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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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in der Kutte hin und her, wenn er, unter den
Englein mit weißen Flüglein sich selber dachte als
ein Englein mit weißen Flüglein. Minder ergötz¬
lich, ja sogar sehr praktisch ernsthaft war seine
Schilderung der Hölle. Hier war der Mann weit
mehr in seinem Ellemente. Er eiferte besonders
über die Sünder, die nicht mehr so recht kristlich
ans alte Feuer der Hölle glauben, und sogar
wähnen, sie habe sich in neuerer Zeit etwas abge¬
kühlt und werde nächstens ganz und gar erlöschen.
"Und wäre auch," rief er, "die Hölle am Erlö¬
schen, so würde ich, ich mit meinem Athem, die
letzten glimmenden Kohlen wieder anfachen, daß
sie wieder auflodern sollten zu ihrer alten Flam¬
mengluth." Hörte man nun die Stimme, die
gleich dem Nordwind diese Worte hervorheulte,
sah man dabey das brennende Gesicht, den rothen,
büffelstarken Hals, und die gewaltigen Fäuste des
Mannes, so hielt man jene höllische Drohung für
keine Hyperbel.

in der Kutte hin und her, wenn er, unter den
Englein mit weißen Fluͤglein ſich ſelber dachte als
ein Englein mit weißen Fluͤglein. Minder ergoͤtz¬
lich, ja ſogar ſehr praktiſch ernſthaft war ſeine
Schilderung der Hoͤlle. Hier war der Mann weit
mehr in ſeinem Ellemente. Er eiferte beſonders
uͤber die Suͤnder, die nicht mehr ſo recht kriſtlich
ans alte Feuer der Hoͤlle glauben, und ſogar
waͤhnen, ſie habe ſich in neuerer Zeit etwas abge¬
kuͤhlt und werde naͤchſtens ganz und gar erloͤſchen.
„Und waͤre auch,“ rief er, „die Hoͤlle am Erloͤ¬
ſchen, ſo wuͤrde ich, ich mit meinem Athem, die
letzten glimmenden Kohlen wieder anfachen, daß
ſie wieder auflodern ſollten zu ihrer alten Flam¬
mengluth.“ Hoͤrte man nun die Stimme, die
gleich dem Nordwind dieſe Worte hervorheulte,
ſah man dabey das brennende Geſicht, den rothen,
buͤffelſtarken Hals, und die gewaltigen Faͤuſte des
Mannes, ſo hielt man jene hoͤlliſche Drohung fuͤr
keine Hyperbel.

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[66/0080] in der Kutte hin und her, wenn er, unter den Englein mit weißen Fluͤglein ſich ſelber dachte als ein Englein mit weißen Fluͤglein. Minder ergoͤtz¬ lich, ja ſogar ſehr praktiſch ernſthaft war ſeine Schilderung der Hoͤlle. Hier war der Mann weit mehr in ſeinem Ellemente. Er eiferte beſonders uͤber die Suͤnder, die nicht mehr ſo recht kriſtlich ans alte Feuer der Hoͤlle glauben, und ſogar waͤhnen, ſie habe ſich in neuerer Zeit etwas abge¬ kuͤhlt und werde naͤchſtens ganz und gar erloͤſchen. „Und waͤre auch,“ rief er, „die Hoͤlle am Erloͤ¬ ſchen, ſo wuͤrde ich, ich mit meinem Athem, die letzten glimmenden Kohlen wieder anfachen, daß ſie wieder auflodern ſollten zu ihrer alten Flam¬ mengluth.“ Hoͤrte man nun die Stimme, die gleich dem Nordwind dieſe Worte hervorheulte, ſah man dabey das brennende Geſicht, den rothen, buͤffelſtarken Hals, und die gewaltigen Faͤuſte des Mannes, ſo hielt man jene hoͤlliſche Drohung fuͤr keine Hyperbel.

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/80>, abgerufen am 03.12.2024.