Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Den andern Morgen nach der Messe unter-
hielt ich mich noch ein parmal auf den Raub we-
nige Augenblicke allein mit Lucinden, die nun
wieder zu Kräften gekommen war; und erfuhr,
daß der Anführer der Räubergaleeren, den ich
niedergestoßen hatte, ein Liebhaber von Fulvia
gewesen sey, ein Genueser, der gefangen seinen
Glauben verläugnete, und alsdenn unter dem
berühmten Ulazal diente, größtem Seehelden
unsrer Zeiten. In sie entbrannt, ohne daß seine
Leidenschaft je ihr Ziel erreichte, unternahm er
die That nach hinlänglich eingezogner Nachricht
von allen Umständen der Hochzeit; und hätte
sie bald glücklich ausgeführt. Er war Bastard von
einem Adorno, und man nannte ihn zu Genua
Biondello. Jungfräulich versicherte sie mir,
daß die Braut noch ihre Ehre bewahrt hätte mit
heißen Bitten, und Beschwörungen, daß er sie
nur so lange verschonen möchte, bis er ans
Land käme, bey ihrem üblen Befinden; und sie sey

rein

Den andern Morgen nach der Meſſe unter-
hielt ich mich noch ein parmal auf den Raub we-
nige Augenblicke allein mit Lucinden, die nun
wieder zu Kraͤften gekommen war; und erfuhr,
daß der Anfuͤhrer der Raͤubergaleeren, den ich
niedergeſtoßen hatte, ein Liebhaber von Fulvia
geweſen ſey, ein Genueſer, der gefangen ſeinen
Glauben verlaͤugnete, und alsdenn unter dem
beruͤhmten Ulazal diente, groͤßtem Seehelden
unſrer Zeiten. In ſie entbrannt, ohne daß ſeine
Leidenſchaft je ihr Ziel erreichte, unternahm er
die That nach hinlaͤnglich eingezogner Nachricht
von allen Umſtaͤnden der Hochzeit; und haͤtte
ſie bald gluͤcklich ausgefuͤhrt. Er war Baſtard von
einem Adorno, und man nannte ihn zu Genua
Biondello. Jungfraͤulich verſicherte ſie mir,
daß die Braut noch ihre Ehre bewahrt haͤtte mit
heißen Bitten, und Beſchwoͤrungen, daß er ſie
nur ſo lange verſchonen moͤchte, bis er ans
Land kaͤme, bey ihrem uͤblen Befinden; und ſie ſey

rein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0206" n="200"/>
        <p>Den andern Morgen nach der Me&#x017F;&#x017F;e unter-<lb/>
hielt ich mich noch ein parmal auf den Raub we-<lb/>
nige Augenblicke allein mit Lucinden, die nun<lb/>
wieder zu Kra&#x0364;ften gekommen war; und erfuhr,<lb/>
daß der Anfu&#x0364;hrer der Ra&#x0364;ubergaleeren, den ich<lb/>
niederge&#x017F;toßen hatte, ein Liebhaber von Fulvia<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ey, ein Genue&#x017F;er, der gefangen &#x017F;einen<lb/>
Glauben verla&#x0364;ugnete, und alsdenn unter dem<lb/>
beru&#x0364;hmten <hi rendition="#fr">Ulazal</hi> diente, gro&#x0364;ßtem Seehelden<lb/>
un&#x017F;rer Zeiten. In &#x017F;ie entbrannt, ohne daß &#x017F;eine<lb/>
Leiden&#x017F;chaft je ihr Ziel erreichte, unternahm er<lb/>
die That nach hinla&#x0364;nglich eingezogner Nachricht<lb/>
von allen Um&#x017F;ta&#x0364;nden der Hochzeit; und ha&#x0364;tte<lb/>
&#x017F;ie bald glu&#x0364;cklich ausgefu&#x0364;hrt. Er war Ba&#x017F;tard von<lb/>
einem Adorno, und man nannte ihn zu Genua<lb/><hi rendition="#fr">Biondello</hi>. Jungfra&#x0364;ulich ver&#x017F;icherte &#x017F;ie mir,<lb/>
daß die Braut noch ihre Ehre bewahrt ha&#x0364;tte mit<lb/>
heißen Bitten, und Be&#x017F;chwo&#x0364;rungen, daß er &#x017F;ie<lb/>
nur &#x017F;o lange ver&#x017F;chonen mo&#x0364;chte, bis er ans<lb/>
Land ka&#x0364;me, bey ihrem u&#x0364;blen Befinden; und &#x017F;ie &#x017F;ey<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rein</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0206] Den andern Morgen nach der Meſſe unter- hielt ich mich noch ein parmal auf den Raub we- nige Augenblicke allein mit Lucinden, die nun wieder zu Kraͤften gekommen war; und erfuhr, daß der Anfuͤhrer der Raͤubergaleeren, den ich niedergeſtoßen hatte, ein Liebhaber von Fulvia geweſen ſey, ein Genueſer, der gefangen ſeinen Glauben verlaͤugnete, und alsdenn unter dem beruͤhmten Ulazal diente, groͤßtem Seehelden unſrer Zeiten. In ſie entbrannt, ohne daß ſeine Leidenſchaft je ihr Ziel erreichte, unternahm er die That nach hinlaͤnglich eingezogner Nachricht von allen Umſtaͤnden der Hochzeit; und haͤtte ſie bald gluͤcklich ausgefuͤhrt. Er war Baſtard von einem Adorno, und man nannte ihn zu Genua Biondello. Jungfraͤulich verſicherte ſie mir, daß die Braut noch ihre Ehre bewahrt haͤtte mit heißen Bitten, und Beſchwoͤrungen, daß er ſie nur ſo lange verſchonen moͤchte, bis er ans Land kaͤme, bey ihrem uͤblen Befinden; und ſie ſey rein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/206
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/206>, abgerufen am 18.05.2024.