Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite

er, daß er nicht lange leben würde; zu-
dem verwickelte ihn Eins ins andre; er
glaubte, nichts könne ganz geschehen,
wenn nicht Alles begonnen würde.
Hatte er darinn so ganz Unrecht?

B. Nicht Unrecht; aber es ging über Men-
schenkräfte. Ueberdem zerstreuete
Friedrich sich nicht; er reisete nicht --

A. Dem Kaiser waren diese Zerstreuungen
Belehrung; sie waren ihm das einzige
Vergnügen, seiner Gesundheit selbst un-
entbehrlich.

B. Friedrich, der in jüngern Jahren zu
reisen außerordentliche Lust hatte, ent-
sagte, sobald er Regent war, allen Rei-
sen in fremde Länder; er betrachtete sich
als Steuermann auf dem Schiff seiner
Staaten. So angenehm er in Gesell-
schaften hätte werden können; so begnügte
er sich dennoch an Einer Gesellschaft

weni-

er, daß er nicht lange leben wuͤrde; zu-
dem verwickelte ihn Eins ins andre; er
glaubte, nichts koͤnne ganz geſchehen,
wenn nicht Alles begonnen wuͤrde.
Hatte er darinn ſo ganz Unrecht?

B. Nicht Unrecht; aber es ging uͤber Men-
ſchenkraͤfte. Ueberdem zerſtreuete
Friedrich ſich nicht; er reiſete nicht —

A. Dem Kaiſer waren dieſe Zerſtreuungen
Belehrung; ſie waren ihm das einzige
Vergnuͤgen, ſeiner Geſundheit ſelbſt un-
entbehrlich.

B. Friedrich, der in juͤngern Jahren zu
reiſen außerordentliche Luſt hatte, ent-
ſagte, ſobald er Regent war, allen Rei-
ſen in fremde Laͤnder; er betrachtete ſich
als Steuermann auf dem Schiff ſeiner
Staaten. So angenehm er in Geſell-
ſchaften haͤtte werden koͤnnen; ſo begnuͤgte
er ſich dennoch an Einer Geſellſchaft

weni-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0135" n="128"/>
er, daß er nicht lange leben wu&#x0364;rde; zu-<lb/>
dem verwickelte ihn Eins ins andre; er<lb/>
glaubte, <hi rendition="#g">nichts</hi> ko&#x0364;nne ganz ge&#x017F;chehen,<lb/>
wenn nicht <hi rendition="#g">Alles</hi> begonnen wu&#x0364;rde.<lb/>
Hatte er darinn &#x017F;o ganz Unrecht?</p><lb/>
          <p>B. Nicht Unrecht; aber es ging u&#x0364;ber Men-<lb/>
&#x017F;chenkra&#x0364;fte. Ueberdem <hi rendition="#g">zer&#x017F;treuete</hi><lb/>
Friedrich &#x017F;ich nicht; er <hi rendition="#g">rei&#x017F;ete</hi> nicht &#x2014;</p><lb/>
          <p>A. Dem Kai&#x017F;er waren die&#x017F;e Zer&#x017F;treuungen<lb/>
Belehrung; &#x017F;ie waren ihm das einzige<lb/>
Vergnu&#x0364;gen, &#x017F;einer Ge&#x017F;undheit &#x017F;elb&#x017F;t un-<lb/>
entbehrlich.</p><lb/>
          <p>B. Friedrich, der in ju&#x0364;ngern Jahren zu<lb/>
rei&#x017F;en außerordentliche Lu&#x017F;t hatte, ent-<lb/>
&#x017F;agte, &#x017F;obald er Regent war, allen Rei-<lb/>
&#x017F;en in fremde La&#x0364;nder; er betrachtete &#x017F;ich<lb/>
als Steuermann auf dem Schiff &#x017F;einer<lb/>
Staaten. So angenehm er in Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaften ha&#x0364;tte werden ko&#x0364;nnen; &#x017F;o begnu&#x0364;gte<lb/>
er &#x017F;ich dennoch an Einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weni-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0135] er, daß er nicht lange leben wuͤrde; zu- dem verwickelte ihn Eins ins andre; er glaubte, nichts koͤnne ganz geſchehen, wenn nicht Alles begonnen wuͤrde. Hatte er darinn ſo ganz Unrecht? B. Nicht Unrecht; aber es ging uͤber Men- ſchenkraͤfte. Ueberdem zerſtreuete Friedrich ſich nicht; er reiſete nicht — A. Dem Kaiſer waren dieſe Zerſtreuungen Belehrung; ſie waren ihm das einzige Vergnuͤgen, ſeiner Geſundheit ſelbſt un- entbehrlich. B. Friedrich, der in juͤngern Jahren zu reiſen außerordentliche Luſt hatte, ent- ſagte, ſobald er Regent war, allen Rei- ſen in fremde Laͤnder; er betrachtete ſich als Steuermann auf dem Schiff ſeiner Staaten. So angenehm er in Geſell- ſchaften haͤtte werden koͤnnen; ſo begnuͤgte er ſich dennoch an Einer Geſellſchaft weni-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/135
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 1. Riga, 1793, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet01_1793/135>, abgerufen am 07.05.2024.