Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

sich ferner je um die Elemente der Sprache Philo-
sophisch
bekümmert; wer dazu die Beschaffenheit
und Geschichte der Sprachen auf dem Erdboden
mit dem Auge des Beobachters in Rücksicht ge-
nommen; der kann nicht Einen Augenblick zwei-
feln, wenn ich auch weiter kein Wort mehr hinzu-
sezte. Die Genesis in der menschlichen Seele ist
so demonstrativ, als irgend ein philosophischer
Beweis, und die äußere Analogie aller Zeiten,
Sprachen und Völker, solch ein Grad der Wahr-
scheinlichkeit,
als bei der gewissesten Sache der
Geschichte möglich ist. Jndessen um auf immer
allen Einwendungen vorzubeugen, und den Satz
gleichsam auch äußerlich so gewiß zu machen, als
eine philosophische Wahrheit seyn kann: so lasset
uns noch aus allen äußern Umständen und aus der
ganzen Analogie der menschlichen Natur beweisen:
"daß der Mensch sich seine Sprache hat erfinden
"müssen? und unter welchen Umständen er sie
"sich am füglichsten habe erfinden können?



Zwei-

ſich ferner je um die Elemente der Sprache Philo-
ſophiſch
bekuͤmmert; wer dazu die Beſchaffenheit
und Geſchichte der Sprachen auf dem Erdboden
mit dem Auge des Beobachters in Ruͤckſicht ge-
nommen; der kann nicht Einen Augenblick zwei-
feln, wenn ich auch weiter kein Wort mehr hinzu-
ſezte. Die Geneſis in der menſchlichen Seele iſt
ſo demonſtrativ, als irgend ein philoſophiſcher
Beweis, und die aͤußere Analogie aller Zeiten,
Sprachen und Voͤlker, ſolch ein Grad der Wahr-
ſcheinlichkeit,
als bei der gewiſſeſten Sache der
Geſchichte moͤglich iſt. Jndeſſen um auf immer
allen Einwendungen vorzubeugen, und den Satz
gleichſam auch aͤußerlich ſo gewiß zu machen, als
eine philoſophiſche Wahrheit ſeyn kann: ſo laſſet
uns noch aus allen aͤußern Umſtaͤnden und aus der
ganzen Analogie der menſchlichen Natur beweiſen:
„daß der Menſch ſich ſeine Sprache hat erfinden
muͤſſen? und unter welchen Umſtaͤnden er ſie
„ſich am fuͤglichſten habe erfinden koͤnnen?



Zwei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0146" n="140"/>
&#x017F;ich ferner je um die Elemente der Sprache <hi rendition="#fr">Philo-<lb/>
&#x017F;ophi&#x017F;ch</hi> beku&#x0364;mmert; wer dazu die Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
und Ge&#x017F;chichte der Sprachen auf dem Erdboden<lb/>
mit dem Auge des Beobachters in Ru&#x0364;ck&#x017F;icht ge-<lb/>
nommen; der kann nicht Einen Augenblick zwei-<lb/>
feln, wenn ich auch weiter kein Wort mehr hinzu-<lb/>
&#x017F;ezte. Die Gene&#x017F;is in der men&#x017F;chlichen Seele i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o <hi rendition="#fr">demon&#x017F;trativ,</hi> als irgend ein philo&#x017F;ophi&#x017F;cher<lb/>
Beweis, und die a&#x0364;ußere Analogie aller Zeiten,<lb/>
Sprachen und Vo&#x0364;lker, &#x017F;olch ein Grad der <hi rendition="#fr">Wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlichkeit,</hi> als bei der gewi&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Sache der<lb/>
Ge&#x017F;chichte mo&#x0364;glich i&#x017F;t. Jnde&#x017F;&#x017F;en um auf immer<lb/>
allen Einwendungen vorzubeugen, und den Satz<lb/>
gleich&#x017F;am auch a&#x0364;ußerlich &#x017F;o gewiß zu machen, als<lb/>
eine philo&#x017F;ophi&#x017F;che Wahrheit &#x017F;eyn kann: &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;et<lb/>
uns noch aus allen a&#x0364;ußern Um&#x017F;ta&#x0364;nden und aus der<lb/>
ganzen Analogie der men&#x017F;chlichen Natur bewei&#x017F;en:<lb/>
&#x201E;daß der Men&#x017F;ch &#x017F;ich &#x017F;eine Sprache hat erfinden<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en?</hi> und unter <hi rendition="#fr">welchen Um&#x017F;ta&#x0364;nden er &#x017F;ie<lb/>
&#x201E;&#x017F;ich am fu&#x0364;glich&#x017F;ten habe erfinden ko&#x0364;nnen?</hi></p>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Zwei-</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0146] ſich ferner je um die Elemente der Sprache Philo- ſophiſch bekuͤmmert; wer dazu die Beſchaffenheit und Geſchichte der Sprachen auf dem Erdboden mit dem Auge des Beobachters in Ruͤckſicht ge- nommen; der kann nicht Einen Augenblick zwei- feln, wenn ich auch weiter kein Wort mehr hinzu- ſezte. Die Geneſis in der menſchlichen Seele iſt ſo demonſtrativ, als irgend ein philoſophiſcher Beweis, und die aͤußere Analogie aller Zeiten, Sprachen und Voͤlker, ſolch ein Grad der Wahr- ſcheinlichkeit, als bei der gewiſſeſten Sache der Geſchichte moͤglich iſt. Jndeſſen um auf immer allen Einwendungen vorzubeugen, und den Satz gleichſam auch aͤußerlich ſo gewiß zu machen, als eine philoſophiſche Wahrheit ſeyn kann: ſo laſſet uns noch aus allen aͤußern Umſtaͤnden und aus der ganzen Analogie der menſchlichen Natur beweiſen: „daß der Menſch ſich ſeine Sprache hat erfinden „muͤſſen? und unter welchen Umſtaͤnden er ſie „ſich am fuͤglichſten habe erfinden koͤnnen? Zwei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/146
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/146>, abgerufen am 03.12.2024.