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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

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zusehen, in denen sich die Frucht der Gedanken unsichtbar
und unzertheilt bildet. Jst jene gesund und frisch und ge-
währt der Frucht nicht nur die gehörige Geistes- und Lebens-
wärme, sondern auch den geräumigen Ort, die schickliche Stä-
te, auf welcher die Empfindungen der Sinne und des gan-
zen Körpers von der unsichtbaren organischen Kraft, die hier
alles durchwebt, erfasset und wenn ich metaphorisch reden
darf, in den lichten Punkt vereinigt werden können, der hö-
here Besinnung heißt: so wird, wenn äussere Umstände des
Unterrichts und der Jdeenweckung dazu kommen, das fein-
organisirte Geschöpf der Vernunft fähig. Jst dieses nicht,
fehlen dem Gehirn wesentliche Theile oder feinere Säfte:
nehmen gröbere Sinne den Platz ein oder findet es sich end-
lich in einer verschobenen, zusammengedruckten Lage: was
wird die Folge seyn? als daß jene feine Zusammenstralung
der Jdeen nicht statt finde, daß das Geschöpf ein Knecht der
Sinne bleibe.

5. Die Bildung der verschiednen Thiergehirne scheint
dies augenscheinlich darzulegen und eben hieraus, verglichen
mit der äußern Organisation und Lebensweise des Thieres,
wird man sich Rechenschaft geben können, warum die Natur,
die überall auf Einen Typus ausging, ihn nicht allenthalben
erreichen konnte und jetzt so, jetzt anders abwechseln mußte.

Der
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zuſehen, in denen ſich die Frucht der Gedanken unſichtbar
und unzertheilt bildet. Jſt jene geſund und friſch und ge-
waͤhrt der Frucht nicht nur die gehoͤrige Geiſtes- und Lebens-
waͤrme, ſondern auch den geraͤumigen Ort, die ſchickliche Staͤ-
te, auf welcher die Empfindungen der Sinne und des gan-
zen Koͤrpers von der unſichtbaren organiſchen Kraft, die hier
alles durchwebt, erfaſſet und wenn ich metaphoriſch reden
darf, in den lichten Punkt vereinigt werden koͤnnen, der hoͤ-
here Beſinnung heißt: ſo wird, wenn aͤuſſere Umſtaͤnde des
Unterrichts und der Jdeenweckung dazu kommen, das fein-
organiſirte Geſchoͤpf der Vernunft faͤhig. Jſt dieſes nicht,
fehlen dem Gehirn weſentliche Theile oder feinere Saͤfte:
nehmen groͤbere Sinne den Platz ein oder findet es ſich end-
lich in einer verſchobenen, zuſammengedruckten Lage: was
wird die Folge ſeyn? als daß jene feine Zuſammenſtralung
der Jdeen nicht ſtatt finde, daß das Geſchoͤpf ein Knecht der
Sinne bleibe.

5. Die Bildung der verſchiednen Thiergehirne ſcheint
dies augenſcheinlich darzulegen und eben hieraus, verglichen
mit der aͤußern Organiſation und Lebensweiſe des Thieres,
wird man ſich Rechenſchaft geben koͤnnen, warum die Natur,
die uͤberall auf Einen Typus ausging, ihn nicht allenthalben
erreichen konnte und jetzt ſo, jetzt anders abwechſeln mußte.

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[199[179]/0201] zuſehen, in denen ſich die Frucht der Gedanken unſichtbar und unzertheilt bildet. Jſt jene geſund und friſch und ge- waͤhrt der Frucht nicht nur die gehoͤrige Geiſtes- und Lebens- waͤrme, ſondern auch den geraͤumigen Ort, die ſchickliche Staͤ- te, auf welcher die Empfindungen der Sinne und des gan- zen Koͤrpers von der unſichtbaren organiſchen Kraft, die hier alles durchwebt, erfaſſet und wenn ich metaphoriſch reden darf, in den lichten Punkt vereinigt werden koͤnnen, der hoͤ- here Beſinnung heißt: ſo wird, wenn aͤuſſere Umſtaͤnde des Unterrichts und der Jdeenweckung dazu kommen, das fein- organiſirte Geſchoͤpf der Vernunft faͤhig. Jſt dieſes nicht, fehlen dem Gehirn weſentliche Theile oder feinere Saͤfte: nehmen groͤbere Sinne den Platz ein oder findet es ſich end- lich in einer verſchobenen, zuſammengedruckten Lage: was wird die Folge ſeyn? als daß jene feine Zuſammenſtralung der Jdeen nicht ſtatt finde, daß das Geſchoͤpf ein Knecht der Sinne bleibe. 5. Die Bildung der verſchiednen Thiergehirne ſcheint dies augenſcheinlich darzulegen und eben hieraus, verglichen mit der aͤußern Organiſation und Lebensweiſe des Thieres, wird man ſich Rechenſchaft geben koͤnnen, warum die Natur, die uͤberall auf Einen Typus ausging, ihn nicht allenthalben erreichen konnte und jetzt ſo, jetzt anders abwechſeln mußte. Der Z 2

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 199[179]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/201>, abgerufen am 25.11.2024.