Herder, Johann Gottfried von: Kapitel 5; Kapitel 6. In: Über die neuere Deutsche Litteratur. […] Dritte Sammlung. Riga, 1767, S. 50–75.lich. Der Erfinder der Aesthetik, Baumgarten, vermuthete es vielleicht nicht, daß einige seiner Lieblingswörter und Eintheilungen bei seinen Nachfolgern Wortschranken werden sollten, wie z.E. seine Horizonte der Erkänntniß, Reichthum, Wahrheit, Größe, Licht, Gewißheit, Leben der Begriffe u.s.w. Eine Anwendung des Gesagten kömmt hier vielleicht zu rechter Zeit. Wenn der ganze Schatz menschlicher Begriffe durch Worte gesammlet wird: wenn in der ganzen Sprache des gemeinen Lebens Gedanke am Ausdruck klebt: wenn selbst in der Sprache des Umganges nicht eben häufig die Idee ohne Wort gedacht wird - wie muß der Vortrag seyn, der sich in diese Sphäre passen soll? Unmöglich anders als in Worten, die dieser Mundart geläufig sind. Alle Bücher, die in der Welt von Gegenständen, Verrichtungen und Vorfällen zu Hause gehören, in welcher der gemeine Mann lebt, können sich nicht in einer neuen Sprache brüsten, oder sie werden lächerlich, unverständlich und unnütz. - Wenn jene Fruchtbringende Gesellschaft der Katze und dem lich. Der Erfinder der Aesthetik, Baumgarten, vermuthete es vielleicht nicht, daß einige seiner Lieblingswörter und Eintheilungen bei seinen Nachfolgern Wortschranken werden sollten, wie z.E. seine Horizonte der Erkänntniß, Reichthum, Wahrheit, Größe, Licht, Gewißheit, Leben der Begriffe u.s.w. Eine Anwendung des Gesagten kömmt hier vielleicht zu rechter Zeit. Wenn der ganze Schatz menschlicher Begriffe durch Worte gesammlet wird: wenn in der ganzen Sprache des gemeinen Lebens Gedanke am Ausdruck klebt: wenn selbst in der Sprache des Umganges nicht eben häufig die Idee ohne Wort gedacht wird – wie muß der Vortrag seyn, der sich in diese Sphäre passen soll? Unmöglich anders als in Worten, die dieser Mundart geläufig sind. Alle Bücher, die in der Welt von Gegenständen, Verrichtungen und Vorfällen zu Hause gehören, in welcher der gemeine Mann lebt, können sich nicht in einer neuen Sprache brüsten, oder sie werden lächerlich, unverständlich und unnütz. – Wenn jene Fruchtbringende Gesellschaft der Katze und dem <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0007" n="55"/> lich. Der Erfinder der Aesthetik, <hi rendition="#g">Baumgarten</hi>, vermuthete es vielleicht nicht, daß einige seiner Lieblingswörter und Eintheilungen bei seinen Nachfolgern Wortschranken werden sollten, wie z.E. seine Horizonte der Erkänntniß, Reichthum, Wahrheit, Größe, Licht, Gewißheit, Leben der Begriffe u.s.w. </p><lb/> <p> Eine Anwendung des Gesagten kömmt hier vielleicht zu rechter Zeit. Wenn der ganze Schatz menschlicher Begriffe durch Worte gesammlet wird: wenn in der ganzen Sprache des gemeinen Lebens Gedanke am Ausdruck klebt: wenn selbst in der Sprache des Umganges nicht eben häufig die Idee ohne Wort gedacht wird – wie muß der Vortrag seyn, der sich in <hi rendition="#g">diese Sphäre</hi> passen soll? Unmöglich anders als in Worten, die dieser Mundart geläufig sind. </p><lb/> <p> Alle Bücher, die in der Welt von Gegenständen, Verrichtungen und Vorfällen zu Hause gehören, in welcher <hi rendition="#g">der gemeine Mann</hi> lebt, können sich nicht in einer neuen Sprache brüsten, oder sie werden lächerlich, unverständlich und unnütz. – Wenn jene Fruchtbringende Gesellschaft der Katze und dem </p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0007]
lich. Der Erfinder der Aesthetik, Baumgarten, vermuthete es vielleicht nicht, daß einige seiner Lieblingswörter und Eintheilungen bei seinen Nachfolgern Wortschranken werden sollten, wie z.E. seine Horizonte der Erkänntniß, Reichthum, Wahrheit, Größe, Licht, Gewißheit, Leben der Begriffe u.s.w.
Eine Anwendung des Gesagten kömmt hier vielleicht zu rechter Zeit. Wenn der ganze Schatz menschlicher Begriffe durch Worte gesammlet wird: wenn in der ganzen Sprache des gemeinen Lebens Gedanke am Ausdruck klebt: wenn selbst in der Sprache des Umganges nicht eben häufig die Idee ohne Wort gedacht wird – wie muß der Vortrag seyn, der sich in diese Sphäre passen soll? Unmöglich anders als in Worten, die dieser Mundart geläufig sind.
Alle Bücher, die in der Welt von Gegenständen, Verrichtungen und Vorfällen zu Hause gehören, in welcher der gemeine Mann lebt, können sich nicht in einer neuen Sprache brüsten, oder sie werden lächerlich, unverständlich und unnütz. – Wenn jene Fruchtbringende Gesellschaft der Katze und dem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Universität Duisburg-Essen, Projekt Lyriktheorie (Dr. Rudolf Brandmeyer): Bereitstellung der Texttranskription.
(2018-09-17T13:00:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-09-17T13:00:42Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |