unmittelbar aus der Anschauung gewonnenen Begriffe gehört, die sich als nothwendig, und nicht willkührlich, in jedem Puncte rechtfertigen könne. Ich stehe demnach in der Mitte zwischen denen, welche wollen, dass es bey der Anschauung, bey der Erfahrung wie sie unmittelbar gegeben wird, sein Bewenden haben solle, weil sie das Widersprechende in dem Gegebenen nicht erblicken, -- und zwischen jenen, welche gar wohl Augen haben für dieses Widersprechende, aber davon nicht lassen wollen, vielmehr ins Erstaunen, ins Entzücken über alle die Wunder sich versenken, die ihnen um so vortreff- licher scheinen, je ungereimter sie sind. Ich gebe den er- stern Recht, dass sie um ihre Nüchternheit nicht mögen gebracht seyn, und dass sie von keiner intellectualen An- schauung wissen wollen, welche die ächte Anschauung nur entstellen würde; ich gebe den zweyten Recht, dass sie die gemeinen Ansichten der Dinge, welche alles las- sen wie es zuerst gefunden wird, für unzulänglich erken- nen, und auf eine Veränderung, auf eine Schärfung des Blickes selbst antragen, wodurch in der That alles viel wunderbarer erscheinen muss, als jenen ersteren gelegen ist zu glauben. Aber den einen und den andern muss ich Unrecht geben, weil sie beyderseits zur eigentlichen Untersuchung zu träge sind, sowohl jene, die im Aufsam- meln und Registriren gewisser äusserer oder innerer Wahr- nehmungen verweilen, als diese, die es freut, hochtönende Reden zu erfinden, um das Seltsame, was sie gesehen ha- ben, anzupreisen statt es besser zu bedenken. --
VII. Plan und Eintheilung der bevorstehenden Unter- suchungen.
§. 23.
Wir machen uns nun auf den Weg in das vor uns liegende Gebirge, wohin uns diejenigen sicher nicht fol-
unmittelbar aus der Anschauung gewonnenen Begriffe gehört, die sich als nothwendig, und nicht willkührlich, in jedem Puncte rechtfertigen könne. Ich stehe demnach in der Mitte zwischen denen, welche wollen, daſs es bey der Anschauung, bey der Erfahrung wie sie unmittelbar gegeben wird, sein Bewenden haben solle, weil sie das Widersprechende in dem Gegebenen nicht erblicken, — und zwischen jenen, welche gar wohl Augen haben für dieses Widersprechende, aber davon nicht lassen wollen, vielmehr ins Erstaunen, ins Entzücken über alle die Wunder sich versenken, die ihnen um so vortreff- licher scheinen, je ungereimter sie sind. Ich gebe den er- stern Recht, daſs sie um ihre Nüchternheit nicht mögen gebracht seyn, und daſs sie von keiner intellectualen An- schauung wissen wollen, welche die ächte Anschauung nur entstellen würde; ich gebe den zweyten Recht, daſs sie die gemeinen Ansichten der Dinge, welche alles las- sen wie es zuerst gefunden wird, für unzulänglich erken- nen, und auf eine Veränderung, auf eine Schärfung des Blickes selbst antragen, wodurch in der That alles viel wunderbarer erscheinen muſs, als jenen ersteren gelegen ist zu glauben. Aber den einen und den andern muſs ich Unrecht geben, weil sie beyderseits zur eigentlichen Untersuchung zu träge sind, sowohl jene, die im Aufsam- meln und Registriren gewisser äuſserer oder innerer Wahr- nehmungen verweilen, als diese, die es freut, hochtönende Reden zu erfinden, um das Seltsame, was sie gesehen ha- ben, anzupreisen statt es besser zu bedenken. —
VII. Plan und Eintheilung der bevorstehenden Unter- suchungen.
§. 23.
Wir machen uns nun auf den Weg in das vor uns liegende Gebirge, wohin uns diejenigen sicher nicht fol-
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unmittelbar aus der Anschauung gewonnenen Begriffe
gehört, die sich als nothwendig, und nicht willkührlich,
in jedem Puncte rechtfertigen könne. Ich stehe demnach
in der Mitte zwischen denen, welche wollen, daſs es bey
der Anschauung, bey der Erfahrung wie sie unmittelbar
gegeben wird, sein Bewenden haben solle, weil sie das
Widersprechende in dem Gegebenen nicht erblicken,
— und zwischen jenen, welche gar wohl Augen haben
für dieses Widersprechende, aber davon nicht lassen
wollen, vielmehr ins Erstaunen, ins Entzücken über alle
die Wunder sich versenken, die ihnen um so vortreff-
licher scheinen, je ungereimter sie sind. Ich gebe den er-
stern Recht, daſs sie um ihre Nüchternheit nicht mögen
gebracht seyn, und daſs sie von keiner intellectualen An-
schauung wissen wollen, welche die ächte Anschauung
nur entstellen würde; ich gebe den zweyten Recht, daſs
sie die gemeinen Ansichten der Dinge, welche alles las-
sen wie es zuerst gefunden wird, für unzulänglich erken-
nen, und auf eine Veränderung, auf eine Schärfung des
Blickes selbst antragen, wodurch in der That alles viel
wunderbarer erscheinen muſs, als jenen ersteren gelegen
ist zu glauben. Aber den einen und den andern muſs
ich Unrecht geben, weil sie beyderseits zur eigentlichen
Untersuchung zu träge sind, sowohl jene, die im Aufsam-
meln und Registriren gewisser äuſserer oder innerer Wahr-
nehmungen verweilen, als diese, die es freut, hochtönende
Reden zu erfinden, um das Seltsame, was sie gesehen ha-
ben, anzupreisen statt es besser zu bedenken. —
VII.
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Wir machen uns nun auf den Weg in das vor uns
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/96>, abgerufen am 03.12.2024.
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