gen, die er überliesere, bestimmt aufzuzählen, noch
irgend einen Schein eines Gesetzes anzuzeigen, nach
welchem die äußerste Unregelmäßigkeit seines Wirkens zu erklären wäre. Die äußern Sinne leisten ihre Dienste, wenn sie können, und falls sie
dieselben versagen, so weiß man, warum; aber der innere Sinn, zu Zeiten
scharfsichtig, lauernd auf alles, was in den innersten Falten des Herzens
vorgehe (wohl auch manches hineindichtend), ist zu andern Zeiten so stumpf
und träge, daß man sich zwar bewußt ist, einen Gedanken gehabt zu haben,
aber ihn wiederzufinden sich unfähig fühlt. Absichtliche Anstrengung hält der
innere Sinn nicht lange aus; was wir in uns recht genau sehen wollen, das
ver- dunkelt sich während der Betrachtung. Uebrigens, wie schlüpf- rig
auch diejenige Materie der Erfahrung ist, welche der innere Sinn uns liefert,
so bewundernswerth zeigt sich zu- weilen die ihm zugeschriebene geistige
Thätigkeit. Nicht sel- ten greift die Selbst-Auffassung in die heftigsten
Affecten ein und bändigt sie. Manchmal, bey der angestrengtesten Arbeit
in der Außenwelt, regiert der Mensch mitten im Ge- dränge sich selbst, um das
Werk richtig zu vollenden. Der Schauspieler, der einen schlauen Betrüger
darstellt, ist sich erstens seiner eigenen Person bewußt, zweytens des
Charak- ters, der in seiner Rolle liegt, drittens der Verstellungs- künste
und des angenommenen Scheins, welche diesem Cha- rakter als die Mittel des
Betruges beygelegt sind. -- Jn der innere Sinn steigt auf höhere Potenzen ins
unbestimmte; wir können unsre Selbstbeobachtung wieder beobachten, und so fort.
Anmerkung. Schon in den Streitigkeiten zwischen den
Cartesianern, Locken und Leibnitzen kommt die Streit- frage vor, ob es
Vorstellungen gebe ohne Bewußtseyn? Die leichteste und kürzeste Antwort ist,
daß, wenn alles Vor- stellen wiederum ein Vorgestelltes würde, dann der innere
gen, die er überliesere, bestimmt aufzuzählen, noch
irgend einen Schein eines Gesetzes anzuzeigen, nach
welchem die äußerste Unregelmäßigkeit seines Wirkens zu erklären wäre. Die äußern Sinne leisten ihre Dienste, wenn sie können, und falls sie
dieselben versagen, so weiß man, warum; aber der innere Sinn, zu Zeiten
scharfsichtig, lauernd auf alles, was in den innersten Falten des Herzens
vorgehe (wohl auch manches hineindichtend), ist zu andern Zeiten so stumpf
und träge, daß man sich zwar bewußt ist, einen Gedanken gehabt zu haben,
aber ihn wiederzufinden sich unfähig fühlt. Absichtliche Anstrengung hält der
innere Sinn nicht lange aus; was wir in uns recht genau sehen wollen, das
ver- dunkelt sich während der Betrachtung. Uebrigens, wie schlüpf- rig
auch diejenige Materie der Erfahrung ist, welche der innere Sinn uns liefert,
so bewundernswerth zeigt sich zu- weilen die ihm zugeschriebene geistige
Thätigkeit. Nicht sel- ten greift die Selbst-Auffassung in die heftigsten
Affecten ein und bändigt sie. Manchmal, bey der angestrengtesten Arbeit
in der Außenwelt, regiert der Mensch mitten im Ge- dränge sich selbst, um das
Werk richtig zu vollenden. Der Schauspieler, der einen schlauen Betrüger
darstellt, ist sich erstens seiner eigenen Person bewußt, zweytens des
Charak- ters, der in seiner Rolle liegt, drittens der Verstellungs- künste
und des angenommenen Scheins, welche diesem Cha- rakter als die Mittel des
Betruges beygelegt sind. — Jn der innere Sinn steigt auf höhere Potenzen ins
unbestimmte; wir können unsre Selbstbeobachtung wieder beobachten, und so fort.
Anmerkung. Schon in den Streitigkeiten zwischen den
Cartesianern, Locken und Leibnitzen kommt die Streit- frage vor, ob es
Vorstellungen gebe ohne Bewußtseyn? Die leichteste und kürzeste Antwort ist,
daß, wenn alles Vor- stellen wiederum ein Vorgestelltes würde, dann der innere
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[58/0066]
gen, die er überliesere, bestimmt aufzuzählen, noch irgend
einen Schein eines Gesetzes anzuzeigen, nach welchem die
äußerste Unregelmäßigkeit seines Wirkens zu erklären wäre.
Die äußern Sinne leisten ihre Dienste, wenn sie können,
und falls sie dieselben versagen, so weiß man, warum; aber
der innere Sinn, zu Zeiten scharfsichtig, lauernd auf alles,
was in den innersten Falten des Herzens vorgehe (wohl
auch manches hineindichtend), ist zu andern Zeiten so stumpf
und träge, daß man sich zwar bewußt ist, einen Gedanken
gehabt zu haben, aber ihn wiederzufinden sich unfähig fühlt.
Absichtliche Anstrengung hält der innere Sinn nicht lange
aus; was wir in uns recht genau sehen wollen, das ver-
dunkelt sich während der Betrachtung. Uebrigens, wie schlüpf-
rig auch diejenige Materie der Erfahrung ist, welche der
innere Sinn uns liefert, so bewundernswerth zeigt sich zu-
weilen die ihm zugeschriebene geistige Thätigkeit. Nicht sel-
ten greift die Selbst-Auffassung in die heftigsten Affecten
ein und bändigt sie. Manchmal, bey der angestrengtesten
Arbeit in der Außenwelt, regiert der Mensch mitten im Ge-
dränge sich selbst, um das Werk richtig zu vollenden. Der
Schauspieler, der einen schlauen Betrüger darstellt, ist sich
erstens seiner eigenen Person bewußt, zweytens des Charak-
ters, der in seiner Rolle liegt, drittens der Verstellungs-
künste und des angenommenen Scheins, welche diesem Cha-
rakter als die Mittel des Betruges beygelegt sind. — Jn der innere Sinn steigt auf höhere Potenzen ins unbestimmte;
wir können unsre Selbstbeobachtung wieder beobachten, und
so fort.
Anmerkung. Schon in den Streitigkeiten zwischen
den Cartesianern, Locken und Leibnitzen kommt die Streit-
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Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
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Hannah Sophia Glaum: Umwandlung in DTABf-konformes Markup.
(2013-07-05T12:13:38Z)
Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/66>, abgerufen am 28.07.2024.
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