dingungen, mit Zuziehung der allgemeinen Metaphysik, (§. 15.) geschlossen werde.
Wenn nun die Grundlegung zur Psychologie auf solche Weise mit einem oder dem andern der Erkennt- nissgründe dieser Wissenschaft verfährt: so ist zu hof- fen, dass bald einige der Realprincipien erkannt wer- den mögen, aus welchen, als Ursachen, die Phänomene des Bewusstseyns ihren Ursprung nehmen. In diesem Falle lässt sich von einer solchen, einmal gewonnenen Kenntniss weiterer Gebrauch machen; die Realprincipien werden zwar niemals eigentliche principia cognoscendi, denn das Wissen von denselben ist immer ein Abgelei- tetes; aber die Forschung verändert von hier an ihre Richtung, in so fern sie jetzt von der Bedingung auf das Bedingte, -- mit dem Strom der Ereignisse, nicht mehr, wie zu Anfange, wider den Strom, vom Bedingten zur Bedingung fortgeht.
Darum aber, dass aus einem oder dem andern der Erkenntnissgründe dergleichen Realprincipien, vielleicht selbst die wichtigsten Hauptgesetze der geistigen Bewe- gungen, entdeckt seyn mögen: verlieren die übrigen Er- kenntnissgründe noch nicht ihren Werth. Es muss auch an sie die Reihe kommen, benutzt zu werden: jedoch kann man nun die Untersuchung abkürzen, indem man, anstatt sich noch ganz unwissend zu stellen, vielmehr die schon vorhin gewonnenen Aufschlüsse, sobald dieselben gehörig gesichert sind, zum Grunde legt, und nur noch fragt, wie sich darauf die jetzt in Betracht genomme- nen Phänomene zurückführen, wie sie sich daraus begrei- fen lassen?
Man wird geneigt seyn, dem gewöhnlichen Sprach- gebrauche gemäss, solche Untersuchungen, die mit dem Laufe der Ereignisse, also von Realprincipien zu rea- len Folgen fortschreiten, synthetisch zu nennen; da- gegen werden die andern, vermöge deren die noch nicht erklärten Phänomene auf jene Realprincipien zurückge- führt werden sollen, analytisch heissen.
Streng
dingungen, mit Zuziehung der allgemeinen Metaphysik, (§. 15.) geschlossen werde.
Wenn nun die Grundlegung zur Psychologie auf solche Weise mit einem oder dem andern der Erkennt- niſsgründe dieser Wissenschaft verfährt: so ist zu hof- fen, daſs bald einige der Realprincipien erkannt wer- den mögen, aus welchen, als Ursachen, die Phänomene des Bewuſstseyns ihren Ursprung nehmen. In diesem Falle läſst sich von einer solchen, einmal gewonnenen Kenntniſs weiterer Gebrauch machen; die Realprincipien werden zwar niemals eigentliche principia cognoscendi, denn das Wissen von denselben ist immer ein Abgelei- tetes; aber die Forschung verändert von hier an ihre Richtung, in so fern sie jetzt von der Bedingung auf das Bedingte, — mit dem Strom der Ereignisse, nicht mehr, wie zu Anfange, wider den Strom, vom Bedingten zur Bedingung fortgeht.
Darum aber, daſs aus einem oder dem andern der Erkenntniſsgründe dergleichen Realprincipien, vielleicht selbst die wichtigsten Hauptgesetze der geistigen Bewe- gungen, entdeckt seyn mögen: verlieren die übrigen Er- kenntniſsgründe noch nicht ihren Werth. Es muſs auch an sie die Reihe kommen, benutzt zu werden: jedoch kann man nun die Untersuchung abkürzen, indem man, anstatt sich noch ganz unwissend zu stellen, vielmehr die schon vorhin gewonnenen Aufschlüsse, sobald dieselben gehörig gesichert sind, zum Grunde legt, und nur noch fragt, wie sich darauf die jetzt in Betracht genomme- nen Phänomene zurückführen, wie sie sich daraus begrei- fen lassen?
Man wird geneigt seyn, dem gewöhnlichen Sprach- gebrauche gemäſs, solche Untersuchungen, die mit dem Laufe der Ereignisse, also von Realprincipien zu rea- len Folgen fortschreiten, synthetisch zu nennen; da- gegen werden die andern, vermöge deren die noch nicht erklärten Phänomene auf jene Realprincipien zurückge- führt werden sollen, analytisch heiſsen.
Streng
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dingungen, mit Zuziehung der allgemeinen Metaphysik,
(§. 15.) geschlossen werde.
Wenn nun die Grundlegung zur Psychologie auf
solche Weise mit einem oder dem andern der Erkennt-
niſsgründe dieser Wissenschaft verfährt: so ist zu hof-
fen, daſs bald einige der Realprincipien erkannt wer-
den mögen, aus welchen, als Ursachen, die Phänomene
des Bewuſstseyns ihren Ursprung nehmen. In diesem
Falle läſst sich von einer solchen, einmal gewonnenen
Kenntniſs weiterer Gebrauch machen; die Realprincipien
werden zwar niemals eigentliche principia cognoscendi,
denn das Wissen von denselben ist immer ein Abgelei-
tetes; aber die Forschung verändert von hier an ihre
Richtung, in so fern sie jetzt von der Bedingung auf das
Bedingte, — mit dem Strom der Ereignisse, nicht mehr,
wie zu Anfange, wider den Strom, vom Bedingten zur
Bedingung fortgeht.
Darum aber, daſs aus einem oder dem andern der
Erkenntniſsgründe dergleichen Realprincipien, vielleicht
selbst die wichtigsten Hauptgesetze der geistigen Bewe-
gungen, entdeckt seyn mögen: verlieren die übrigen Er-
kenntniſsgründe noch nicht ihren Werth. Es muſs auch
an sie die Reihe kommen, benutzt zu werden: jedoch
kann man nun die Untersuchung abkürzen, indem man,
anstatt sich noch ganz unwissend zu stellen, vielmehr die
schon vorhin gewonnenen Aufschlüsse, sobald dieselben
gehörig gesichert sind, zum Grunde legt, und nur noch
fragt, wie sich darauf die jetzt in Betracht genomme-
nen Phänomene zurückführen, wie sie sich daraus begrei-
fen lassen?
Man wird geneigt seyn, dem gewöhnlichen Sprach-
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/100>, abgerufen am 25.11.2024.
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