Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

abstimmen, oder vielmehr Fallenlassen des Aus¬
drucks, der Gebehrde und der Stimme, welches
Brougham in einer Vollkommenheit besitzt, wie
es bey gar keinem anderen Redner gefunden wird,
bringt eine wunderbare Wirkung hervor; und jene
tiefen, feyerlichen, fast hingemurmelten Worte, die
jedoch bis auf den Anhauch jeder einzelnen Sylbe
vollkommen vernehmbar sind, tragen in sich eine
Zaubergewalt, der man nicht widerstehen kann,
selbst wenn man sie zum erstenmale hört und
ihre eigentliche Bedeutung und Wirkung noch nicht
kennen gelernt hat. Man glaube nur nicht etwa,
der Redner oder die Rede sey erschöpft. Diese
gemilderten Blicke, diese gedämpften Töne bedeuten
nichts weniger als den Anfang einer Perorazio,
womit der Redner, als ob er fühle, daß er etwas
zu weit gegangen, seine Gegner wieder besänftigen
will. Im Gegentheil, dieses Zusammenkrümmen
des Leibes ist kein Zeichen von Schwäche, und
dieses Fallenlassen der Stimme ist kein Vorspiel

abſtimmen, oder vielmehr Fallenlaſſen des Aus¬
drucks, der Gebehrde und der Stimme, welches
Brougham in einer Vollkommenheit beſitzt, wie
es bey gar keinem anderen Redner gefunden wird,
bringt eine wunderbare Wirkung hervor; und jene
tiefen, feyerlichen, faſt hingemurmelten Worte, die
jedoch bis auf den Anhauch jeder einzelnen Sylbe
vollkommen vernehmbar ſind, tragen in ſich eine
Zaubergewalt, der man nicht widerſtehen kann,
ſelbſt wenn man ſie zum erſtenmale hoͤrt und
ihre eigentliche Bedeutung und Wirkung noch nicht
kennen gelernt hat. Man glaube nur nicht etwa,
der Redner oder die Rede ſey erſchoͤpft. Dieſe
gemilderten Blicke, dieſe gedaͤmpften Toͤne bedeuten
nichts weniger als den Anfang einer Perorazio,
womit der Redner, als ob er fuͤhle, daß er etwas
zu weit gegangen, ſeine Gegner wieder beſaͤnftigen
will. Im Gegentheil, dieſes Zuſammenkruͤmmen
des Leibes iſt kein Zeichen von Schwaͤche, und
dieſes Fallenlaſſen der Stimme iſt kein Vorſpiel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0275" n="261"/>
ab&#x017F;timmen, oder vielmehr Fallenla&#x017F;&#x017F;en des Aus¬<lb/>
drucks, der Gebehrde und der Stimme, welches<lb/>
Brougham in einer Vollkommenheit be&#x017F;itzt, wie<lb/>
es bey gar keinem anderen Redner gefunden wird,<lb/>
bringt eine wunderbare Wirkung hervor; und jene<lb/>
tiefen, feyerlichen, fa&#x017F;t hingemurmelten Worte, die<lb/>
jedoch bis auf den Anhauch jeder einzelnen Sylbe<lb/>
vollkommen vernehmbar &#x017F;ind, tragen in &#x017F;ich eine<lb/>
Zaubergewalt, der man nicht wider&#x017F;tehen kann,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t wenn man &#x017F;ie zum er&#x017F;tenmale ho&#x0364;rt und<lb/>
ihre eigentliche Bedeutung und Wirkung noch nicht<lb/>
kennen gelernt hat. Man glaube nur nicht etwa,<lb/>
der Redner oder die Rede &#x017F;ey er&#x017F;cho&#x0364;pft. Die&#x017F;e<lb/>
gemilderten Blicke, die&#x017F;e geda&#x0364;mpften To&#x0364;ne bedeuten<lb/>
nichts weniger als den Anfang einer Perorazio,<lb/>
womit der Redner, als ob er fu&#x0364;hle, daß er etwas<lb/>
zu weit gegangen, &#x017F;eine Gegner wieder be&#x017F;a&#x0364;nftigen<lb/>
will. Im Gegentheil, die&#x017F;es Zu&#x017F;ammenkru&#x0364;mmen<lb/>
des Leibes i&#x017F;t kein Zeichen von Schwa&#x0364;che, und<lb/>
die&#x017F;es Fallenla&#x017F;&#x017F;en der Stimme i&#x017F;t kein Vor&#x017F;piel<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0275] abſtimmen, oder vielmehr Fallenlaſſen des Aus¬ drucks, der Gebehrde und der Stimme, welches Brougham in einer Vollkommenheit beſitzt, wie es bey gar keinem anderen Redner gefunden wird, bringt eine wunderbare Wirkung hervor; und jene tiefen, feyerlichen, faſt hingemurmelten Worte, die jedoch bis auf den Anhauch jeder einzelnen Sylbe vollkommen vernehmbar ſind, tragen in ſich eine Zaubergewalt, der man nicht widerſtehen kann, ſelbſt wenn man ſie zum erſtenmale hoͤrt und ihre eigentliche Bedeutung und Wirkung noch nicht kennen gelernt hat. Man glaube nur nicht etwa, der Redner oder die Rede ſey erſchoͤpft. Dieſe gemilderten Blicke, dieſe gedaͤmpften Toͤne bedeuten nichts weniger als den Anfang einer Perorazio, womit der Redner, als ob er fuͤhle, daß er etwas zu weit gegangen, ſeine Gegner wieder beſaͤnftigen will. Im Gegentheil, dieſes Zuſammenkruͤmmen des Leibes iſt kein Zeichen von Schwaͤche, und dieſes Fallenlaſſen der Stimme iſt kein Vorſpiel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/275
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/275>, abgerufen am 08.05.2024.