"Wir sind unter vier Augen, erwiedert ich, um ihm das etwannige Mißtrauen gegen einen No- bile zu benehmen; denn ich fühlte den Zug der Liebe unwiederstehlich. Nach jenem unglückseli- gen Bunde war ein arger Staatsfehler nur ei- niger maßen wieder gut gemacht, den man vorher hätte vermeiden müssen. Und auch jetzt würden wir das süße Königreich, die Insul der Liebe, nicht eingebüßt haben, wenn man dem Sultan, als der Silen noch Statthalter in Cilicien gegen- über war, einige Fässer von ihrem Nektar wohl- feiler vergönnte; und die christlichen Freybeuter mit seinen weggekapperten schönen Knaben und Sclavinnen nicht allzu sicher zu Famaugusta in der Nachbarschaft einliefen."
"Unsre Braut scheint uns übrigens nicht mehr so treu bleiben zu wollen, wenn man auf Vorbedeutungen gehen darf. Sie wissen, daß das Fest schon vorgestern sollte gehalten werden; aber die wilde Göttin weigerte sich, war Auf-
ruhr
„Wir ſind unter vier Augen, erwiedert ich, um ihm das etwannige Mißtrauen gegen einen No- bile zu benehmen; denn ich fuͤhlte den Zug der Liebe unwiederſtehlich. Nach jenem ungluͤckſeli- gen Bunde war ein arger Staatsfehler nur ei- niger maßen wieder gut gemacht, den man vorher haͤtte vermeiden muͤſſen. Und auch jetzt wuͤrden wir das ſuͤße Koͤnigreich, die Inſul der Liebe, nicht eingebuͤßt haben, wenn man dem Sultan, als der Silen noch Statthalter in Cilicien gegen- uͤber war, einige Faͤſſer von ihrem Nektar wohl- feiler vergoͤnnte; und die chriſtlichen Freybeuter mit ſeinen weggekapperten ſchoͤnen Knaben und Sclavinnen nicht allzu ſicher zu Famauguſta in der Nachbarſchaft einliefen.“
„Unſre Braut ſcheint uns uͤbrigens nicht mehr ſo treu bleiben zu wollen, wenn man auf Vorbedeutungen gehen darf. Sie wiſſen, daß das Feſt ſchon vorgeſtern ſollte gehalten werden; aber die wilde Goͤttin weigerte ſich, war Auf-
ruhr
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0026"n="20"/><p>„Wir ſind unter vier Augen, erwiedert ich,<lb/>
um ihm das etwannige Mißtrauen gegen einen No-<lb/>
bile zu benehmen; denn ich fuͤhlte den Zug der<lb/>
Liebe unwiederſtehlich. Nach jenem ungluͤckſeli-<lb/>
gen Bunde war ein arger Staatsfehler nur ei-<lb/>
niger maßen wieder gut gemacht, den man vorher<lb/>
haͤtte vermeiden muͤſſen. Und auch jetzt wuͤrden wir<lb/>
das ſuͤße Koͤnigreich, die Inſul der Liebe, nicht<lb/>
eingebuͤßt haben, wenn man dem Sultan, als<lb/>
der Silen noch Statthalter in Cilicien gegen-<lb/>
uͤber war, einige Faͤſſer von ihrem Nektar wohl-<lb/>
feiler vergoͤnnte; und die chriſtlichen Freybeuter<lb/>
mit ſeinen weggekapperten ſchoͤnen Knaben und<lb/>
Sclavinnen nicht allzu ſicher zu Famauguſta in<lb/>
der Nachbarſchaft einliefen.“</p><lb/><p>„Unſre Braut ſcheint uns uͤbrigens nicht<lb/>
mehr ſo treu bleiben zu wollen, wenn man auf<lb/>
Vorbedeutungen gehen darf. Sie wiſſen, daß<lb/>
das Feſt ſchon vorgeſtern ſollte gehalten werden;<lb/>
aber die wilde Goͤttin weigerte ſich, war Auf-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ruhr</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[20/0026]
„Wir ſind unter vier Augen, erwiedert ich,
um ihm das etwannige Mißtrauen gegen einen No-
bile zu benehmen; denn ich fuͤhlte den Zug der
Liebe unwiederſtehlich. Nach jenem ungluͤckſeli-
gen Bunde war ein arger Staatsfehler nur ei-
niger maßen wieder gut gemacht, den man vorher
haͤtte vermeiden muͤſſen. Und auch jetzt wuͤrden wir
das ſuͤße Koͤnigreich, die Inſul der Liebe, nicht
eingebuͤßt haben, wenn man dem Sultan, als
der Silen noch Statthalter in Cilicien gegen-
uͤber war, einige Faͤſſer von ihrem Nektar wohl-
feiler vergoͤnnte; und die chriſtlichen Freybeuter
mit ſeinen weggekapperten ſchoͤnen Knaben und
Sclavinnen nicht allzu ſicher zu Famauguſta in
der Nachbarſchaft einliefen.“
„Unſre Braut ſcheint uns uͤbrigens nicht
mehr ſo treu bleiben zu wollen, wenn man auf
Vorbedeutungen gehen darf. Sie wiſſen, daß
das Feſt ſchon vorgeſtern ſollte gehalten werden;
aber die wilde Goͤttin weigerte ſich, war Auf-
ruhr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/26>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.