Beruf! Jhr erfandet, aber nicht für Euch; auch lag es in Eurer Macht nicht, zu bestimmen, wie Welt und Nachwelt eure Erfindungen anwenden, was sie an solche reihen, was sie nach Analogie derselben Gegenseitiges oder Neues erfinden würde? Jahrhunderte lang lag oft die Perle begraben und Hähne scharreten darüber hin; bis sie vielleicht ein Unwürdi- ger fand und in die Krone des Monarchen pflanzte, wo sie nicht immer mit wohlthätigem Glanz glänzet. Jhr indessen thatet Euer Werk und gabt der Nachwelt Schätze hin, die entweder euer unruhiger Geist aufgrub, oder die euch das waltende Schick- sal in die Hand spielte. Dem waltenden Schicksal also über- ließet ihr auch die Wirkungen und den Nutzen eures Fundes; und dieses that, was es zu thun für gut fand. Jn periodi- schen Revolutionen bildete es entweder Gedanken aus oder ließ sie untergehen und wußte immer das Gift mit dem Gegen- gift, den Nutzen mit dem Schaden zu mischen und zu mildern. Der Erfinder des Pulvers dachte nicht daran, welche Ver- wüstungen sowohl des politischen als des physischen Reichs menschlicher Kräfte der Funke seines schwarzen Staubes mit sich führte; noch weniger konnte er sehen, was auch wir jetzt kaum zu muthmassen wagen, wie in dieser Pulvertonne, dem fürchterlichen Thron mancher Despoten, abermals zu einer an- dern Verfassung der Nachwelt ein wohlthätiger Same keime. Denn reinigt das Ungewitter nicht die Luft? und muß, wenn
die
Beruf! Jhr erfandet, aber nicht fuͤr Euch; auch lag es in Eurer Macht nicht, zu beſtimmen, wie Welt und Nachwelt eure Erfindungen anwenden, was ſie an ſolche reihen, was ſie nach Analogie derſelben Gegenſeitiges oder Neues erfinden wuͤrde? Jahrhunderte lang lag oft die Perle begraben und Haͤhne ſcharreten daruͤber hin; bis ſie vielleicht ein Unwuͤrdi- ger fand und in die Krone des Monarchen pflanzte, wo ſie nicht immer mit wohlthaͤtigem Glanz glaͤnzet. Jhr indeſſen thatet Euer Werk und gabt der Nachwelt Schaͤtze hin, die entweder euer unruhiger Geiſt aufgrub, oder die euch das waltende Schick- ſal in die Hand ſpielte. Dem waltenden Schickſal alſo uͤber- ließet ihr auch die Wirkungen und den Nutzen eures Fundes; und dieſes that, was es zu thun fuͤr gut fand. Jn periodi- ſchen Revolutionen bildete es entweder Gedanken aus oder ließ ſie untergehen und wußte immer das Gift mit dem Gegen- gift, den Nutzen mit dem Schaden zu miſchen und zu mildern. Der Erfinder des Pulvers dachte nicht daran, welche Ver- wuͤſtungen ſowohl des politiſchen als des phyſiſchen Reichs menſchlicher Kraͤfte der Funke ſeines ſchwarzen Staubes mit ſich fuͤhrte; noch weniger konnte er ſehen, was auch wir jetzt kaum zu muthmaſſen wagen, wie in dieſer Pulvertonne, dem fuͤrchterlichen Thron mancher Deſpoten, abermals zu einer an- dern Verfaſſung der Nachwelt ein wohlthaͤtiger Same keime. Denn reinigt das Ungewitter nicht die Luft? und muß, wenn
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Beruf! Jhr erfandet, aber nicht fuͤr Euch; auch lag es in
Eurer Macht nicht, zu beſtimmen, wie Welt und Nachwelt
eure Erfindungen anwenden, was ſie an ſolche reihen, was ſie
nach Analogie derſelben Gegenſeitiges oder Neues erfinden
wuͤrde? Jahrhunderte lang lag oft die Perle begraben und
Haͤhne ſcharreten daruͤber hin; bis ſie vielleicht ein Unwuͤrdi-
ger fand und in die Krone des Monarchen pflanzte, wo ſie nicht
immer mit wohlthaͤtigem Glanz glaͤnzet. Jhr indeſſen thatet
Euer Werk und gabt der Nachwelt Schaͤtze hin, die entweder
euer unruhiger Geiſt aufgrub, oder die euch das waltende Schick-
ſal in die Hand ſpielte. Dem waltenden Schickſal alſo uͤber-
ließet ihr auch die Wirkungen und den Nutzen eures Fundes;
und dieſes that, was es zu thun fuͤr gut fand. Jn periodi-
ſchen Revolutionen bildete es entweder Gedanken aus oder
ließ ſie untergehen und wußte immer das Gift mit dem Gegen-
gift, den Nutzen mit dem Schaden zu miſchen und zu mildern.
Der Erfinder des Pulvers dachte nicht daran, welche Ver-
wuͤſtungen ſowohl des politiſchen als des phyſiſchen Reichs
menſchlicher Kraͤfte der Funke ſeines ſchwarzen Staubes mit
ſich fuͤhrte; noch weniger konnte er ſehen, was auch wir jetzt
kaum zu muthmaſſen wagen, wie in dieſer Pulvertonne, dem
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/260>, abgerufen am 24.11.2024.
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