Salzmorräste, an denen sie wohnen, deren kalischen Ge- schmack sie auch in Speisen und sogar in dem Strom von Theewasser lieben, mit dem sie täglich ihre Verdauung schwä- chen: fügen wir auf der Erdhöhe die sie bewohnen, die feine- re Luft, die trocknen Winde, die kalischen Ausdünstungen, den langen Winter im Anblick des Schnees und im Rauch ihrer Hütte und noch eine Reihe kleinerer Umstände hinzu; sollte es nicht wahrscheinlich seyn, daß vor Jahrtausenden schon, da vielleicht einige dieser Ursachen noch viel stärker wirk- ten, eben hieraus ihre Bildung entstanden und zur erblichen Natur übergegangen wäre? Nichts erquickt unsern Körper mehr und macht ihn gleichsam sproßender und vester, als das Waschen und Baden im Wasser, zumal mit Gehen, Laufen, Ringen und andrer Leibesübung verbunden. Nichts schwächt den Körper mehr, als das warme Getränk, das sie ohne Maas in sich schlürfen und das sie überdem noch mit zusammenziehenden kalischen Salzen würzen. Daher, wie schon Pallas angemerkt hat, die schwächliche, weibische Gestalt der Mongolen und Buräten, daß fünf und sechs derselben mit allen Kräften nicht ausrichten, was ein Russe zu thun vermag: daher ihr besonders leichter Körper, mit dem sie auf ihren kleinen Pferden gleichsam nur fliegen und schweben; daher endlich auch die Kakochymie, die auf ihre Kinder übergehen konnte. Selbst einige angrenzende Tata-
rische
Jdeen,II.Th. C
Salzmorraͤſte, an denen ſie wohnen, deren kaliſchen Ge- ſchmack ſie auch in Speiſen und ſogar in dem Strom von Theewaſſer lieben, mit dem ſie taͤglich ihre Verdauung ſchwaͤ- chen: fuͤgen wir auf der Erdhoͤhe die ſie bewohnen, die feine- re Luft, die trocknen Winde, die kaliſchen Ausduͤnſtungen, den langen Winter im Anblick des Schnees und im Rauch ihrer Huͤtte und noch eine Reihe kleinerer Umſtaͤnde hinzu; ſollte es nicht wahrſcheinlich ſeyn, daß vor Jahrtauſenden ſchon, da vielleicht einige dieſer Urſachen noch viel ſtaͤrker wirk- ten, eben hieraus ihre Bildung entſtanden und zur erblichen Natur uͤbergegangen waͤre? Nichts erquickt unſern Koͤrper mehr und macht ihn gleichſam ſproßender und veſter, als das Waſchen und Baden im Waſſer, zumal mit Gehen, Laufen, Ringen und andrer Leibesuͤbung verbunden. Nichts ſchwaͤcht den Koͤrper mehr, als das warme Getraͤnk, das ſie ohne Maas in ſich ſchluͤrfen und das ſie uͤberdem noch mit zuſammenziehenden kaliſchen Salzen wuͤrzen. Daher, wie ſchon Pallas angemerkt hat, die ſchwaͤchliche, weibiſche Geſtalt der Mongolen und Buraͤten, daß fuͤnf und ſechs derſelben mit allen Kraͤften nicht ausrichten, was ein Ruſſe zu thun vermag: daher ihr beſonders leichter Koͤrper, mit dem ſie auf ihren kleinen Pferden gleichſam nur fliegen und ſchweben; daher endlich auch die Kakochymie, die auf ihre Kinder uͤbergehen konnte. Selbſt einige angrenzende Tata-
riſche
Jdeen,II.Th. C
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Salzmorraͤſte, an denen ſie wohnen, deren kaliſchen Ge-
ſchmack ſie auch in Speiſen und ſogar in dem Strom von
Theewaſſer lieben, mit dem ſie taͤglich ihre Verdauung ſchwaͤ-
chen: fuͤgen wir auf der Erdhoͤhe die ſie bewohnen, die feine-
re Luft, die trocknen Winde, die kaliſchen Ausduͤnſtungen,
den langen Winter im Anblick des Schnees und im Rauch
ihrer Huͤtte und noch eine Reihe kleinerer Umſtaͤnde hinzu;
ſollte es nicht wahrſcheinlich ſeyn, daß vor Jahrtauſenden
ſchon, da vielleicht einige dieſer Urſachen noch viel ſtaͤrker wirk-
ten, eben hieraus ihre Bildung entſtanden und zur erblichen
Natur uͤbergegangen waͤre? Nichts erquickt unſern Koͤrper
mehr und macht ihn gleichſam ſproßender und veſter, als
das Waſchen und Baden im Waſſer, zumal mit Gehen,
Laufen, Ringen und andrer Leibesuͤbung verbunden. Nichts
ſchwaͤcht den Koͤrper mehr, als das warme Getraͤnk, das
ſie ohne Maas in ſich ſchluͤrfen und das ſie uͤberdem noch
mit zuſammenziehenden kaliſchen Salzen wuͤrzen. Daher,
wie ſchon Pallas angemerkt hat, die ſchwaͤchliche, weibiſche
Geſtalt der Mongolen und Buraͤten, daß fuͤnf und ſechs
derſelben mit allen Kraͤften nicht ausrichten, was ein Ruſſe
zu thun vermag: daher ihr beſonders leichter Koͤrper, mit
dem ſie auf ihren kleinen Pferden gleichſam nur fliegen und
ſchweben; daher endlich auch die Kakochymie, die auf ihre
Kinder uͤbergehen konnte. Selbſt einige angrenzende Tata-
riſche
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/29>, abgerufen am 24.11.2024.
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