ßerdem dem reizenden Geschöpf gewogen, und keiner von Herzen dem Bräutigam. Mancher machte sich in Rücksicht ihrer Hofnung, entweder sie ganz zu besitzen, um eine der reich- sten Parthieen von Venedig, noch unabgeweidet in frischer Blüthe; oder doch auf irgend eine Ge- fälligkeit bey solcher Lage Rechnung. Wenn ein Mensch einmal todt ist, hört bald alle Gunst auf; und wer am Leben bleibt, hat immer das beste Spiel. Dieß ist in der Natur der Dinge; ei- nem Todten ist doch nicht mehr zu helfen, denken sie, und es kömmt dabey nichts heraus. So gings zu Venedig, wohin Cäcilia sich noch dieselbe Nacht unter Begleitung ihrer Brüder und der Verwandten ihres Bräutigams, mit etlichen Personen vom Raht, auf den Weg machen mußte, bis ihre Schwangerschaft sich völlig offenbahrte. Sie wurde zwar nach der Form gehörig bewacht und be- fragt: allein da man gar keine Angaben, nicht den geringsten Verdacht, und sie einen Bartolus und
Bal-
ßerdem dem reizenden Geſchoͤpf gewogen, und keiner von Herzen dem Braͤutigam. Mancher machte ſich in Ruͤckſicht ihrer Hofnung, entweder ſie ganz zu beſitzen, um eine der reich- ſten Parthieen von Venedig, noch unabgeweidet in friſcher Bluͤthe; oder doch auf irgend eine Ge- faͤlligkeit bey ſolcher Lage Rechnung. Wenn ein Menſch einmal todt iſt, hoͤrt bald alle Gunſt auf; und wer am Leben bleibt, hat immer das beſte Spiel. Dieß iſt in der Natur der Dinge; ei- nem Todten iſt doch nicht mehr zu helfen, denken ſie, und es koͤmmt dabey nichts heraus. So gings zu Venedig, wohin Caͤcilia ſich noch dieſelbe Nacht unter Begleitung ihrer Bruͤder und der Verwandten ihres Braͤutigams, mit etlichen Perſonen vom Raht, auf den Weg machen mußte, bis ihre Schwangerſchaft ſich voͤllig offenbahrte. Sie wurde zwar nach der Form gehoͤrig bewacht und be- fragt: allein da man gar keine Angaben, nicht den geringſten Verdacht, und ſie einen Bartolus und
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ßerdem dem reizenden Geſchoͤpf gewogen,
und keiner von Herzen dem Braͤutigam.
Mancher machte ſich in Ruͤckſicht ihrer Hofnung,
entweder ſie ganz zu beſitzen, um eine der reich-
ſten Parthieen von Venedig, noch unabgeweidet
in friſcher Bluͤthe; oder doch auf irgend eine Ge-
faͤlligkeit bey ſolcher Lage Rechnung. Wenn ein
Menſch einmal todt iſt, hoͤrt bald alle Gunſt auf;
und wer am Leben bleibt, hat immer das beſte
Spiel. Dieß iſt in der Natur der Dinge; ei-
nem Todten iſt doch nicht mehr zu helfen, denken
ſie, und es koͤmmt dabey nichts heraus. So
gings zu Venedig, wohin Caͤcilia ſich noch dieſelbe
Nacht unter Begleitung ihrer Bruͤder und der
Verwandten ihres Braͤutigams, mit etlichen
Perſonen vom Raht, auf den Weg machen mußte,
bis ihre Schwangerſchaft ſich voͤllig offenbahrte. Sie
wurde zwar nach der Form gehoͤrig bewacht und be-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/165>, abgerufen am 22.11.2024.
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