jenen kurzen, über einander gebauten Säulchen geziert ist, die uns so witzig trübe ansehen. In¬ wendig waren Pfeiler und Wände mit rothem Tuche überkleidet, und heitere Musik ergoß sich über die wogende Menschenmenge. Ich führte Signora Franscheska am Arm, und als ich ihr beim Eintritt das Weihwasser reichte, und durch die süßfeuchte Fingerberührung unsere Seelen elek¬ trisirt wurden, bekam ich auch zu gleicher Zeit einen elektrischen Schlag ans Bein, daß ich vor Schreck fast hinpurzelte über die knienden Bäu¬ rinnen, die ganz weiß gekleidet und mit langen Ohrringen, und Halsketten von gelbem Golde belastet, in dichten Haufen den Boden bedeckten. Als ich mich umsah, erblickte ich ein ebenfalls kniendes Frauenzimmer, das sich fächerte, und hinter dem Fächer erspähte ich Myladys kichernde Augen. Ich beugte mich zu ihr hinab, und sie hauchte mir schmachtend ins Ohr: delightfull! Um Gottes willen! flüsterte ich ihr zu, bleiben
jenen kurzen, uͤber einander gebauten Saͤulchen geziert iſt, die uns ſo witzig truͤbe anſehen. In¬ wendig waren Pfeiler und Waͤnde mit rothem Tuche uͤberkleidet, und heitere Muſik ergoß ſich uͤber die wogende Menſchenmenge. Ich fuͤhrte Signora Franſcheska am Arm, und als ich ihr beim Eintritt das Weihwaſſer reichte, und durch die ſuͤßfeuchte Fingerberuͤhrung unſere Seelen elek¬ triſirt wurden, bekam ich auch zu gleicher Zeit einen elektriſchen Schlag ans Bein, daß ich vor Schreck faſt hinpurzelte uͤber die knienden Baͤu¬ rinnen, die ganz weiß gekleidet und mit langen Ohrringen, und Halsketten von gelbem Golde belaſtet, in dichten Haufen den Boden bedeckten. Als ich mich umſah, erblickte ich ein ebenfalls kniendes Frauenzimmer, das ſich faͤcherte, und hinter dem Faͤcher erſpaͤhte ich Myladys kichernde Augen. Ich beugte mich zu ihr hinab, und ſie hauchte mir ſchmachtend ins Ohr: delightfull! Um Gottes willen! fluͤſterte ich ihr zu, bleiben
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jenen kurzen, uͤber einander gebauten Saͤulchen
geziert iſt, die uns ſo witzig truͤbe anſehen. In¬
wendig waren Pfeiler und Waͤnde mit rothem
Tuche uͤberkleidet, und heitere Muſik ergoß ſich
uͤber die wogende Menſchenmenge. Ich fuͤhrte
Signora Franſcheska am Arm, und als ich ihr
beim Eintritt das Weihwaſſer reichte, und durch
die ſuͤßfeuchte Fingerberuͤhrung unſere Seelen elek¬
triſirt wurden, bekam ich auch zu gleicher Zeit
einen elektriſchen Schlag ans Bein, daß ich vor
Schreck faſt hinpurzelte uͤber die knienden Baͤu¬
rinnen, die ganz weiß gekleidet und mit langen
Ohrringen, und Halsketten von gelbem Golde
belaſtet, in dichten Haufen den Boden bedeckten.
Als ich mich umſah, erblickte ich ein ebenfalls
kniendes Frauenzimmer, das ſich faͤcherte, und
hinter dem Faͤcher erſpaͤhte ich Myladys kichernde
Augen. Ich beugte mich zu ihr hinab, und ſie
hauchte mir ſchmachtend ins Ohr: delightfull!
Um Gottes willen! fluͤſterte ich ihr zu, bleiben
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/67>, abgerufen am 21.11.2024.
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