können wir gewissermaßen die Griechen übertref- fen, weil wir uns gerad an die wahren Gegenstän- de machen, die sie verfehlt haben."
"Nichts wirkt recht auf den Menschen, was stille steht; aller Stillstand wird bald Tod."
"Es bleibt gewiß eine Kleinigkeit, einen Cäsar, einen Brutus von außen auch vortreflich zu mahlen, und zu bildhauen, gegen das her- auszuhohlen, was in ihnen steckt. Auf der Ober- fläche kann man den Menschen leicht kennen ler- nen: aber im Innern, in der Tiefe? da ge- hört ganz andrer Gehalt und Stand dazu."
"Wer behaupten wollte, daß die bildende Kunst über Poesie, Beredtsamkeit und Philo- sophie ginge, müßte behaupten: daß eine Sta- tue oder Brustbild vom Homer, Pindar, De- mosthenes, Aristoteles, oder nehmen wir neuere, daß ein vollkommen, wie möglich auch, getroff- nes Bild in Farbe oder Stein von Ariost, Macchia- vell über ihre Schriften ginge. Und gewiß
möcht
koͤnnen wir gewiſſermaßen die Griechen uͤbertref- fen, weil wir uns gerad an die wahren Gegenſtaͤn- de machen, die ſie verfehlt haben.“
„Nichts wirkt recht auf den Menſchen, was ſtille ſteht; aller Stillſtand wird bald Tod.“
„Es bleibt gewiß eine Kleinigkeit, einen Caͤſar, einen Brutus von außen auch vortreflich zu mahlen, und zu bildhauen, gegen das her- auszuhohlen, was in ihnen ſteckt. Auf der Ober- flaͤche kann man den Menſchen leicht kennen ler- nen: aber im Innern, in der Tiefe? da ge- hoͤrt ganz andrer Gehalt und Stand dazu.“
„Wer behaupten wollte, daß die bildende Kunſt uͤber Poeſie, Beredtſamkeit und Philo- ſophie ginge, muͤßte behaupten: daß eine Sta- tue oder Bruſtbild vom Homer, Pindar, De- moſthenes, Ariſtoteles, oder nehmen wir neuere, daß ein vollkommen, wie moͤglich auch, getroff- nes Bild in Farbe oder Stein von Arioſt, Macchia- vell uͤber ihre Schriften ginge. Und gewiß
moͤcht
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koͤnnen wir gewiſſermaßen die Griechen uͤbertref-
fen, weil wir uns gerad an die wahren Gegenſtaͤn-
de machen, die ſie verfehlt haben.“
„Nichts wirkt recht auf den Menſchen,
was ſtille ſteht; aller Stillſtand wird bald Tod.“
„Es bleibt gewiß eine Kleinigkeit, einen
Caͤſar, einen Brutus von außen auch vortreflich
zu mahlen, und zu bildhauen, gegen das her-
auszuhohlen, was in ihnen ſteckt. Auf der Ober-
flaͤche kann man den Menſchen leicht kennen ler-
nen: aber im Innern, in der Tiefe? da ge-
hoͤrt ganz andrer Gehalt und Stand dazu.“
„Wer behaupten wollte, daß die bildende
Kunſt uͤber Poeſie, Beredtſamkeit und Philo-
ſophie ginge, muͤßte behaupten: daß eine Sta-
tue oder Bruſtbild vom Homer, Pindar, De-
moſthenes, Ariſtoteles, oder nehmen wir neuere,
daß ein vollkommen, wie moͤglich auch, getroff-
nes Bild in Farbe oder Stein von Arioſt, Macchia-
vell uͤber ihre Schriften ginge. Und gewiß
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/378>, abgerufen am 25.11.2024.
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