wegkommen, und möchte Tage lang mit Wonne daran hangen. Hoher göttlicher Jüngling der du warst, Raphael! Unsterblicher, empfang hier meine heißeste aufrichtigste Bewunderung, und nimm gütig meinen zärtlichen Dank auf. Es gehört unter das höchste, was die Mahlerey aufzuzeigen hat, diese Mutter und dieser Sohn, und die vier Engel um sie her; und ich kann mich nicht von der Herz und Sinn ergreiffenden Wahrheit und Hoheit wegwenden. Die zwey Hauptfiguren sind ganz wunderbar groß gedacht, in der That pindarische Grazie und des Theba- ners Schwung der Phantasie bis in die Drap- perien, die mächtige Falten werfen. Welch ein Arm, Christus aufgehabner rechter mit den wei- ten Aermeln! wie ganz vollkommen gezeichnet und gemahlt, und welche wetterstrahlende Wir- kung thut er in der ganzen Gruppirung! und wie bescheiden zeigt sich daneben das Nackende der Mutter und füllt leicht das blaue Obergewand!
So
wegkommen, und moͤchte Tage lang mit Wonne daran hangen. Hoher goͤttlicher Juͤngling der du warſt, Raphael! Unſterblicher, empfang hier meine heißeſte aufrichtigſte Bewunderung, und nimm guͤtig meinen zaͤrtlichen Dank auf. Es gehoͤrt unter das hoͤchſte, was die Mahlerey aufzuzeigen hat, dieſe Mutter und dieſer Sohn, und die vier Engel um ſie her; und ich kann mich nicht von der Herz und Sinn ergreiffenden Wahrheit und Hoheit wegwenden. Die zwey Hauptfiguren ſind ganz wunderbar groß gedacht, in der That pindariſche Grazie und des Theba- ners Schwung der Phantaſie bis in die Drap- perien, die maͤchtige Falten werfen. Welch ein Arm, Chriſtus aufgehabner rechter mit den wei- ten Aermeln! wie ganz vollkommen gezeichnet und gemahlt, und welche wetterſtrahlende Wir- kung thut er in der ganzen Gruppirung! und wie beſcheiden zeigt ſich daneben das Nackende der Mutter und fuͤllt leicht das blaue Obergewand!
So
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wegkommen, und moͤchte Tage lang mit Wonne
daran hangen. Hoher goͤttlicher Juͤngling der
du warſt, Raphael! Unſterblicher, empfang
hier meine heißeſte aufrichtigſte Bewunderung,
und nimm guͤtig meinen zaͤrtlichen Dank auf.
Es gehoͤrt unter das hoͤchſte, was die Mahlerey
aufzuzeigen hat, dieſe Mutter und dieſer Sohn,
und die vier Engel um ſie her; und ich kann
mich nicht von der Herz und Sinn ergreiffenden
Wahrheit und Hoheit wegwenden. Die zwey
Hauptfiguren ſind ganz wunderbar groß gedacht,
in der That pindariſche Grazie und des Theba-
ners Schwung der Phantaſie bis in die Drap-
perien, die maͤchtige Falten werfen. Welch ein
Arm, Chriſtus aufgehabner rechter mit den wei-
ten Aermeln! wie ganz vollkommen gezeichnet
und gemahlt, und welche wetterſtrahlende Wir-
kung thut er in der ganzen Gruppirung! und
wie beſcheiden zeigt ſich daneben das Nackende
der Mutter und fuͤllt leicht das blaue Obergewand!
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/278>, abgerufen am 22.11.2024.
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