stimmter Bruch, das heisst eigentlich, wenn die andere nur in einem bestimmten Grade gehemmt würde.
Der Unterschied des vollen und des minderen Ge- gensatzes ist von der Stärke der Vorstellungen unabhän- gig. Es sey die eine =a, die andere =b, wo a und b Zahlen bedeuten, vermittelst deren die Stärke beyder ver- glichen wird; der Gegensatz aber =m, wo m einen Bruch bedeutet, oder höchstens die Einheit: so muss bey vollem Gegensatze (für welchen m=1), eben sowohl a ganz sinken, wenn b soll ungehemmt bleiben, als b ganz sin- ken muss, damit a ungehemmt bleibe. Denn das Hem- mende muss ganz und gar weichen, wofern für das ent- gegenstehende alle Hemmung verschwinden, und volle Freyheit wiederkehren soll; und dies ist ganz auf gleiche Weise nothwendig, es mag nun jenes oder dieses das stärkere oder schwächere seyn. Bey minderem Gegen- satze muss mb sinken, falls a, oder es muss ma sinken, falls b ungehemmt bleiben soll. Denn je mehr von dem Hemmenden vorhanden ist, in demselben Verhältnisse mehr muss weichen, wofern das gegenüberstehende un- angetastet bleiben soll. Bestünde b aus unendlich vielen kleinen Theilen: so würde jedem derselben das Merk- mal, einen Gegensatz gegen a zu bilden, zuzuschreiben seyn, und zwar in dem Grade m; mit der Menge der Theile in b aber würde sich diese Entgegengesetztheit vervielfältigen, und deshalb in dem Producte mb ihren Ausdruck finden.
Die Voraussetzung des vollen Gegensatzes wird die nächstfolgenden Untersuchungen erleichtern; deshalb ma- chen wir mit ihr den Anfang.
§. 42.
Die Summe der Hemmung ist das Quantum des Vorstellens, welches von den einander entgegenwirken- den Vorstellungen zusammengenommen, muss gehemmt werden.
Diese Hemmungssumme muss nothwendig zuerst be- stimmt seyn, wenn die Hemmung jeder einzelnen Vor-
stimmter Bruch, das heiſst eigentlich, wenn die andere nur in einem bestimmten Grade gehemmt würde.
Der Unterschied des vollen und des minderen Ge- gensatzes ist von der Stärke der Vorstellungen unabhän- gig. Es sey die eine =a, die andere =b, wo a und b Zahlen bedeuten, vermittelst deren die Stärke beyder ver- glichen wird; der Gegensatz aber =m, wo m einen Bruch bedeutet, oder höchstens die Einheit: so muſs bey vollem Gegensatze (für welchen m=1), eben sowohl a ganz sinken, wenn b soll ungehemmt bleiben, als b ganz sin- ken muſs, damit a ungehemmt bleibe. Denn das Hem- mende muſs ganz und gar weichen, wofern für das ent- gegenstehende alle Hemmung verschwinden, und volle Freyheit wiederkehren soll; und dies ist ganz auf gleiche Weise nothwendig, es mag nun jenes oder dieses das stärkere oder schwächere seyn. Bey minderem Gegen- satze muſs mb sinken, falls a, oder es muſs ma sinken, falls b ungehemmt bleiben soll. Denn je mehr von dem Hemmenden vorhanden ist, in demselben Verhältnisse mehr muſs weichen, wofern das gegenüberstehende un- angetastet bleiben soll. Bestünde b aus unendlich vielen kleinen Theilen: so würde jedem derselben das Merk- mal, einen Gegensatz gegen a zu bilden, zuzuschreiben seyn, und zwar in dem Grade m; mit der Menge der Theile in b aber würde sich diese Entgegengesetztheit vervielfältigen, und deshalb in dem Producte mb ihren Ausdruck finden.
Die Voraussetzung des vollen Gegensatzes wird die nächstfolgenden Untersuchungen erleichtern; deshalb ma- chen wir mit ihr den Anfang.
§. 42.
Die Summe der Hemmung ist das Quantum des Vorstellens, welches von den einander entgegenwirken- den Vorstellungen zusammengenommen, muſs gehemmt werden.
Diese Hemmungssumme muſs nothwendig zuerst be- stimmt seyn, wenn die Hemmung jeder einzelnen Vor-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0179"n="159"/>
stimmter Bruch, das heiſst eigentlich, wenn die andere<lb/>
nur in einem bestimmten Grade gehemmt würde.</p><lb/><p>Der Unterschied des vollen und des minderen Ge-<lb/>
gensatzes ist von der Stärke der Vorstellungen unabhän-<lb/>
gig. Es sey die eine =<hirendition="#i">a</hi>, die andere =<hirendition="#i">b</hi>, wo <hirendition="#i">a</hi> und <hirendition="#i">b</hi><lb/>
Zahlen bedeuten, vermittelst deren die Stärke beyder ver-<lb/>
glichen wird; der Gegensatz aber =<hirendition="#i">m</hi>, wo <hirendition="#i">m</hi> einen Bruch<lb/>
bedeutet, oder höchstens die Einheit: so muſs bey vollem<lb/>
Gegensatze (für welchen <hirendition="#i">m</hi>=1), eben sowohl <hirendition="#i">a</hi> ganz<lb/>
sinken, wenn <hirendition="#i">b</hi> soll ungehemmt bleiben, als <hirendition="#i">b</hi> ganz sin-<lb/>
ken muſs, damit <hirendition="#i">a</hi> ungehemmt bleibe. Denn das Hem-<lb/>
mende muſs ganz und gar weichen, wofern für das ent-<lb/>
gegenstehende alle Hemmung verschwinden, und volle<lb/>
Freyheit wiederkehren soll; und dies ist ganz auf gleiche<lb/>
Weise nothwendig, es mag nun jenes oder dieses das<lb/>
stärkere oder schwächere seyn. Bey minderem Gegen-<lb/>
satze muſs <hirendition="#i">mb</hi> sinken, falls <hirendition="#i">a</hi>, oder es muſs <hirendition="#i">ma</hi> sinken,<lb/>
falls <hirendition="#i">b</hi> ungehemmt bleiben soll. Denn je mehr von dem<lb/>
Hemmenden vorhanden ist, in demselben Verhältnisse<lb/>
mehr muſs weichen, wofern das gegenüberstehende un-<lb/>
angetastet bleiben soll. Bestünde <hirendition="#i">b</hi> aus unendlich vielen<lb/>
kleinen Theilen: so würde jedem derselben das Merk-<lb/>
mal, einen Gegensatz gegen <hirendition="#i">a</hi> zu bilden, zuzuschreiben<lb/>
seyn, und zwar in dem Grade <hirendition="#i">m;</hi> mit der Menge der<lb/>
Theile in <hirendition="#i">b</hi> aber würde sich diese Entgegengesetztheit<lb/>
vervielfältigen, und deshalb in dem Producte <hirendition="#i">mb</hi> ihren<lb/>
Ausdruck finden.</p><lb/><p>Die Voraussetzung des vollen Gegensatzes wird die<lb/>
nächstfolgenden Untersuchungen erleichtern; deshalb ma-<lb/>
chen wir mit ihr den Anfang.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 42.</head><lb/><p>Die <hirendition="#g">Summe</hi> der Hemmung ist das Quantum des<lb/>
Vorstellens, welches von den einander entgegenwirken-<lb/>
den Vorstellungen zusammengenommen, muſs gehemmt<lb/>
werden.</p><lb/><p>Diese Hemmungssumme muſs nothwendig zuerst be-<lb/>
stimmt seyn, wenn die Hemmung jeder einzelnen Vor-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[159/0179]
stimmter Bruch, das heiſst eigentlich, wenn die andere
nur in einem bestimmten Grade gehemmt würde.
Der Unterschied des vollen und des minderen Ge-
gensatzes ist von der Stärke der Vorstellungen unabhän-
gig. Es sey die eine =a, die andere =b, wo a und b
Zahlen bedeuten, vermittelst deren die Stärke beyder ver-
glichen wird; der Gegensatz aber =m, wo m einen Bruch
bedeutet, oder höchstens die Einheit: so muſs bey vollem
Gegensatze (für welchen m=1), eben sowohl a ganz
sinken, wenn b soll ungehemmt bleiben, als b ganz sin-
ken muſs, damit a ungehemmt bleibe. Denn das Hem-
mende muſs ganz und gar weichen, wofern für das ent-
gegenstehende alle Hemmung verschwinden, und volle
Freyheit wiederkehren soll; und dies ist ganz auf gleiche
Weise nothwendig, es mag nun jenes oder dieses das
stärkere oder schwächere seyn. Bey minderem Gegen-
satze muſs mb sinken, falls a, oder es muſs ma sinken,
falls b ungehemmt bleiben soll. Denn je mehr von dem
Hemmenden vorhanden ist, in demselben Verhältnisse
mehr muſs weichen, wofern das gegenüberstehende un-
angetastet bleiben soll. Bestünde b aus unendlich vielen
kleinen Theilen: so würde jedem derselben das Merk-
mal, einen Gegensatz gegen a zu bilden, zuzuschreiben
seyn, und zwar in dem Grade m; mit der Menge der
Theile in b aber würde sich diese Entgegengesetztheit
vervielfältigen, und deshalb in dem Producte mb ihren
Ausdruck finden.
Die Voraussetzung des vollen Gegensatzes wird die
nächstfolgenden Untersuchungen erleichtern; deshalb ma-
chen wir mit ihr den Anfang.
§. 42.
Die Summe der Hemmung ist das Quantum des
Vorstellens, welches von den einander entgegenwirken-
den Vorstellungen zusammengenommen, muſs gehemmt
werden.
Diese Hemmungssumme muſs nothwendig zuerst be-
stimmt seyn, wenn die Hemmung jeder einzelnen Vor-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/179>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.