Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

ches vorstellt Christum am Kreuz, wo der Er-
löser gesagt hat:" Weib, siehe, das ist dein
Sohn! "und zu dem Jünger, den er lieb hatte:"
siehe, das ist deine Mutter! "Unten auf beyden
Seiten mit der Mutter und dem Johannes,
sie rechts, dieser links; und an den Armen des
Gekreuzigten schweben zwey Engel in einem Ge-
witterhimmel voll Dunkelheit und Feuergewölk."

"Christus und die Madonna sind die er-
habensten tragischen Gestalten, die ich je in
Mahlerey gesehen habe. Christus ist ein lei-
dender Alexander, Hannibal, Cäsar, und was
man Großes und Erhabenes von Menschheit kennt.
Ein göttlicher Jüngling voll Güte für den großen
Haufen, welcher der Menge unterlag: ein
Tiberius Gracchus, und die Mutter eine Kor-
nelia, voll Geistesstärke und Größe."

"O wie verschwinden alle Madonnen, und
wie ist selbst Raphael, den ich bewundre und
liebe, wie den neuern Apelles, klein dagegen

und
Y 3

ches vorſtellt Chriſtum am Kreuz, wo der Er-
loͤſer geſagt hat:“ Weib, ſiehe, das iſt dein
Sohn! „und zu dem Juͤnger, den er lieb hatte:“
ſiehe, das iſt deine Mutter! „Unten auf beyden
Seiten mit der Mutter und dem Johannes,
ſie rechts, dieſer links; und an den Armen des
Gekreuzigten ſchweben zwey Engel in einem Ge-
witterhimmel voll Dunkelheit und Feuergewoͤlk.“

„Chriſtus und die Madonna ſind die er-
habenſten tragiſchen Geſtalten, die ich je in
Mahlerey geſehen habe. Chriſtus iſt ein lei-
dender Alexander, Hannibal, Caͤſar, und was
man Großes und Erhabenes von Menſchheit kennt.
Ein goͤttlicher Juͤngling voll Guͤte fuͤr den großen
Haufen, welcher der Menge unterlag: ein
Tiberius Gracchus, und die Mutter eine Kor-
nelia, voll Geiſtesſtaͤrke und Groͤße.“

„O wie verſchwinden alle Madonnen, und
wie iſt ſelbſt Raphael, den ich bewundre und
liebe, wie den neuern Apelles, klein dagegen

und
Y 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0347" n="341"/>
ches vor&#x017F;tellt <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tum am Kreuz,</hi> wo der Er-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;er ge&#x017F;agt hat:&#x201C; Weib, &#x017F;iehe, das i&#x017F;t dein<lb/>
Sohn! &#x201E;und zu dem Ju&#x0364;nger, den er lieb hatte:&#x201C;<lb/>
&#x017F;iehe, das i&#x017F;t deine Mutter! &#x201E;Unten auf beyden<lb/>
Seiten mit der Mutter und dem Johannes,<lb/>
&#x017F;ie rechts, die&#x017F;er links; und an den Armen des<lb/>
Gekreuzigten &#x017F;chweben zwey Engel in einem Ge-<lb/>
witterhimmel voll Dunkelheit und Feuergewo&#x0364;lk.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Chri&#x017F;tus und die Madonna &#x017F;ind die er-<lb/>
haben&#x017F;ten tragi&#x017F;chen Ge&#x017F;talten, die ich je in<lb/>
Mahlerey ge&#x017F;ehen habe. Chri&#x017F;tus i&#x017F;t ein lei-<lb/>
dender Alexander, Hannibal, Ca&#x0364;&#x017F;ar, und was<lb/>
man Großes und Erhabenes von Men&#x017F;chheit kennt.<lb/>
Ein go&#x0364;ttlicher Ju&#x0364;ngling voll Gu&#x0364;te fu&#x0364;r den großen<lb/>
Haufen, welcher der Menge unterlag: ein<lb/>
Tiberius Gracchus, und die Mutter eine Kor-<lb/>
nelia, voll Gei&#x017F;tes&#x017F;ta&#x0364;rke und Gro&#x0364;ße.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;O wie ver&#x017F;chwinden alle Madonnen, und<lb/>
wie i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t Raphael, den ich bewundre und<lb/>
liebe, wie den neuern Apelles, klein dagegen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 3</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0347] ches vorſtellt Chriſtum am Kreuz, wo der Er- loͤſer geſagt hat:“ Weib, ſiehe, das iſt dein Sohn! „und zu dem Juͤnger, den er lieb hatte:“ ſiehe, das iſt deine Mutter! „Unten auf beyden Seiten mit der Mutter und dem Johannes, ſie rechts, dieſer links; und an den Armen des Gekreuzigten ſchweben zwey Engel in einem Ge- witterhimmel voll Dunkelheit und Feuergewoͤlk.“ „Chriſtus und die Madonna ſind die er- habenſten tragiſchen Geſtalten, die ich je in Mahlerey geſehen habe. Chriſtus iſt ein lei- dender Alexander, Hannibal, Caͤſar, und was man Großes und Erhabenes von Menſchheit kennt. Ein goͤttlicher Juͤngling voll Guͤte fuͤr den großen Haufen, welcher der Menge unterlag: ein Tiberius Gracchus, und die Mutter eine Kor- nelia, voll Geiſtesſtaͤrke und Groͤße.“ „O wie verſchwinden alle Madonnen, und wie iſt ſelbſt Raphael, den ich bewundre und liebe, wie den neuern Apelles, klein dagegen und Y 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/347
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/347>, abgerufen am 22.06.2024.