alle concentrische Kreise laufen, wirklich zwey solche Reihen darstellen: sondern es zeigt sich hier die Noth- wendigkeit dessen was die Thatsache vor Augen legt; nämlich dass b und b, wenn sie geschieden bleiben sol- len, etwas zwischen sich schieben müssen, wodurch und um wie viel sie getrennt sind. Allerdings ist hier ein Streben zur Vereinigung vorhanden; und die Ver- einigung muss wirklich zu Stande kommen, wenn nicht ein Widerstreben wegen der Reproduction des Zwi- schenliegenden hinzutritt. Gerade hierin nun besteht die Verwebung der Reihen, dass, indem ihrer mehrere ab- laufen, zugleich nicht nur jedes Glied eine von ihm aus- gehende Reihe anregt, sondern dass auch die secundären Reihen sich nach einer Regel in andern Reihen Glied für Glied vereinigt finden; so dass die Vereinigungspuncte jedesmal mehrfach gegeben sind, und dass die Con- struction unendlich vielfach in sich selbst zurück- laufe, ohne mit sich selbst in Mishelligkeit zu gerathen. Das Product solcher, sich gegenseitig hervorrufender Rei- hen ist allemal ein Räumliches, obgleich nicht noth- wendig eins im sinnlichen Weltraum.
(Denkt man sich die drey Hauptfarben Roth, Gelb, Blau, sammt allen Zwischenliegenden, die aus ihnen ge- mischt oder in sie zerlegt werden können: so erscheint das ganze System nothwendig als ein gleichseitiges Drey- eck, -- gleichseitig, weil gleichviel Verschiedenheit der möglichen Mischung zwischen Roth und Blau, Blau und Gelb, Roth und Gelb liegt *). Auf dem Inhalte dieses Dreyecks, der eine vollständige Fläche ausmacht, ange- füllt von allen Mischungen aus dreyen Farben, kann man in Gedanken alle möglichen Figuren zeichnen, darunter auch ähnliche, oder gleiche, mit den bekannten geome- trischen Eigenschaften. Dieses Farbendreyeck hängt mit
*) Diese Voraussetzung gegen mögliche Einwürfe zu rechtferti- gen, ist hier nicht nöthig. Andre Voraussetzungen werden andre Con- structionen ergeben, auf deren Gestalt hier nichts ankommt.
alle concentrische Kreise laufen, wirklich zwey solche Reihen darstellen: sondern es zeigt sich hier die Noth- wendigkeit dessen was die Thatsache vor Augen legt; nämlich daſs b und β, wenn sie geschieden bleiben sol- len, etwas zwischen sich schieben müssen, wodurch und um wie viel sie getrennt sind. Allerdings ist hier ein Streben zur Vereinigung vorhanden; und die Ver- einigung muſs wirklich zu Stande kommen, wenn nicht ein Widerstreben wegen der Reproduction des Zwi- schenliegenden hinzutritt. Gerade hierin nun besteht die Verwebung der Reihen, daſs, indem ihrer mehrere ab- laufen, zugleich nicht nur jedes Glied eine von ihm aus- gehende Reihe anregt, sondern daſs auch die secundären Reihen sich nach einer Regel in andern Reihen Glied für Glied vereinigt finden; so daſs die Vereinigungspuncte jedesmal mehrfach gegeben sind, und daſs die Con- struction unendlich vielfach in sich selbst zurück- laufe, ohne mit sich selbst in Mishelligkeit zu gerathen. Das Product solcher, sich gegenseitig hervorrufender Rei- hen ist allemal ein Räumliches, obgleich nicht noth- wendig eins im sinnlichen Weltraum.
(Denkt man sich die drey Hauptfarben Roth, Gelb, Blau, sammt allen Zwischenliegenden, die aus ihnen ge- mischt oder in sie zerlegt werden können: so erscheint das ganze System nothwendig als ein gleichseitiges Drey- eck, — gleichseitig, weil gleichviel Verschiedenheit der möglichen Mischung zwischen Roth und Blau, Blau und Gelb, Roth und Gelb liegt *). Auf dem Inhalte dieses Dreyecks, der eine vollständige Fläche ausmacht, ange- füllt von allen Mischungen aus dreyen Farben, kann man in Gedanken alle möglichen Figuren zeichnen, darunter auch ähnliche, oder gleiche, mit den bekannten geome- trischen Eigenschaften. Dieses Farbendreyeck hängt mit
*) Diese Voraussetzung gegen mögliche Einwürfe zu rechtferti- gen, ist hier nicht nöthig. Andre Voraussetzungen werden andre Con- structionen ergeben, auf deren Gestalt hier nichts ankommt.
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alle concentrische Kreise laufen, wirklich zwey solche
Reihen darstellen: sondern es zeigt sich hier die Noth-
wendigkeit dessen was die Thatsache vor Augen legt;
nämlich daſs b und β, wenn sie geschieden bleiben sol-
len, etwas zwischen sich schieben müssen, wodurch
und um wie viel sie getrennt sind. Allerdings ist hier ein
Streben zur Vereinigung vorhanden; und die Ver-
einigung muſs wirklich zu Stande kommen, wenn nicht
ein Widerstreben wegen der Reproduction des Zwi-
schenliegenden hinzutritt. Gerade hierin nun besteht die
Verwebung der Reihen, daſs, indem ihrer mehrere ab-
laufen, zugleich nicht nur jedes Glied eine von ihm aus-
gehende Reihe anregt, sondern daſs auch die secundären
Reihen sich nach einer Regel in andern Reihen Glied
für Glied vereinigt finden; so daſs die Vereinigungspuncte
jedesmal mehrfach gegeben sind, und daſs die Con-
struction unendlich vielfach in sich selbst zurück-
laufe, ohne mit sich selbst in Mishelligkeit zu gerathen.
Das Product solcher, sich gegenseitig hervorrufender Rei-
hen ist allemal ein Räumliches, obgleich nicht noth-
wendig eins im sinnlichen Weltraum.
(Denkt man sich die drey Hauptfarben Roth, Gelb,
Blau, sammt allen Zwischenliegenden, die aus ihnen ge-
mischt oder in sie zerlegt werden können: so erscheint
das ganze System nothwendig als ein gleichseitiges Drey-
eck, — gleichseitig, weil gleichviel Verschiedenheit der
möglichen Mischung zwischen Roth und Blau, Blau und
Gelb, Roth und Gelb liegt *). Auf dem Inhalte dieses
Dreyecks, der eine vollständige Fläche ausmacht, ange-
füllt von allen Mischungen aus dreyen Farben, kann man
in Gedanken alle möglichen Figuren zeichnen, darunter
auch ähnliche, oder gleiche, mit den bekannten geome-
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*) Diese Voraussetzung gegen mögliche Einwürfe zu rechtferti-
gen, ist hier nicht nöthig. Andre Voraussetzungen werden andre Con-
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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