Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Das erstemal wagte sie nicht, nach dir zu
fragen; aber das Spiel ihrer Blicke um mich,
deinetwegen, war mir ein Himmelreich. Sie
erröthete, wurde blaß, seufzte, suchte sich zu ver-
bergen: doch die Natur triumphirte: ihr Busen
wallte stärker, und sie kam endlich zu mir, und
ließ sich mit mir in ein Gespräch ein, lieblich
und traulich. Ich faßte mich dabey so, als ob
ich in diesen Augenblicken deiner nicht gedächte;
und sie ging froher von mir, sie mochte nun arg-
wohnen oder nicht argwohnen: denn sie mußte
fühlen, daß ich ihr wohl wollte, und dieß schon
vorher wissen.

Vor wenig Tagen ließ ich mich bey ihres
Vaters Pallast anfahren, bey welchem sie noch
immer wohnt, bis nach ihrer Niederkunft, um
ihren jüngsten Bruder zu besuchen, den ich nun
näher kenne; und als er nicht zu Hause war,
ging ich inzwischen zu seiner Mutter, und traf Cä-
cilien gerade bey ihr. Die Mutter verließ uns

denn

Das erſtemal wagte ſie nicht, nach dir zu
fragen; aber das Spiel ihrer Blicke um mich,
deinetwegen, war mir ein Himmelreich. Sie
erroͤthete, wurde blaß, ſeufzte, ſuchte ſich zu ver-
bergen: doch die Natur triumphirte: ihr Buſen
wallte ſtaͤrker, und ſie kam endlich zu mir, und
ließ ſich mit mir in ein Geſpraͤch ein, lieblich
und traulich. Ich faßte mich dabey ſo, als ob
ich in dieſen Augenblicken deiner nicht gedaͤchte;
und ſie ging froher von mir, ſie mochte nun arg-
wohnen oder nicht argwohnen: denn ſie mußte
fuͤhlen, daß ich ihr wohl wollte, und dieß ſchon
vorher wiſſen.

Vor wenig Tagen ließ ich mich bey ihres
Vaters Pallaſt anfahren, bey welchem ſie noch
immer wohnt, bis nach ihrer Niederkunft, um
ihren juͤngſten Bruder zu beſuchen, den ich nun
naͤher kenne; und als er nicht zu Hauſe war,
ging ich inzwiſchen zu ſeiner Mutter, und traf Caͤ-
cilien gerade bey ihr. Die Mutter verließ uns

denn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0266" n="260"/>
        <p>Das er&#x017F;temal wagte &#x017F;ie nicht, nach dir zu<lb/>
fragen; aber das Spiel ihrer Blicke um mich,<lb/>
deinetwegen, war mir ein Himmelreich. Sie<lb/>
erro&#x0364;thete, wurde blaß, &#x017F;eufzte, &#x017F;uchte &#x017F;ich zu ver-<lb/>
bergen: doch die Natur triumphirte: ihr Bu&#x017F;en<lb/>
wallte &#x017F;ta&#x0364;rker, und &#x017F;ie kam endlich zu mir, und<lb/>
ließ &#x017F;ich mit mir in ein Ge&#x017F;pra&#x0364;ch ein, lieblich<lb/>
und traulich. Ich faßte mich dabey &#x017F;o, als ob<lb/>
ich in die&#x017F;en Augenblicken deiner nicht geda&#x0364;chte;<lb/>
und &#x017F;ie ging froher von mir, &#x017F;ie mochte nun arg-<lb/>
wohnen oder nicht argwohnen: denn &#x017F;ie mußte<lb/>
fu&#x0364;hlen, daß ich ihr wohl wollte, und dieß &#x017F;chon<lb/>
vorher wi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Vor wenig Tagen ließ ich mich bey ihres<lb/>
Vaters Palla&#x017F;t anfahren, bey welchem &#x017F;ie noch<lb/>
immer wohnt, bis nach ihrer Niederkunft, um<lb/>
ihren ju&#x0364;ng&#x017F;ten Bruder zu be&#x017F;uchen, den ich nun<lb/>
na&#x0364;her kenne; und als er nicht zu Hau&#x017F;e war,<lb/>
ging ich inzwi&#x017F;chen zu &#x017F;einer Mutter, und traf Ca&#x0364;-<lb/>
cilien gerade bey ihr. Die Mutter verließ uns<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">denn</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0266] Das erſtemal wagte ſie nicht, nach dir zu fragen; aber das Spiel ihrer Blicke um mich, deinetwegen, war mir ein Himmelreich. Sie erroͤthete, wurde blaß, ſeufzte, ſuchte ſich zu ver- bergen: doch die Natur triumphirte: ihr Buſen wallte ſtaͤrker, und ſie kam endlich zu mir, und ließ ſich mit mir in ein Geſpraͤch ein, lieblich und traulich. Ich faßte mich dabey ſo, als ob ich in dieſen Augenblicken deiner nicht gedaͤchte; und ſie ging froher von mir, ſie mochte nun arg- wohnen oder nicht argwohnen: denn ſie mußte fuͤhlen, daß ich ihr wohl wollte, und dieß ſchon vorher wiſſen. Vor wenig Tagen ließ ich mich bey ihres Vaters Pallaſt anfahren, bey welchem ſie noch immer wohnt, bis nach ihrer Niederkunft, um ihren juͤngſten Bruder zu beſuchen, den ich nun naͤher kenne; und als er nicht zu Hauſe war, ging ich inzwiſchen zu ſeiner Mutter, und traf Caͤ- cilien gerade bey ihr. Die Mutter verließ uns denn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/266
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/266>, abgerufen am 22.11.2024.