Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Willen Gottes in allen Zufällen des Lebens zu unter-
werfen."

So könnte ich fortfahren und von mehrern Nationen
der verschiedensten Erdstriche, von den Kamtschadalen bis zu
den Feuerländern, klimatische Gemählde liefern; wozu aber
diese abgekürzten Versuche, da bei allen Reisenden, die treu
sahen oder menschlich theilnahmen, jeder kleine Zug ihrer
Beschreibung klimatisch mahlet. Jn Jndien, auf diesem
großen Marktplatz handelnder Völker ist der Araber und Si-
nese, der Türk und Perser, der Christ und Jude, der Ma-
laye und Neger, der Japaner und Gentu kennbara); auch
auf der fernsten Küste trägt jeder den Charakter seines Erd-
strichs und seiner Lebensweise mit sich. Aus dem Staube
aller vier Welttheile, sagt die alte bildliche Tradition, ward
Adam gebildet und es durchhauchten ihn Kräfte und Geister
der weiten Erde. Wohin seit Jahrtausenden seine Söhne
zogen und sich einwohnten: da wurzelten sie als Bäume und
gaben dem Klima gemäß Blätter und Früchte. -- Lasset
uns einige Folgen hieraus ziehen, die manche sonst auffallen-
de Sonderbarkeit der Menschengeschichte zu erklären scheinen.

Zuerst
a) S. Makingtosh travels T. II. p. 27.

Willen Gottes in allen Zufaͤllen des Lebens zu unter-
werfen.“

So koͤnnte ich fortfahren und von mehrern Nationen
der verſchiedenſten Erdſtriche, von den Kamtſchadalen bis zu
den Feuerlaͤndern, klimatiſche Gemaͤhlde liefern; wozu aber
dieſe abgekuͤrzten Verſuche, da bei allen Reiſenden, die treu
ſahen oder menſchlich theilnahmen, jeder kleine Zug ihrer
Beſchreibung klimatiſch mahlet. Jn Jndien, auf dieſem
großen Marktplatz handelnder Voͤlker iſt der Araber und Si-
neſe, der Tuͤrk und Perſer, der Chriſt und Jude, der Ma-
laye und Neger, der Japaner und Gentu kennbara); auch
auf der fernſten Kuͤſte traͤgt jeder den Charakter ſeines Erd-
ſtrichs und ſeiner Lebensweiſe mit ſich. Aus dem Staube
aller vier Welttheile, ſagt die alte bildliche Tradition, ward
Adam gebildet und es durchhauchten ihn Kraͤfte und Geiſter
der weiten Erde. Wohin ſeit Jahrtauſenden ſeine Soͤhne
zogen und ſich einwohnten: da wurzelten ſie als Baͤume und
gaben dem Klima gemaͤß Blaͤtter und Fruͤchte. — Laſſet
uns einige Folgen hieraus ziehen, die manche ſonſt auffallen-
de Sonderbarkeit der Menſchengeſchichte zu erklaͤren ſcheinen.

Zuerſt
a) S. Makingtoſh travels T. II. p. 27.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="86"/>
Willen Gottes in allen Zufa&#x0364;llen des Lebens zu unter-<lb/>
werfen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>So ko&#x0364;nnte ich fortfahren und von mehrern Nationen<lb/>
der ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Erd&#x017F;triche, von den Kamt&#x017F;chadalen bis zu<lb/>
den Feuerla&#x0364;ndern, klimati&#x017F;che Gema&#x0364;hlde liefern; wozu aber<lb/>
die&#x017F;e abgeku&#x0364;rzten Ver&#x017F;uche, da bei allen Rei&#x017F;enden, die treu<lb/>
&#x017F;ahen oder men&#x017F;chlich theilnahmen, jeder kleine Zug ihrer<lb/>
Be&#x017F;chreibung klimati&#x017F;ch mahlet. Jn Jndien, auf die&#x017F;em<lb/>
großen Marktplatz handelnder Vo&#x0364;lker i&#x017F;t der Araber und Si-<lb/>
ne&#x017F;e, der Tu&#x0364;rk und Per&#x017F;er, der Chri&#x017F;t und Jude, der Ma-<lb/>
laye und Neger, der Japaner und Gentu kennbar<note place="foot" n="a)">S. <hi rendition="#aq">Makingto&#x017F;h travels T. II. p. 27.</hi></note>; auch<lb/>
auf der fern&#x017F;ten Ku&#x0364;&#x017F;te tra&#x0364;gt jeder den Charakter &#x017F;eines Erd-<lb/>
&#x017F;trichs und &#x017F;einer Lebenswei&#x017F;e mit &#x017F;ich. Aus dem Staube<lb/>
aller vier Welttheile, &#x017F;agt die alte bildliche Tradition, ward<lb/>
Adam gebildet und es durchhauchten ihn Kra&#x0364;fte und Gei&#x017F;ter<lb/>
der weiten Erde. Wohin &#x017F;eit Jahrtau&#x017F;enden &#x017F;eine So&#x0364;hne<lb/>
zogen und &#x017F;ich einwohnten: da wurzelten &#x017F;ie als Ba&#x0364;ume und<lb/>
gaben dem Klima gema&#x0364;ß Bla&#x0364;tter und Fru&#x0364;chte. &#x2014; La&#x017F;&#x017F;et<lb/>
uns einige Folgen hieraus ziehen, die manche &#x017F;on&#x017F;t auffallen-<lb/>
de Sonderbarkeit der Men&#x017F;chenge&#x017F;chichte zu erkla&#x0364;ren &#x017F;cheinen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Zuer&#x017F;t</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0098] Willen Gottes in allen Zufaͤllen des Lebens zu unter- werfen.“ So koͤnnte ich fortfahren und von mehrern Nationen der verſchiedenſten Erdſtriche, von den Kamtſchadalen bis zu den Feuerlaͤndern, klimatiſche Gemaͤhlde liefern; wozu aber dieſe abgekuͤrzten Verſuche, da bei allen Reiſenden, die treu ſahen oder menſchlich theilnahmen, jeder kleine Zug ihrer Beſchreibung klimatiſch mahlet. Jn Jndien, auf dieſem großen Marktplatz handelnder Voͤlker iſt der Araber und Si- neſe, der Tuͤrk und Perſer, der Chriſt und Jude, der Ma- laye und Neger, der Japaner und Gentu kennbar a); auch auf der fernſten Kuͤſte traͤgt jeder den Charakter ſeines Erd- ſtrichs und ſeiner Lebensweiſe mit ſich. Aus dem Staube aller vier Welttheile, ſagt die alte bildliche Tradition, ward Adam gebildet und es durchhauchten ihn Kraͤfte und Geiſter der weiten Erde. Wohin ſeit Jahrtauſenden ſeine Soͤhne zogen und ſich einwohnten: da wurzelten ſie als Baͤume und gaben dem Klima gemaͤß Blaͤtter und Fruͤchte. — Laſſet uns einige Folgen hieraus ziehen, die manche ſonſt auffallen- de Sonderbarkeit der Menſchengeſchichte zu erklaͤren ſcheinen. Zuerſt a) S. Makingtoſh travels T. II. p. 27.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/98
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/98>, abgerufen am 28.11.2024.