den weißen Spitzen dieser Chorhemden herausgucken, die aufgeklärten Bäuche, denen jene Meßgewänder viel zu weit, Alles würde unser Einen daran er¬ innern, daß keine katholische Geistliche, sondern berliner Weltliche über die Bühne wandeln.
Ich habe oft darüber nachgedacht, ob der Ge¬ neralintendant jenen Zug nicht viel besser darstellen und uns das Bild einer Prozession viel treuer vor Augen bringen könnte, wenn er die Rollen der katholischen Pfaffen nicht mehr von den gewöhn¬ lichen Statisten, sondern von jenen protestantischen Geistlichen spielen ließe, die in der theologischen Fakultät, in der Kirchenzeitung und auf den Kan¬ zeln am orthodoxesten gegen Vernunft, Weltlust, Gesenius und Teufelthum zu predigen wissen. Es würden dann Gesichter zum Vorschein kommen, deren pfäffisches Gepräge gewiß jenen Rollen viel täuschender entspräche. Ist es doch eine bekannte Bemerkung, daß die Pfaffen in der ganzen Welt, Rabinen, Muftis, Dominikaner, Consistorialräthe,
den weißen Spitzen dieſer Chorhemden herausgucken, die aufgeklaͤrten Baͤuche, denen jene Meßgewaͤnder viel zu weit, Alles wuͤrde unſer Einen daran er¬ innern, daß keine katholiſche Geiſtliche, ſondern berliner Weltliche uͤber die Buͤhne wandeln.
Ich habe oft daruͤber nachgedacht, ob der Ge¬ neralintendant jenen Zug nicht viel beſſer darſtellen und uns das Bild einer Prozeſſion viel treuer vor Augen bringen koͤnnte, wenn er die Rollen der katholiſchen Pfaffen nicht mehr von den gewoͤhn¬ lichen Statiſten, ſondern von jenen proteſtantiſchen Geiſtlichen ſpielen ließe, die in der theologiſchen Fakultaͤt, in der Kirchenzeitung und auf den Kan¬ zeln am orthodoxeſten gegen Vernunft, Weltluſt, Geſenius und Teufelthum zu predigen wiſſen. Es wuͤrden dann Geſichter zum Vorſchein kommen, deren pfaͤffiſches Gepraͤge gewiß jenen Rollen viel taͤuſchender entſpraͤche. Iſt es doch eine bekannte Bemerkung, daß die Pfaffen in der ganzen Welt, Rabinen, Muftis, Dominikaner, Conſiſtorialraͤthe,
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den weißen Spitzen dieſer Chorhemden herausgucken,
die aufgeklaͤrten Baͤuche, denen jene Meßgewaͤnder
viel zu weit, Alles wuͤrde unſer Einen daran er¬
innern, daß keine katholiſche Geiſtliche, ſondern
berliner Weltliche uͤber die Buͤhne wandeln.
Ich habe oft daruͤber nachgedacht, ob der Ge¬
neralintendant jenen Zug nicht viel beſſer darſtellen
und uns das Bild einer Prozeſſion viel treuer vor
Augen bringen koͤnnte, wenn er die Rollen der
katholiſchen Pfaffen nicht mehr von den gewoͤhn¬
lichen Statiſten, ſondern von jenen proteſtantiſchen
Geiſtlichen ſpielen ließe, die in der theologiſchen
Fakultaͤt, in der Kirchenzeitung und auf den Kan¬
zeln am orthodoxeſten gegen Vernunft, Weltluſt,
Geſenius und Teufelthum zu predigen wiſſen. Es
wuͤrden dann Geſichter zum Vorſchein kommen,
deren pfaͤffiſches Gepraͤge gewiß jenen Rollen viel
taͤuſchender entſpraͤche. Iſt es doch eine bekannte
Bemerkung, daß die Pfaffen in der ganzen Welt,
Rabinen, Muftis, Dominikaner, Conſiſtorialraͤthe,
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/40>, abgerufen am 18.12.2024.
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