gens sey alles wie vorhin, so entsteht die allgemeinste Form der Vorstellung
nach Art der Zahlen.
171. Man entbehre des Anfangspunctes, und dage- gen laufe die
Wahrnehmungs-Folge, ohne Umkehrung, stets nach Einer Richtung, so kann auch die
Reproduction nur diese Eine Richtung gewinnen. Wird nun, während die Wahrnehmung bey d ist, zugleich a
reproducirt, so läuft von da die Reihe a b c d ab; die nämliche Reihe aber wird von d nach
einem andern Gesetz im Be- wußtseyn vestgehalten (wie, in 29, c auf b und a zurückwirkt). Hieraus entspringt das Vorstellen des Zeitlichen.
172. Zur Erläuterung vor allem die Bemerkung, daß in der Seele die Vorstellung
des Räumlichen nicht selbst ausgedehnt, sondern völlig intensiv seyn muß; und
daß über dem Vorstellen des Zeitlichen die Zeit eben in sofern nicht verfließen muß, wiefern sie soll vorgestellt werden. Was die Zahl anlangt, so ist ihr Grundbegriff kein anderer, als der des Mehr und
Minder; das Eins, Zwey, Drey, u. s. w. sammt den eingeschobenen Brüchen wird
darauf nur übertragen. Die Abscissenlinien der höhern Geometrie sind das
wahre und vollkommene Symbol für den Zahlbegriff in seiner Allgemeinheit.
173. Die ursprüngliche Auffassung des Au- ges kann nicht
räumlich seyn. Denn die Wahrneh- mungen aller farbigten Stellen fallen in
die Einheit der Seele zusammen, und hiebei geht von dem Rechts und Links,
Oben und Unten, u. s. w., welches auf der Netz- haut des Auges Statt fand, jede
Spur verloren. Dasselbe gilt vom Tasten mit der Zunge und den Händen.
Aber beym Sehen ist das Auge in Bewegung; es ver- rückt den Mittelpunct seiner
Gesichtsfläche; hiemit ist unauf- hörlich ein Verschmelzen der gewonnenen
Vorstellungen, eine
gens sey alles wie vorhin, so entsteht die allgemeinste Form der Vorstellung
nach Art der Zahlen.
171. Man entbehre des Anfangspunctes, und dage- gen laufe die
Wahrnehmungs-Folge, ohne Umkehrung, stets nach Einer Richtung, so kann auch die
Reproduction nur diese Eine Richtung gewinnen. Wird nun, während die Wahrnehmung bey d ist, zugleich a
reproducirt, so läuft von da die Reihe a b c d ab; die nämliche Reihe aber wird von d nach
einem andern Gesetz im Be- wußtseyn vestgehalten (wie, in 29, c auf b und a zurückwirkt). Hieraus entspringt das Vorstellen des Zeitlichen.
172. Zur Erläuterung vor allem die Bemerkung, daß in der Seele die Vorstellung
des Räumlichen nicht selbst ausgedehnt, sondern völlig intensiv seyn muß; und
daß über dem Vorstellen des Zeitlichen die Zeit eben in sofern nicht verfließen muß, wiefern sie soll vorgestellt werden. Was die Zahl anlangt, so ist ihr Grundbegriff kein anderer, als der des Mehr und
Minder; das Eins, Zwey, Drey, u. s. w. sammt den eingeschobenen Brüchen wird
darauf nur übertragen. Die Abscissenlinien der höhern Geometrie sind das
wahre und vollkommene Symbol für den Zahlbegriff in seiner Allgemeinheit.
173. Die ursprüngliche Auffassung des Au- ges kann nicht
räumlich seyn. Denn die Wahrneh- mungen aller farbigten Stellen fallen in
die Einheit der Seele zusammen, und hiebei geht von dem Rechts und Links,
Oben und Unten, u. s. w., welches auf der Netz- haut des Auges Statt fand, jede
Spur verloren. Dasselbe gilt vom Tasten mit der Zunge und den Händen.
Aber beym Sehen ist das Auge in Bewegung; es ver- rückt den Mittelpunct seiner
Gesichtsfläche; hiemit ist unauf- hörlich ein Verschmelzen der gewonnenen
Vorstellungen, eine
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gens sey alles wie vorhin, so entsteht die allgemeinste Form
der Vorstellung nach Art der Zahlen.
171. Man entbehre des Anfangspunctes, und dage-
gen laufe die Wahrnehmungs-Folge, ohne Umkehrung, stets
nach Einer Richtung, so kann auch die Reproduction nur
diese Eine Richtung gewinnen. Wird nun, während die
Wahrnehmung bey d ist, zugleich a reproducirt, so läuft
von da die Reihe a b c d ab; die nämliche Reihe aber
wird von d nach einem andern Gesetz im Be-
wußtseyn vestgehalten (wie, in 29, c auf b und a
zurückwirkt). Hieraus entspringt das Vorstellen des
Zeitlichen.
172. Zur Erläuterung vor allem die Bemerkung,
daß in der Seele die Vorstellung des Räumlichen nicht selbst
ausgedehnt, sondern völlig intensiv seyn muß; und daß über
dem Vorstellen des Zeitlichen die Zeit eben in sofern nicht
verfließen muß, wiefern sie soll vorgestellt werden. Was
die Zahl anlangt, so ist ihr Grundbegriff kein anderer, als
der des Mehr und Minder; das Eins, Zwey, Drey, u.
s. w. sammt den eingeschobenen Brüchen wird darauf nur
übertragen. Die Abscissenlinien der höhern Geometrie sind
das wahre und vollkommene Symbol für den Zahlbegriff
in seiner Allgemeinheit.
173. Die ursprüngliche Auffassung des Au-
ges kann nicht räumlich seyn. Denn die Wahrneh-
mungen aller farbigten Stellen fallen in die Einheit der
Seele zusammen, und hiebei geht von dem Rechts und
Links, Oben und Unten, u. s. w., welches auf der Netz-
haut des Auges Statt fand, jede Spur verloren. Dasselbe
gilt vom Tasten mit der Zunge und den Händen.
Aber beym Sehen ist das Auge in Bewegung; es ver-
rückt den Mittelpunct seiner Gesichtsfläche; hiemit ist unauf-
hörlich ein Verschmelzen der gewonnenen Vorstellungen, eine
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(2013-07-05T12:13:38Z)
Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/143>, abgerufen am 31.07.2024.
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