Recht haben, Volksrepräsentanten ins Parlament zu schicken, während große, bevölkerte Städte, namentlich viele neuere Fabrikstädte, keinen einzi¬ gen Repräsentanten zu wählen haben; die heilsame Abhülfe dieses Gebrechens ist die sogenannte Par¬ lamentsreform. Nun freylich, diese betrachtet man nicht als Zweck, sondern als Mittel. Man hofft, daß das Volk dadurch auch eine bessere Vertretung seiner Interessen, Abschaffung aristokratischer Mi߬ bräuche und Hülfe in seiner Noth gewinnen würde. Es läßt sich denken, daß die Parlaments¬ reform, diese gerechte, billige Anforderung, auch unter den gemäßigten Menschen, die nichts weni¬ ger als Jacobiner sind, ihre Verfechter findet, und wenn man solche Leute reformers nennt, betont man dieses Wort ganz anders, und himmelweit ist es alsdann unterschieden von dem Worte ra¬ dical, auf dem ein ganz anderer Ton gelegt wird, wenn man z. B. von Hunt oder Cobbett, kurz von jenen heftigen, fletschenden Revolutionären
Recht haben, Volksrepraͤſentanten ins Parlament zu ſchicken, waͤhrend große, bevoͤlkerte Staͤdte, namentlich viele neuere Fabrikſtaͤdte, keinen einzi¬ gen Repraͤſentanten zu waͤhlen haben; die heilſame Abhuͤlfe dieſes Gebrechens iſt die ſogenannte Par¬ lamentsreform. Nun freylich, dieſe betrachtet man nicht als Zweck, ſondern als Mittel. Man hofft, daß das Volk dadurch auch eine beſſere Vertretung ſeiner Intereſſen, Abſchaffung ariſtokratiſcher Mi߬ braͤuche und Huͤlfe in ſeiner Noth gewinnen wuͤrde. Es laͤßt ſich denken, daß die Parlaments¬ reform, dieſe gerechte, billige Anforderung, auch unter den gemaͤßigten Menſchen, die nichts weni¬ ger als Jacobiner ſind, ihre Verfechter findet, und wenn man ſolche Leute reformers nennt, betont man dieſes Wort ganz anders, und himmelweit iſt es alsdann unterſchieden von dem Worte ra¬ dical, auf dem ein ganz anderer Ton gelegt wird, wenn man z. B. von Hunt oder Cobbett, kurz von jenen heftigen, fletſchenden Revolutionaͤren
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Recht haben, Volksrepraͤſentanten ins Parlament
zu ſchicken, waͤhrend große, bevoͤlkerte Staͤdte,
namentlich viele neuere Fabrikſtaͤdte, keinen einzi¬
gen Repraͤſentanten zu waͤhlen haben; die heilſame
Abhuͤlfe dieſes Gebrechens iſt die ſogenannte Par¬
lamentsreform. Nun freylich, dieſe betrachtet man
nicht als Zweck, ſondern als Mittel. Man hofft,
daß das Volk dadurch auch eine beſſere Vertretung
ſeiner Intereſſen, Abſchaffung ariſtokratiſcher Mi߬
braͤuche und Huͤlfe in ſeiner Noth gewinnen
wuͤrde. Es laͤßt ſich denken, daß die Parlaments¬
reform, dieſe gerechte, billige Anforderung, auch
unter den gemaͤßigten Menſchen, die nichts weni¬
ger als Jacobiner ſind, ihre Verfechter findet, und
wenn man ſolche Leute reformers nennt, betont
man dieſes Wort ganz anders, und himmelweit
iſt es alsdann unterſchieden von dem Worte ra¬
dical, auf dem ein ganz anderer Ton gelegt wird,
wenn man z. B. von Hunt oder Cobbett, kurz
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/263>, abgerufen am 16.01.2025.
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