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Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.

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raum verwebet; das ist ihre Welt! Wie wunder-
sam ist das Jnsekt, und wie enge der Kreis sei-
ner Würkung!

Gegentheils. "Je vielfacher die Verrich-
"tungen, und Bestimmung der Thiere; je
"zerstreuter ihre Aufmerksamkeit auf mehrere
"Gegenstände, je unstäter ihre Lebensart,

"kurz je größer und vielfältiger ihre Sphäre
"ist; desto mehr sehen wir ihre Sinnlichkeit
"sich vertheilen und schwächen.
" Jch kann
es mir hier nicht in Sinn nehmen, dies große
Verhältniß, was die Kette der lebendigen Wesen
durchläuft, mit Beispielen zu sichern; ich überlasse
jedem die Probe, oder verweise auf eine andre Ge-
legenheit und schließe fort:

Nach aller Wahrscheinlichkeit und Analogie
lassen sich also "alle Kunsttriebe und Kunstfä-
"higkeiten aus den Vorstellungskräften der
"Thiere erklären
", ohne daß man blinde Deter-
minationen annehmen darf. (Wie auch noch selbst
Reimarus angenommen, und die alle Philosophie
verwüsten.) Wenn unendlich feine Sinne in einen
kleinen Kreis, auf ein Einerlei eingeschlossen wer-

den,
C

raum verwebet; das iſt ihre Welt! Wie wunder-
ſam iſt das Jnſekt, und wie enge der Kreis ſei-
ner Wuͤrkung!

Gegentheils. „Je vielfacher die Verrich-
„tungen, und Beſtimmung der Thiere; je
„zerſtreuter ihre Aufmerkſamkeit auf mehrere
„Gegenſtaͤnde, je unſtaͤter ihre Lebensart,

„kurz je groͤßer und vielfaͤltiger ihre Sphaͤre
„iſt; deſto mehr ſehen wir ihre Sinnlichkeit
„ſich vertheilen und ſchwaͤchen.
„ Jch kann
es mir hier nicht in Sinn nehmen, dies große
Verhaͤltniß, was die Kette der lebendigen Weſen
durchlaͤuft, mit Beiſpielen zu ſichern; ich uͤberlaſſe
jedem die Probe, oder verweiſe auf eine andre Ge-
legenheit und ſchließe fort:

Nach aller Wahrſcheinlichkeit und Analogie
laſſen ſich alſo „alle Kunſttriebe und Kunſtfaͤ-
„higkeiten aus den Vorſtellungskraͤften der
„Thiere erklaͤren
„, ohne daß man blinde Deter-
minationen annehmen darf. (Wie auch noch ſelbſt
Reimarus angenommen, und die alle Philoſophie
verwuͤſten.) Wenn unendlich feine Sinne in einen
kleinen Kreis, auf ein Einerlei eingeſchloſſen wer-

den,
C
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[33/0039] raum verwebet; das iſt ihre Welt! Wie wunder- ſam iſt das Jnſekt, und wie enge der Kreis ſei- ner Wuͤrkung! Gegentheils. „Je vielfacher die Verrich- „tungen, und Beſtimmung der Thiere; je „zerſtreuter ihre Aufmerkſamkeit auf mehrere „Gegenſtaͤnde, je unſtaͤter ihre Lebensart, „kurz je groͤßer und vielfaͤltiger ihre Sphaͤre „iſt; deſto mehr ſehen wir ihre Sinnlichkeit „ſich vertheilen und ſchwaͤchen.„ Jch kann es mir hier nicht in Sinn nehmen, dies große Verhaͤltniß, was die Kette der lebendigen Weſen durchlaͤuft, mit Beiſpielen zu ſichern; ich uͤberlaſſe jedem die Probe, oder verweiſe auf eine andre Ge- legenheit und ſchließe fort: Nach aller Wahrſcheinlichkeit und Analogie laſſen ſich alſo „alle Kunſttriebe und Kunſtfaͤ- „higkeiten aus den Vorſtellungskraͤften der „Thiere erklaͤren„, ohne daß man blinde Deter- minationen annehmen darf. (Wie auch noch ſelbſt Reimarus angenommen, und die alle Philoſophie verwuͤſten.) Wenn unendlich feine Sinne in einen kleinen Kreis, auf ein Einerlei eingeſchloſſen wer- den, C

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/39>, abgerufen am 22.11.2024.