sich, wo er sich, erstatten kann -- das größeste Kunstwerk, das je ein Geschöpf vollführte. Gehet etwas über die Künst- lichkeit eines Schneckenhauses? Die Zelle der Biene muß ihm nachstehn, das Gespinst der Raupe und des Seiden- wurms muß der künstlichen Blume weichen. Und wodurch arbeitete die Natur jenes aus? durch innere organische Kräf- te, die noch wenig in Glieder getheilt in einem Klumpen la- gen und deren Windungen sich meistens dem Gange der Sonne gemäß dies regelmäßige Gebilde formten. Theile von innen heraus gaben die Grundlage her, wie die Spinne den Faden aus ihrem Untertheile ziehet und die Luft mußte nur härtere oder gröbere Theile hinzubilden. Mich dünkt, diese Uebergänge lehren uns gnugsam, worauf alle, auch die Kunsttriebe des künstlichsten Thiers beruhen? nämlich auf or- ganischen Kräften, die in dieser und keiner andern Masse, nach solchen und keinen andern Gliedern wirken. Ob mit mehr oder weniger Empfindung? kommt auf die Ner- ven des Geschöpfs an; es giebt aber außer diesen noch reg- same Muskelkräfte und Fibern voll wachsenden und sich wie- der herstellenden Pflanzenlebens, welche zwei von den Ner- ven unabhängige Gattungen der Kräfte dem Geschöpf gnugsam ersetzen, was ihm an Gehirn und Nerven ab- geht.
Und
S
ſich, wo er ſich, erſtatten kann — das groͤßeſte Kunſtwerk, das je ein Geſchoͤpf vollfuͤhrte. Gehet etwas uͤber die Kuͤnſt- lichkeit eines Schneckenhauſes? Die Zelle der Biene muß ihm nachſtehn, das Geſpinſt der Raupe und des Seiden- wurms muß der kuͤnſtlichen Blume weichen. Und wodurch arbeitete die Natur jenes aus? durch innere organiſche Kraͤf- te, die noch wenig in Glieder getheilt in einem Klumpen la- gen und deren Windungen ſich meiſtens dem Gange der Sonne gemaͤß dies regelmaͤßige Gebilde formten. Theile von innen heraus gaben die Grundlage her, wie die Spinne den Faden aus ihrem Untertheile ziehet und die Luft mußte nur haͤrtere oder groͤbere Theile hinzubilden. Mich duͤnkt, dieſe Uebergaͤnge lehren uns gnugſam, worauf alle, auch die Kunſttriebe des kuͤnſtlichſten Thiers beruhen? naͤmlich auf or- ganiſchen Kraͤften, die in dieſer und keiner andern Maſſe, nach ſolchen und keinen andern Gliedern wirken. Ob mit mehr oder weniger Empfindung? kommt auf die Ner- ven des Geſchoͤpfs an; es giebt aber außer dieſen noch reg- ſame Muskelkraͤfte und Fibern voll wachſenden und ſich wie- der herſtellenden Pflanzenlebens, welche zwei von den Ner- ven unabhaͤngige Gattungen der Kraͤfte dem Geſchoͤpf gnugſam erſetzen, was ihm an Gehirn und Nerven ab- geht.
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ſich, wo er ſich, erſtatten kann — das groͤßeſte Kunſtwerk,
das je ein Geſchoͤpf vollfuͤhrte. Gehet etwas uͤber die Kuͤnſt-
lichkeit eines Schneckenhauſes? Die Zelle der Biene muß
ihm nachſtehn, das Geſpinſt der Raupe und des Seiden-
wurms muß der kuͤnſtlichen Blume weichen. Und wodurch
arbeitete die Natur jenes aus? durch innere organiſche Kraͤf-
te, die noch wenig in Glieder getheilt in einem Klumpen la-
gen und deren Windungen ſich meiſtens dem Gange der
Sonne gemaͤß dies regelmaͤßige Gebilde formten. Theile
von innen heraus gaben die Grundlage her, wie die Spinne
den Faden aus ihrem Untertheile ziehet und die Luft mußte
nur haͤrtere oder groͤbere Theile hinzubilden. Mich duͤnkt,
dieſe Uebergaͤnge lehren uns gnugſam, worauf alle, auch die
Kunſttriebe des kuͤnſtlichſten Thiers beruhen? naͤmlich auf or-
ganiſchen Kraͤften, die in dieſer und keiner andern Maſſe,
nach ſolchen und keinen andern Gliedern wirken. Ob
mit mehr oder weniger Empfindung? kommt auf die Ner-
ven des Geſchoͤpfs an; es giebt aber außer dieſen noch reg-
ſame Muskelkraͤfte und Fibern voll wachſenden und ſich wie-
der herſtellenden Pflanzenlebens, welche zwei von den Ner-
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gnugſam erſetzen, was ihm an Gehirn und Nerven ab-
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/159>, abgerufen am 25.11.2024.
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