vermögen, Begehrungsvermögen; sie ordnet diesen Vermögen, als ob es Gattungsbegriffe wären, andere Vermögen unter, zum Beyspiel, Gedächtniss, Einbil- dungskraft, Verstand, Vernunft; ja in dieser Unterord- nung geht sie noch weiter, indem sie ein Ortgedächt- niss, Namengedächtniss, Sachgedächtniss, einen theoreti- schen und praktischen Verstand, u. dgl. aufweist. Ist nun wohl hier ein Ende der Unterordnung? Und ist das Allgemeine, dem etwas subsumirt wird, eine Thatsache? Gewiss nichts weniger; alle Thatsachen sind etwas indi- viduelles, sie sind weder Gattungen noch Arten. Die letztern aber müssen durch eine regelmässige Abstraction aus der Auffassung des Individuellen entspringen. Wie nun, wenn das Individuelle nicht still genug hielte, um sich zu einer regelmässigen Abstraction her- zugeben?
Wer auch nur einen Versuch macht, die hier auf- geworfenen Fragen ernstlich zu überlegen: der wird bald inne werden, dass der Stoff, den wir behandeln wollen, äusserst schlüpfrig ist. Daher können wir diejenigen Un- tersuchungen, welche den wesentlichen Inhalt dieses Buchs ausmachen, nicht gleich vornehmen, sondern es sind ei- nige vorbereitende Betrachtungen nöthig. Zuerst über die Auffassung und Benutzung der psychologischen Prin- cipien. Ferner über das Verhältniss der Wissenschaft, die wir Psychologie nennen, zur allgemeinen Metaphysik. Dann werden wir uns in der Kürze an die neuere Ge- schichte der Psychologie erinnern; und erst am Ende die- ser ganzen Einleitung kann über den Plan des Buchs eine nähere Auskunft gegeben werden. Die Leser aber werden gebeten, sich einen ruhigen Schritt gefallen zu lassen; und vest zu glauben, dass in der Philosophie al- lemal der Weg, den man in scheinbaren Geniesprüngen vorwärts macht, langsam wieder rückwärts gegangen wird.
vermögen, Begehrungsvermögen; sie ordnet diesen Vermögen, als ob es Gattungsbegriffe wären, andere Vermögen unter, zum Beyspiel, Gedächtniſs, Einbil- dungskraft, Verstand, Vernunft; ja in dieser Unterord- nung geht sie noch weiter, indem sie ein Ortgedächt- niſs, Namengedächtniſs, Sachgedächtniſs, einen theoreti- schen und praktischen Verstand, u. dgl. aufweist. Ist nun wohl hier ein Ende der Unterordnung? Und ist das Allgemeine, dem etwas subsumirt wird, eine Thatsache? Gewiſs nichts weniger; alle Thatsachen sind etwas indi- viduelles, sie sind weder Gattungen noch Arten. Die letztern aber müssen durch eine regelmäſsige Abstraction aus der Auffassung des Individuellen entspringen. Wie nun, wenn das Individuelle nicht still genug hielte, um sich zu einer regelmäſsigen Abstraction her- zugeben?
Wer auch nur einen Versuch macht, die hier auf- geworfenen Fragen ernstlich zu überlegen: der wird bald inne werden, daſs der Stoff, den wir behandeln wollen, äuſserst schlüpfrig ist. Daher können wir diejenigen Un- tersuchungen, welche den wesentlichen Inhalt dieses Buchs ausmachen, nicht gleich vornehmen, sondern es sind ei- nige vorbereitende Betrachtungen nöthig. Zuerst über die Auffassung und Benutzung der psychologischen Prin- cipien. Ferner über das Verhältniſs der Wissenschaft, die wir Psychologie nennen, zur allgemeinen Metaphysik. Dann werden wir uns in der Kürze an die neuere Ge- schichte der Psychologie erinnern; und erst am Ende die- ser ganzen Einleitung kann über den Plan des Buchs eine nähere Auskunft gegeben werden. Die Leser aber werden gebeten, sich einen ruhigen Schritt gefallen zu lassen; und vest zu glauben, daſs in der Philosophie al- lemal der Weg, den man in scheinbaren Geniesprüngen vorwärts macht, langsam wieder rückwärts gegangen wird.
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vermögen, Begehrungsvermögen; sie ordnet diesen
Vermögen, als ob es Gattungsbegriffe wären, andere
Vermögen unter, zum Beyspiel, Gedächtniſs, Einbil-
dungskraft, Verstand, Vernunft; ja in dieser Unterord-
nung geht sie noch weiter, indem sie ein Ortgedächt-
niſs, Namengedächtniſs, Sachgedächtniſs, einen theoreti-
schen und praktischen Verstand, u. dgl. aufweist. Ist
nun wohl hier ein Ende der Unterordnung? Und ist das
Allgemeine, dem etwas subsumirt wird, eine Thatsache?
Gewiſs nichts weniger; alle Thatsachen sind etwas indi-
viduelles, sie sind weder Gattungen noch Arten. Die
letztern aber müssen durch eine regelmäſsige Abstraction
aus der Auffassung des Individuellen entspringen. Wie
nun, wenn das Individuelle nicht still genug
hielte, um sich zu einer regelmäſsigen Abstraction her-
zugeben?
Wer auch nur einen Versuch macht, die hier auf-
geworfenen Fragen ernstlich zu überlegen: der wird bald
inne werden, daſs der Stoff, den wir behandeln wollen,
äuſserst schlüpfrig ist. Daher können wir diejenigen Un-
tersuchungen, welche den wesentlichen Inhalt dieses Buchs
ausmachen, nicht gleich vornehmen, sondern es sind ei-
nige vorbereitende Betrachtungen nöthig. Zuerst über
die Auffassung und Benutzung der psychologischen Prin-
cipien. Ferner über das Verhältniſs der Wissenschaft,
die wir Psychologie nennen, zur allgemeinen Metaphysik.
Dann werden wir uns in der Kürze an die neuere Ge-
schichte der Psychologie erinnern; und erst am Ende die-
ser ganzen Einleitung kann über den Plan des Buchs
eine nähere Auskunft gegeben werden. Die Leser aber
werden gebeten, sich einen ruhigen Schritt gefallen zu
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lemal der Weg, den man in scheinbaren Geniesprüngen
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/29>, abgerufen am 23.11.2024.
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