Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

von den drey Systemen sich die Vernunft neige,
werden wohl allezeit die mehrsten gegenwärtigen
Stimmen entscheiden. Denn nothwendige ver-
schiedne Natur, die das zusammengesetzte bildet,
ist nicht schwerer zu begreiffen, als Anfang des-
selben von Einem Wesen.

Wie hat sich euer Eins geregt? vermuthlich
verschieden! Vorher war es etwa in der Aristo-
telessischen Bewegung, da sich Leben nicht wohl
ohne Bewegung denken läßt. Und irgendwo!
denn ganz konnt es nicht Form werden. Und
welcher Theil Form und Körper geworden wäre,
den müßte wahrscheinlich das Loos getroffen ha-
ben; denn Verstand war noch nicht da, der
kann nur werden, wenn schon mehr Formen da
sind, welche das Wesen in seinem Bewußtseyn
vereinigt.

An Grenzenloses will ich gar nicht denken;
denn unendliche -- Realität -- sind ein paar
Wörter, die man wohl zusammensprechen und

schrei-

von den drey Syſtemen ſich die Vernunft neige,
werden wohl allezeit die mehrſten gegenwaͤrtigen
Stimmen entſcheiden. Denn nothwendige ver-
ſchiedne Natur, die das zuſammengeſetzte bildet,
iſt nicht ſchwerer zu begreiffen, als Anfang deſ-
ſelben von Einem Weſen.

Wie hat ſich euer Eins geregt? vermuthlich
verſchieden! Vorher war es etwa in der Ariſto-
teleſſiſchen Bewegung, da ſich Leben nicht wohl
ohne Bewegung denken laͤßt. Und irgendwo!
denn ganz konnt es nicht Form werden. Und
welcher Theil Form und Koͤrper geworden waͤre,
den muͤßte wahrſcheinlich das Loos getroffen ha-
ben; denn Verſtand war noch nicht da, der
kann nur werden, wenn ſchon mehr Formen da
ſind, welche das Weſen in ſeinem Bewußtſeyn
vereinigt.

An Grenzenloſes will ich gar nicht denken;
denn unendliche — Realitaͤt — ſind ein paar
Woͤrter, die man wohl zuſammenſprechen und

ſchrei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0246" n="238"/>
von den drey Sy&#x017F;temen &#x017F;ich die Vernunft neige,<lb/>
werden wohl allezeit die mehr&#x017F;ten gegenwa&#x0364;rtigen<lb/>
Stimmen ent&#x017F;cheiden. Denn nothwendige ver-<lb/>
&#x017F;chiedne Natur, die das zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte bildet,<lb/>
i&#x017F;t nicht &#x017F;chwerer zu begreiffen, als Anfang de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben von Einem We&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Wie hat &#x017F;ich euer Eins geregt? vermuthlich<lb/>
ver&#x017F;chieden! Vorher war es etwa in der Ari&#x017F;to-<lb/>
tele&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Bewegung, da &#x017F;ich Leben nicht wohl<lb/>
ohne Bewegung denken la&#x0364;ßt. Und irgendwo!<lb/>
denn ganz konnt es nicht Form werden. Und<lb/>
welcher Theil Form und Ko&#x0364;rper geworden wa&#x0364;re,<lb/>
den mu&#x0364;ßte wahr&#x017F;cheinlich das Loos getroffen ha-<lb/>
ben; denn Ver&#x017F;tand war noch nicht da, der<lb/>
kann nur werden, wenn &#x017F;chon mehr Formen da<lb/>
&#x017F;ind, welche das We&#x017F;en in &#x017F;einem Bewußt&#x017F;eyn<lb/>
vereinigt.</p><lb/>
          <p>An Grenzenlo&#x017F;es will ich gar nicht denken;<lb/>
denn unendliche &#x2014; Realita&#x0364;t &#x2014; &#x017F;ind ein paar<lb/>
Wo&#x0364;rter, die man wohl zu&#x017F;ammen&#x017F;prechen und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chrei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0246] von den drey Syſtemen ſich die Vernunft neige, werden wohl allezeit die mehrſten gegenwaͤrtigen Stimmen entſcheiden. Denn nothwendige ver- ſchiedne Natur, die das zuſammengeſetzte bildet, iſt nicht ſchwerer zu begreiffen, als Anfang deſ- ſelben von Einem Weſen. Wie hat ſich euer Eins geregt? vermuthlich verſchieden! Vorher war es etwa in der Ariſto- teleſſiſchen Bewegung, da ſich Leben nicht wohl ohne Bewegung denken laͤßt. Und irgendwo! denn ganz konnt es nicht Form werden. Und welcher Theil Form und Koͤrper geworden waͤre, den muͤßte wahrſcheinlich das Loos getroffen ha- ben; denn Verſtand war noch nicht da, der kann nur werden, wenn ſchon mehr Formen da ſind, welche das Weſen in ſeinem Bewußtſeyn vereinigt. An Grenzenloſes will ich gar nicht denken; denn unendliche — Realitaͤt — ſind ein paar Woͤrter, die man wohl zuſammenſprechen und ſchrei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/246
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/246>, abgerufen am 19.05.2024.