Vermählungsfest mit dem Tode feyert und Schön¬ heit und Jugend dazu eingeladen hat. Ja, es war so ein lebendes Todtenfest, ich weiß nicht wie es im Kalender genannt wird, auf jeden Fall so ein Schindungstag irgend eines geduldigen Mar¬ tyrers, denn ich sah nachher einen heiligen Todten¬ schädel und noch einige Extra-Knochen, mit Blu¬ men und Edelsteinen geziert, und unter hochzeitli¬ cher Musik herumtragen. Es war eine schöne Prozession.
Voran gingen die Kapuziner, die sich von den anderen Mönchen durch lange Bärte auszeichneten, und gleichsam die Sapeurs dieser Glaubensarmee bildeten. Darauf folgten Kapuziner ohne Bärte, worunter viele männlich edle Gesichter, sogar manch jugendlich schönes Gesicht, das die breite Tonsur sehr gut kleidete, weil der Kopf dadurch wie mit einem zierlichen Haarkranz umflochten schien, und sammt dem bloßen Nacken recht anmuthig aus der braunen Kutte hervortrat.
3
Vermaͤhlungsfeſt mit dem Tode feyert und Schoͤn¬ heit und Jugend dazu eingeladen hat. Ja, es war ſo ein lebendes Todtenfeſt, ich weiß nicht wie es im Kalender genannt wird, auf jeden Fall ſo ein Schindungstag irgend eines geduldigen Mar¬ tyrers, denn ich ſah nachher einen heiligen Todten¬ ſchaͤdel und noch einige Extra-Knochen, mit Blu¬ men und Edelſteinen geziert, und unter hochzeitli¬ cher Muſik herumtragen. Es war eine ſchoͤne Prozeſſion.
Voran gingen die Kapuziner, die ſich von den anderen Moͤnchen durch lange Baͤrte auszeichneten, und gleichſam die Sapeurs dieſer Glaubensarmee bildeten. Darauf folgten Kapuziner ohne Baͤrte, worunter viele maͤnnlich edle Geſichter, ſogar manch jugendlich ſchoͤnes Geſicht, das die breite Tonſur ſehr gut kleidete, weil der Kopf dadurch wie mit einem zierlichen Haarkranz umflochten ſchien, und ſammt dem bloßen Nacken recht anmuthig aus der braunen Kutte hervortrat.
3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0047"n="33"/>
Vermaͤhlungsfeſt mit dem Tode feyert und Schoͤn¬<lb/>
heit und Jugend dazu eingeladen hat. Ja, es<lb/>
war ſo ein lebendes Todtenfeſt, ich weiß nicht wie<lb/>
es im Kalender genannt wird, auf jeden Fall ſo<lb/>
ein Schindungstag irgend eines geduldigen Mar¬<lb/>
tyrers, denn ich ſah nachher einen heiligen Todten¬<lb/>ſchaͤdel und noch einige Extra-Knochen, mit Blu¬<lb/>
men und Edelſteinen geziert, und unter hochzeitli¬<lb/>
cher Muſik herumtragen. Es war eine ſchoͤne<lb/>
Prozeſſion.</p><lb/><p>Voran gingen die Kapuziner, die ſich von den<lb/>
anderen Moͤnchen durch lange Baͤrte auszeichneten,<lb/>
und gleichſam die Sapeurs dieſer Glaubensarmee<lb/>
bildeten. Darauf folgten Kapuziner ohne Baͤrte,<lb/>
worunter viele maͤnnlich edle Geſichter, ſogar<lb/>
manch jugendlich ſchoͤnes Geſicht, das die breite<lb/>
Tonſur ſehr gut kleidete, weil der Kopf dadurch<lb/>
wie mit einem zierlichen Haarkranz umflochten<lb/>ſchien, und ſammt dem bloßen Nacken recht<lb/>
anmuthig aus der braunen Kutte hervortrat.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">3<lb/></fw></div></div></body></text></TEI>
[33/0047]
Vermaͤhlungsfeſt mit dem Tode feyert und Schoͤn¬
heit und Jugend dazu eingeladen hat. Ja, es
war ſo ein lebendes Todtenfeſt, ich weiß nicht wie
es im Kalender genannt wird, auf jeden Fall ſo
ein Schindungstag irgend eines geduldigen Mar¬
tyrers, denn ich ſah nachher einen heiligen Todten¬
ſchaͤdel und noch einige Extra-Knochen, mit Blu¬
men und Edelſteinen geziert, und unter hochzeitli¬
cher Muſik herumtragen. Es war eine ſchoͤne
Prozeſſion.
Voran gingen die Kapuziner, die ſich von den
anderen Moͤnchen durch lange Baͤrte auszeichneten,
und gleichſam die Sapeurs dieſer Glaubensarmee
bildeten. Darauf folgten Kapuziner ohne Baͤrte,
worunter viele maͤnnlich edle Geſichter, ſogar
manch jugendlich ſchoͤnes Geſicht, das die breite
Tonſur ſehr gut kleidete, weil der Kopf dadurch
wie mit einem zierlichen Haarkranz umflochten
ſchien, und ſammt dem bloßen Nacken recht
anmuthig aus der braunen Kutte hervortrat.
3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/47>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.