terste im menschlichen Geiste nennt, nur nicht von dem blossen sinnlichen Vorstellungs vermögen, welches eine Abstraction ist, sondern von der Gesammt-Erschei- nung des Vorstellens, Fühlens, und Begehrens, wie sie bey allen lebenden Wesen, so fern wir sie beobachten können, angetroffen wird. Man wird in dem gegenwär- tigen Werke, welches die Psychologie neu begründen, aber nicht bis ins kleinste Detail verfolgen soll, keine Abhandlung über die einzelnen Sinne und sinnlichen Ge- fühle erwarten, -- wir können überall nur die grössern Parthien, und deren gegenseitige Verhältnisse im Auge haben. So werden wir nun auch an jene Gesammt-Er- scheinung des Vorstellens, Fühlens und Begehrens, zwar sogleich eine Betrachtung der wichtigsten Klassen der Gemüthszustände anknüpfen; aber nur das Allgemeinste erwägen, ohne uns um die Arten der Affecten, der Lei- denschaften, u. s. w. zu bekümmern. -- Fast gleich- zeitig mit den ersten Gefühlen und Begehrungen beginnt auch der psychologische Mechanismus schon die Rei- hen der Vorstellungen zu produciren, deren Formen un- ter den Benennungen Raum und Zeit am meisten be- kannt sind; sie werden uns ziemlich lange beschäftigen, und uns sehr bestimmt an die Mechanik des Geistes er- innern; ohne mehr als die ersten Elemente einer unab- sehlichen Untersuchung darzubieten, welche auf andere Arbeiter wartet. Darauf wenden wir uns zu denjenigen Anfängen des obern Vermögens, von denen man nicht hinreichenden Grund hat, sie ausschliessend dem Men- schen beyzulegen; und wir rechnen hieher auch den in- nern Sinn, dessen Verwandtschaft mit der Vernunft schon oben, bey der vorläufigen Analyse der letztern, wird aufgefallen seyn. Vom Gedächtniss und der Phan- tasie werden wir aber nicht besonders sprechen; denn die Reproduction ist in Hinsicht ihrer ersten Gründe und Gesetze sehr sorgfältig im ersten Theile behandelt wor- den; und das Detail müssen wir überall weglassen.
Die erwähnten Untersuchungen zusammengenommen
terste im menschlichen Geiste nennt, nur nicht von dem bloſsen sinnlichen Vorstellungs vermögen, welches eine Abstraction ist, sondern von der Gesammt-Erschei- nung des Vorstellens, Fühlens, und Begehrens, wie sie bey allen lebenden Wesen, so fern wir sie beobachten können, angetroffen wird. Man wird in dem gegenwär- tigen Werke, welches die Psychologie neu begründen, aber nicht bis ins kleinste Detail verfolgen soll, keine Abhandlung über die einzelnen Sinne und sinnlichen Ge- fühle erwarten, — wir können überall nur die gröſsern Parthien, und deren gegenseitige Verhältnisse im Auge haben. So werden wir nun auch an jene Gesammt-Er- scheinung des Vorstellens, Fühlens und Begehrens, zwar sogleich eine Betrachtung der wichtigsten Klassen der Gemüthszustände anknüpfen; aber nur das Allgemeinste erwägen, ohne uns um die Arten der Affecten, der Lei- denschaften, u. s. w. zu bekümmern. — Fast gleich- zeitig mit den ersten Gefühlen und Begehrungen beginnt auch der psychologische Mechanismus schon die Rei- hen der Vorstellungen zu produciren, deren Formen un- ter den Benennungen Raum und Zeit am meisten be- kannt sind; sie werden uns ziemlich lange beschäftigen, und uns sehr bestimmt an die Mechanik des Geistes er- innern; ohne mehr als die ersten Elemente einer unab- sehlichen Untersuchung darzubieten, welche auf andere Arbeiter wartet. Darauf wenden wir uns zu denjenigen Anfängen des obern Vermögens, von denen man nicht hinreichenden Grund hat, sie ausschlieſsend dem Men- schen beyzulegen; und wir rechnen hieher auch den in- nern Sinn, dessen Verwandtschaft mit der Vernunft schon oben, bey der vorläufigen Analyse der letztern, wird aufgefallen seyn. Vom Gedächtniſs und der Phan- tasie werden wir aber nicht besonders sprechen; denn die Reproduction ist in Hinsicht ihrer ersten Gründe und Gesetze sehr sorgfältig im ersten Theile behandelt wor- den; und das Detail müssen wir überall weglassen.
Die erwähnten Untersuchungen zusammengenommen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0085"n="50"/><hirendition="#g">terste</hi> im menschlichen Geiste nennt, nur nicht von<lb/>
dem bloſsen sinnlichen <hirendition="#g">Vorstellungs</hi> vermögen, welches<lb/>
eine Abstraction ist, sondern von der Gesammt-Erschei-<lb/>
nung des Vorstellens, Fühlens, und Begehrens, wie sie<lb/>
bey allen lebenden Wesen, so fern wir sie beobachten<lb/>
können, angetroffen wird. Man wird in dem gegenwär-<lb/>
tigen Werke, welches die Psychologie neu begründen,<lb/>
aber nicht bis ins kleinste Detail verfolgen soll, keine<lb/>
Abhandlung über die einzelnen Sinne und sinnlichen Ge-<lb/>
fühle erwarten, — wir können überall nur die gröſsern<lb/>
Parthien, und deren gegenseitige Verhältnisse im Auge<lb/>
haben. So werden wir nun auch an jene Gesammt-Er-<lb/>
scheinung des Vorstellens, Fühlens und Begehrens, zwar<lb/>
sogleich eine Betrachtung der wichtigsten Klassen der<lb/>
Gemüthszustände anknüpfen; aber nur das Allgemeinste<lb/>
erwägen, ohne uns um die Arten der Affecten, der Lei-<lb/>
denschaften, u. s. w. zu bekümmern. — Fast gleich-<lb/>
zeitig mit den ersten Gefühlen und Begehrungen beginnt<lb/>
auch der psychologische Mechanismus schon die <hirendition="#g">Rei-<lb/>
hen</hi> der Vorstellungen zu produciren, deren Formen un-<lb/>
ter den Benennungen <hirendition="#g">Raum</hi> und <hirendition="#g">Zeit</hi> am meisten be-<lb/>
kannt sind; sie werden uns ziemlich lange beschäftigen,<lb/>
und uns sehr bestimmt an die Mechanik des Geistes er-<lb/>
innern; ohne mehr als die ersten Elemente einer unab-<lb/>
sehlichen Untersuchung darzubieten, welche auf andere<lb/>
Arbeiter wartet. Darauf wenden wir uns zu denjenigen<lb/>
Anfängen des obern Vermögens, von denen man nicht<lb/>
hinreichenden Grund hat, sie ausschlieſsend dem Men-<lb/>
schen beyzulegen; und wir rechnen hieher auch den in-<lb/>
nern Sinn, dessen Verwandtschaft mit der Vernunft<lb/>
schon oben, bey der vorläufigen Analyse der letztern,<lb/>
wird aufgefallen seyn. Vom Gedächtniſs und der Phan-<lb/>
tasie werden wir aber nicht besonders sprechen; denn<lb/>
die Reproduction ist in Hinsicht ihrer ersten Gründe und<lb/>
Gesetze sehr sorgfältig im ersten Theile behandelt wor-<lb/>
den; und das Detail müssen wir überall weglassen.</p><lb/><p>Die erwähnten Untersuchungen zusammengenommen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[50/0085]
terste im menschlichen Geiste nennt, nur nicht von
dem bloſsen sinnlichen Vorstellungs vermögen, welches
eine Abstraction ist, sondern von der Gesammt-Erschei-
nung des Vorstellens, Fühlens, und Begehrens, wie sie
bey allen lebenden Wesen, so fern wir sie beobachten
können, angetroffen wird. Man wird in dem gegenwär-
tigen Werke, welches die Psychologie neu begründen,
aber nicht bis ins kleinste Detail verfolgen soll, keine
Abhandlung über die einzelnen Sinne und sinnlichen Ge-
fühle erwarten, — wir können überall nur die gröſsern
Parthien, und deren gegenseitige Verhältnisse im Auge
haben. So werden wir nun auch an jene Gesammt-Er-
scheinung des Vorstellens, Fühlens und Begehrens, zwar
sogleich eine Betrachtung der wichtigsten Klassen der
Gemüthszustände anknüpfen; aber nur das Allgemeinste
erwägen, ohne uns um die Arten der Affecten, der Lei-
denschaften, u. s. w. zu bekümmern. — Fast gleich-
zeitig mit den ersten Gefühlen und Begehrungen beginnt
auch der psychologische Mechanismus schon die Rei-
hen der Vorstellungen zu produciren, deren Formen un-
ter den Benennungen Raum und Zeit am meisten be-
kannt sind; sie werden uns ziemlich lange beschäftigen,
und uns sehr bestimmt an die Mechanik des Geistes er-
innern; ohne mehr als die ersten Elemente einer unab-
sehlichen Untersuchung darzubieten, welche auf andere
Arbeiter wartet. Darauf wenden wir uns zu denjenigen
Anfängen des obern Vermögens, von denen man nicht
hinreichenden Grund hat, sie ausschlieſsend dem Men-
schen beyzulegen; und wir rechnen hieher auch den in-
nern Sinn, dessen Verwandtschaft mit der Vernunft
schon oben, bey der vorläufigen Analyse der letztern,
wird aufgefallen seyn. Vom Gedächtniſs und der Phan-
tasie werden wir aber nicht besonders sprechen; denn
die Reproduction ist in Hinsicht ihrer ersten Gründe und
Gesetze sehr sorgfältig im ersten Theile behandelt wor-
den; und das Detail müssen wir überall weglassen.
Die erwähnten Untersuchungen zusammengenommen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/85>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.