Heine, Heinrich. Deutschland. Ein Wintermährchen. In: Ders.: Neue Gedichte, 1. Auflage. Hamburg, 1844."Willkommen, mein Junge, das ist mir lieb, Daß du mich nicht vergessen; Seit dreizehn Jahren sah ich dich nicht, Mir ging es schlecht unterdessen. "Zu Biberich hab' ich Steine verschluckt, Wahrhaftig, sie schmeckten nicht lecker! Doch schwerer liegen im Magen mir Die Verse von Niklas Becker. "Er hat mich besungen, als ob ich noch Die reinste Jungfer wäre, Die sich von niemand rauben läßt Das Kränzlein ihrer Ehre. "Wenn ich es höre, das dumme Lied, Dann möcht ich mir zerraufen Den weißen Bart, ich möchte fürwahr Mich in mir selbst ersaufen! „Willkommen, mein Junge, das ist mir lieb, Daß du mich nicht vergessen; Seit dreizehn Jahren sah ich dich nicht, Mir ging es schlecht unterdessen. „Zu Biberich hab’ ich Steine verschluckt, Wahrhaftig, sie schmeckten nicht lecker! Doch schwerer liegen im Magen mir Die Verse von Niklas Becker. „Er hat mich besungen, als ob ich noch Die reinste Jungfer wäre, Die sich von niemand rauben läßt Das Kränzlein ihrer Ehre. „Wenn ich es höre, das dumme Lied, Dann möcht ich mir zerraufen Den weißen Bart, ich möchte fürwahr Mich in mir selbst ersaufen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0023" n="299"/> <lg type="poem"> <lg> <l>„Willkommen, mein Junge, das ist mir lieb,</l><lb/> <l>Daß du mich nicht vergessen;</l><lb/> <l>Seit dreizehn Jahren sah ich dich nicht,</l><lb/> <l>Mir ging es schlecht unterdessen.</l><lb/> </lg> <lg> <l>„Zu Biberich hab’ ich Steine verschluckt,</l><lb/> <l>Wahrhaftig, sie schmeckten nicht lecker!</l><lb/> <l>Doch schwerer liegen im Magen mir</l><lb/> <l>Die Verse von Niklas Becker.</l><lb/> </lg> <lg> <l>„Er hat mich besungen, als ob ich noch</l><lb/> <l>Die reinste Jungfer wäre,</l><lb/> <l>Die sich von niemand rauben läßt</l><lb/> <l>Das Kränzlein ihrer Ehre.</l><lb/> </lg> <lg> <l>„Wenn ich es höre, das dumme Lied,</l><lb/> <l>Dann möcht ich mir zerraufen</l><lb/> <l>Den weißen Bart, ich möchte fürwahr</l><lb/> <l>Mich in mir selbst ersaufen!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [299/0023]
„Willkommen, mein Junge, das ist mir lieb,
Daß du mich nicht vergessen;
Seit dreizehn Jahren sah ich dich nicht,
Mir ging es schlecht unterdessen.
„Zu Biberich hab’ ich Steine verschluckt,
Wahrhaftig, sie schmeckten nicht lecker!
Doch schwerer liegen im Magen mir
Die Verse von Niklas Becker.
„Er hat mich besungen, als ob ich noch
Die reinste Jungfer wäre,
Die sich von niemand rauben läßt
Das Kränzlein ihrer Ehre.
„Wenn ich es höre, das dumme Lied,
Dann möcht ich mir zerraufen
Den weißen Bart, ich möchte fürwahr
Mich in mir selbst ersaufen!
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Zitationshilfe: | Heine, Heinrich. Deutschland. Ein Wintermährchen. In: Ders.: Neue Gedichte, 1. Auflage. Hamburg, 1844, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_wintermaehrchen1_1844/23>, abgerufen am 03.07.2024. |