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Helmholtz, Hermann von: Über die Erhaltung der Kraft. Berlin, 1847.

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2) Die Reibung, sowohl an den Oberflächen zweier
sich über einander hinbewegender Körper, als im Innern
derselben bei Formveränderungen, durch die Verschiebung
der kleineren Theilchen aneinander hervorgebracht. Auch
bei der Reibung finden meistens geringe Veränderungen in
der molecülären Constitution der Körper namentlich im An-
fang ihres Aneinanderreibens statt; späterhin pflegen sich
die Oberflächen einander so zu accommodiren, dass diese
Veränderungen bei fernerer Bewegung als verschwindend
klein zu setzen sein möchten. In manchen Fällen fehlen
dieselben wohl ganz, z. B. wenn Flüssigkeiten sich an
festen Körpern oder unter einander reiben. Ausserdem
finden aber stets auch thermische und electrische Aende-
rungen statt.

Man pflegt in der Mechanik die Reibung als eine Kraft
darzustellen, welche der vorhandenen Bewegung entgegen
wirkt, und deren Intensität eine Function der Geschwindig-
keit ist. Offenbar ist diese Auffassung nur ein zum Behuf
der Rechnungen gemachter, höchst unvollständiger Ausdruck
des complicirten Vorgangs, bei welchem die verschiedensten
Molecülarkräfte in Wechselwirkung treten. Aus jener Auf-
fassung folgte, dass bei der Reibung lebendige Kraft abso-
lut verloren ginge, ebenso nahm man es beim elastischen
Stosse an. Dabei ist aber nicht berücksichtigt worden, dass
abgesehen von der Vermehrung der Spannkräfte durch die
Compression der reibenden oder gestossenen Körper, uns
sowohl die gewonnene Wärme eine Kraft repräsentirt, durch
welche wir mechanische Wirkungen erzeugen können, als
auch die meistentheils erzeugte Electricität entweder direct
durch ihre anziehenden und abstossenden Kräfte, oder in-
direct dadurch dass sie Wärme entwickelt. Es bliebe also

2) Die Reibung, sowohl an den Oberflächen zweier
sich über einander hinbewegender Körper, als im Innern
derselben bei Formveränderungen, durch die Verschiebung
der kleineren Theilchen aneinander hervorgebracht. Auch
bei der Reibung finden meistens geringe Veränderungen in
der molecülären Constitution der Körper namentlich im An-
fang ihres Aneinanderreibens statt; späterhin pflegen sich
die Oberflächen einander so zu accommodiren, dass diese
Veränderungen bei fernerer Bewegung als verschwindend
klein zu setzen sein möchten. In manchen Fällen fehlen
dieselben wohl ganz, z. B. wenn Flüssigkeiten sich an
festen Körpern oder unter einander reiben. Ausserdem
finden aber stets auch thermische und electrische Aende-
rungen statt.

Man pflegt in der Mechanik die Reibung als eine Kraft
darzustellen, welche der vorhandenen Bewegung entgegen
wirkt, und deren Intensität eine Function der Geschwindig-
keit ist. Offenbar ist diese Auffassung nur ein zum Behuf
der Rechnungen gemachter, höchst unvollständiger Ausdruck
des complicirten Vorgangs, bei welchem die verschiedensten
Molecülarkräfte in Wechselwirkung treten. Aus jener Auf-
fassung folgte, dass bei der Reibung lebendige Kraft abso-
lut verloren ginge, ebenso nahm man es beim elastischen
Stosse an. Dabei ist aber nicht berücksichtigt worden, dass
abgesehen von der Vermehrung der Spannkräfte durch die
Compression der reibenden oder gestossenen Körper, uns
sowohl die gewonnene Wärme eine Kraft repräsentirt, durch
welche wir mechanische Wirkungen erzeugen können, als
auch die meistentheils erzeugte Electricität entweder direct
durch ihre anziehenden und abstossenden Kräfte, oder in-
direct dadurch dass sie Wärme entwickelt. Es bliebe also

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[26/0036] 2) Die Reibung, sowohl an den Oberflächen zweier sich über einander hinbewegender Körper, als im Innern derselben bei Formveränderungen, durch die Verschiebung der kleineren Theilchen aneinander hervorgebracht. Auch bei der Reibung finden meistens geringe Veränderungen in der molecülären Constitution der Körper namentlich im An- fang ihres Aneinanderreibens statt; späterhin pflegen sich die Oberflächen einander so zu accommodiren, dass diese Veränderungen bei fernerer Bewegung als verschwindend klein zu setzen sein möchten. In manchen Fällen fehlen dieselben wohl ganz, z. B. wenn Flüssigkeiten sich an festen Körpern oder unter einander reiben. Ausserdem finden aber stets auch thermische und electrische Aende- rungen statt. Man pflegt in der Mechanik die Reibung als eine Kraft darzustellen, welche der vorhandenen Bewegung entgegen wirkt, und deren Intensität eine Function der Geschwindig- keit ist. Offenbar ist diese Auffassung nur ein zum Behuf der Rechnungen gemachter, höchst unvollständiger Ausdruck des complicirten Vorgangs, bei welchem die verschiedensten Molecülarkräfte in Wechselwirkung treten. Aus jener Auf- fassung folgte, dass bei der Reibung lebendige Kraft abso- lut verloren ginge, ebenso nahm man es beim elastischen Stosse an. Dabei ist aber nicht berücksichtigt worden, dass abgesehen von der Vermehrung der Spannkräfte durch die Compression der reibenden oder gestossenen Körper, uns sowohl die gewonnene Wärme eine Kraft repräsentirt, durch welche wir mechanische Wirkungen erzeugen können, als auch die meistentheils erzeugte Electricität entweder direct durch ihre anziehenden und abstossenden Kräfte, oder in- direct dadurch dass sie Wärme entwickelt. Es bliebe also

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Zitationshilfe: Helmholtz, Hermann von: Über die Erhaltung der Kraft. Berlin, 1847, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/helmholtz_erhaltung_1847/36>, abgerufen am 29.03.2024.