die praktischen Jdeen beruhen. Eine solche Verwechselung
würde den Grund mit der Folge vermischen. Das mo- ralische Gefühl entsteht aus den sittlichen Ur- theilen, es ist die nächste
Wirkung derselben auf die sämmtlichen im Bewußtseyn vorhandenen Vorstellungen. Die genannten Urtheile haben ihren Sitz nur in wenigen,
und zwar in solchen Vorstellungen, die mit einander ein ästhetisches Verhältniß
bilden. Sie entstehn allemal und unausbleiblich bey jedem Zusammentreffen der
letzteren, wofern und in wie
weit eine Verschmelzung derselben durch den übrigen Lauf der
Vorstellungen nicht unmöglich gemacht wird. Jndem sie entstehn thun sie die
nämliche Wirkung, als wo plötzlich etwas Angenehmes oder Unangenehmes ins
Bewußtseyn träte (nämlich je nachdem sie Beyfall oder Tadel enthalten). Dadurch
begünstigen sie entweder den vorhandenen Gedankenlauf oder sie halten ihn
auf, wobey wohl manchmal auch Wirkungen nuf den Organismus (z. B. Schaamröthe)
und Rückwirkungen des- selben eintreten.
Bevor wir weiter gehtt, kann schon hier bemerkt wer- den, daß in dem eben
erwähnten Einfluß der sittlichen Ur- theile auf das übrige Vorstellen, also in
dem moralischen Gefühle, die specifische Verschiedenheit jener Urtheile sich
we- nig oder gar nicht offenbaren werde. Ob eine Unbilligkeit oder eine
Unrechtlichkeit, oder ein Uebelwollen, oder eine Feigheit, oder was sonst für
eine sittliche Verkehrtheit ge- fühlt werde, diejenige Störung, welche dadurch
der eben ablaufende Gebankenfaden scheiden mag, wird in allen die- sen
Fällen so ziemlich die gleiche seyn. Jn dieser Hinsicht wird weit mehr darauf
ankommen, wie sich übrigens die eben im Bewußtseyn vorhandenen Vorstellungen zu
einan- der verhalten, wie schnell ihre Reihen ablaufen u. s. w. Nun aber ist
es die wesentlichste Aufgabe der praktischen
die praktischen Jdeen beruhen. Eine solche Verwechselung
würde den Grund mit der Folge vermischen. Das mo- ralische Gefühl entsteht aus den sittlichen Ur- theilen, es ist die nächste
Wirkung derselben auf die sämmtlichen im Bewußtseyn vorhandenen Vorstellungen. Die genannten Urtheile haben ihren Sitz nur in wenigen,
und zwar in solchen Vorstellungen, die mit einander ein ästhetisches Verhältniß
bilden. Sie entstehn allemal und unausbleiblich bey jedem Zusammentreffen der
letzteren, wofern und in wie
weit eine Verschmelzung derselben durch den übrigen Lauf der
Vorstellungen nicht unmöglich gemacht wird. Jndem sie entstehn thun sie die
nämliche Wirkung, als wo plötzlich etwas Angenehmes oder Unangenehmes ins
Bewußtseyn träte (nämlich je nachdem sie Beyfall oder Tadel enthalten). Dadurch
begünstigen sie entweder den vorhandenen Gedankenlauf oder sie halten ihn
auf, wobey wohl manchmal auch Wirkungen nuf den Organismus (z. B. Schaamröthe)
und Rückwirkungen des- selben eintreten.
Bevor wir weiter gehtt, kann schon hier bemerkt wer- den, daß in dem eben
erwähnten Einfluß der sittlichen Ur- theile auf das übrige Vorstellen, also in
dem moralischen Gefühle, die specifische Verschiedenheit jener Urtheile sich
we- nig oder gar nicht offenbaren werde. Ob eine Unbilligkeit oder eine
Unrechtlichkeit, oder ein Uebelwollen, oder eine Feigheit, oder was sonst für
eine sittliche Verkehrtheit ge- fühlt werde, diejenige Störung, welche dadurch
der eben ablaufende Gebankenfaden scheiden mag, wird in allen die- sen
Fällen so ziemlich die gleiche seyn. Jn dieser Hinsicht wird weit mehr darauf
ankommen, wie sich übrigens die eben im Bewußtseyn vorhandenen Vorstellungen zu
einan- der verhalten, wie schnell ihre Reihen ablaufen u. s. w. Nun aber ist
es die wesentlichste Aufgabe der praktischen
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die praktischen Jdeen beruhen. Eine solche Verwechselung
würde den Grund mit der Folge vermischen. Das mo-
ralische Gefühl entsteht aus den sittlichen Ur-
theilen, es ist die nächste Wirkung derselben auf
die sämmtlichen im Bewußtseyn vorhandenen
Vorstellungen. Die genannten Urtheile haben ihren Sitz
nur in wenigen, und zwar in solchen Vorstellungen, die mit
einander ein ästhetisches Verhältniß bilden. Sie entstehn
allemal und unausbleiblich bey jedem Zusammentreffen der
letzteren, wofern und in wie weit eine Verschmelzung
derselben durch den übrigen Lauf der Vorstellungen nicht
unmöglich gemacht wird. Jndem sie entstehn thun sie die
nämliche Wirkung, als wo plötzlich etwas Angenehmes oder
Unangenehmes ins Bewußtseyn träte (nämlich je nachdem
sie Beyfall oder Tadel enthalten). Dadurch begünstigen
sie entweder den vorhandenen Gedankenlauf oder sie halten
ihn auf, wobey wohl manchmal auch Wirkungen nuf den
Organismus (z. B. Schaamröthe) und Rückwirkungen des-
selben eintreten.
Bevor wir weiter gehtt, kann schon hier bemerkt wer-
den, daß in dem eben erwähnten Einfluß der sittlichen Ur-
theile auf das übrige Vorstellen, also in dem moralischen
Gefühle, die specifische Verschiedenheit jener Urtheile sich we-
nig oder gar nicht offenbaren werde. Ob eine Unbilligkeit
oder eine Unrechtlichkeit, oder ein Uebelwollen, oder eine
Feigheit, oder was sonst für eine sittliche Verkehrtheit ge-
fühlt werde, diejenige Störung, welche dadurch der eben
ablaufende Gebankenfaden scheiden mag, wird in allen die-
sen Fällen so ziemlich die gleiche seyn. Jn dieser Hinsicht
wird weit mehr darauf ankommen, wie sich übrigens die
eben im Bewußtseyn vorhandenen Vorstellungen zu einan-
der verhalten, wie schnell ihre Reihen ablaufen u. s. w.
Nun aber ist es die wesentlichste Aufgabe der praktischen
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Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/199>, abgerufen am 05.08.2024.
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