedersten Deutschen seyn sollen, die Fürsten, auf den- selben Weg zu treten. Gewiß, der Unter- schied der Religionen macht es nicht: denn in allen Religionen Deutschlands giebt es aufgeklärte, gute Menschen. Der Unter- schied von Dialekten, von Bier- und Wein- ländern macht es auch nicht, was uns von
Aber warum nur hier? Arbeiten nicht in allen, vom hoͤchſten bis zu den niedrigſten Staͤnden, ſichtbare und unſichtbare Kraͤfte, dieſe gemeinſame Ueberlegung und Aner- kennung zu erleichtern, zu bewirken? Ein Theil Deutſchlandes hatte ſich vor dem an- dern mit unleugbaren Vorſchritten ein großes Voraus gegeben; der andre Theil eifert ihm nach, und wir koͤnnen bald an der Stelle ſeyn, ein Ebenmaas zu finden. Jeder biedre Menſch muß ſich beſtreben, dieſes zu foͤrdern, und gluͤcklicher Weiſe ſcheinen mir Diejenigen, die die biederſten Deutſchen ſeyn ſollen, die Fuͤrſten, auf den- ſelben Weg zu treten. Gewiß, der Unter- ſchied der Religionen macht es nicht: denn in allen Religionen Deutſchlands giebt es aufgeklaͤrte, gute Menſchen. Der Unter- ſchied von Dialekten, von Bier- und Wein- laͤndern macht es auch nicht, was uns von
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Aber warum nur hier? Arbeiten nicht
in allen, vom hoͤchſten bis zu den niedrigſten
Staͤnden, ſichtbare und unſichtbare Kraͤfte,
dieſe gemeinſame Ueberlegung und Aner-
kennung zu erleichtern, zu bewirken? Ein
Theil Deutſchlandes hatte ſich vor dem an-
dern mit unleugbaren Vorſchritten ein
großes Voraus gegeben; der andre Theil
eifert ihm nach, und wir koͤnnen bald an
der Stelle ſeyn, ein Ebenmaas zu finden.
Jeder biedre Menſch muß ſich beſtreben,
dieſes zu foͤrdern, und gluͤcklicher Weiſe
ſcheinen mir Diejenigen, die die biederſten
Deutſchen ſeyn ſollen, die Fuͤrſten, auf den-
ſelben Weg zu treten. Gewiß, der Unter-
ſchied der Religionen macht es nicht: denn
in allen Religionen Deutſchlands giebt es
aufgeklaͤrte, gute Menſchen. Der Unter-
ſchied von Dialekten, von Bier- und Wein-
laͤndern macht es auch nicht, was uns von
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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/66>, abgerufen am 27.07.2024.
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