Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Philosophen, der Unterricht ertheilt. In die
antiken Gewänder hat er sich gut hineingedacht,
und man merkt nichts gezwungnes.

Zusammengedrängte Jahrhunderte machen
in jedem von den drey Gemählden ein einzig Bild
für die Phantasie.

In dem Zimmer darauf thut der Genius
Raphaels, wenn ich mich so ausdrücken darf,
pittoreskere Flüge; ist aber nicht mehr so reich an
hoher individueller Gestalt.

Sein Heliodor ist vielleicht die schönste
Allegorie neuerer Zeiten. Das Ganze theilt sich
in drey Gruppen und thut große Wirkung.
Die Gruppe der Engel mit dem niedergeworfnen
Heliodor gehört unter Raphaels höchstes; sie
sind durchaus Natur in Gestalt, Gebehrde, und
Bewegung; er hat sie vermuthlich von feurigen
Römischen Buben in Zorn und Sprung abge-
sehn. Der Engel zu Pferde in der Kirche ist
etwas ungereimt; aber er macht ein herrlich

Bild

Philoſophen, der Unterricht ertheilt. In die
antiken Gewaͤnder hat er ſich gut hineingedacht,
und man merkt nichts gezwungnes.

Zuſammengedraͤngte Jahrhunderte machen
in jedem von den drey Gemaͤhlden ein einzig Bild
fuͤr die Phantaſie.

In dem Zimmer darauf thut der Genius
Raphaels, wenn ich mich ſo ausdruͤcken darf,
pittoreskere Fluͤge; iſt aber nicht mehr ſo reich an
hoher individueller Geſtalt.

Sein Heliodor iſt vielleicht die ſchoͤnſte
Allegorie neuerer Zeiten. Das Ganze theilt ſich
in drey Gruppen und thut große Wirkung.
Die Gruppe der Engel mit dem niedergeworfnen
Heliodor gehoͤrt unter Raphaels hoͤchſtes; ſie
ſind durchaus Natur in Geſtalt, Gebehrde, und
Bewegung; er hat ſie vermuthlich von feurigen
Roͤmiſchen Buben in Zorn und Sprung abge-
ſehn. Der Engel zu Pferde in der Kirche iſt
etwas ungereimt; aber er macht ein herrlich

Bild
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0022" n="14"/>
Philo&#x017F;ophen, der Unterricht ertheilt. In die<lb/>
antiken Gewa&#x0364;nder hat er &#x017F;ich gut hineingedacht,<lb/>
und man merkt nichts gezwungnes.</p><lb/>
          <p>Zu&#x017F;ammengedra&#x0364;ngte Jahrhunderte machen<lb/>
in jedem von den drey Gema&#x0364;hlden ein einzig Bild<lb/>
fu&#x0364;r die Phanta&#x017F;ie.</p><lb/>
          <p>In dem Zimmer darauf thut der Genius<lb/>
Raphaels, wenn ich mich &#x017F;o ausdru&#x0364;cken darf,<lb/>
pittoreskere Flu&#x0364;ge; i&#x017F;t aber nicht mehr &#x017F;o reich an<lb/>
hoher individueller Ge&#x017F;talt.</p><lb/>
          <p>Sein <hi rendition="#fr">Heliodor</hi> i&#x017F;t vielleicht die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te<lb/>
Allegorie neuerer Zeiten. Das Ganze theilt &#x017F;ich<lb/>
in drey Gruppen und thut große Wirkung.<lb/>
Die Gruppe der Engel mit dem niedergeworfnen<lb/>
Heliodor geho&#x0364;rt unter Raphaels ho&#x0364;ch&#x017F;tes; &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ind durchaus Natur in Ge&#x017F;talt, Gebehrde, und<lb/>
Bewegung; er hat &#x017F;ie vermuthlich von feurigen<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Buben in Zorn und Sprung abge-<lb/>
&#x017F;ehn. Der Engel zu Pferde in der Kirche i&#x017F;t<lb/>
etwas ungereimt; aber er macht ein herrlich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Bild</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0022] Philoſophen, der Unterricht ertheilt. In die antiken Gewaͤnder hat er ſich gut hineingedacht, und man merkt nichts gezwungnes. Zuſammengedraͤngte Jahrhunderte machen in jedem von den drey Gemaͤhlden ein einzig Bild fuͤr die Phantaſie. In dem Zimmer darauf thut der Genius Raphaels, wenn ich mich ſo ausdruͤcken darf, pittoreskere Fluͤge; iſt aber nicht mehr ſo reich an hoher individueller Geſtalt. Sein Heliodor iſt vielleicht die ſchoͤnſte Allegorie neuerer Zeiten. Das Ganze theilt ſich in drey Gruppen und thut große Wirkung. Die Gruppe der Engel mit dem niedergeworfnen Heliodor gehoͤrt unter Raphaels hoͤchſtes; ſie ſind durchaus Natur in Geſtalt, Gebehrde, und Bewegung; er hat ſie vermuthlich von feurigen Roͤmiſchen Buben in Zorn und Sprung abge- ſehn. Der Engel zu Pferde in der Kirche iſt etwas ungereimt; aber er macht ein herrlich Bild

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/22
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/22>, abgerufen am 18.12.2024.