nur der Rüge anderer Leute zuvorkommen, deren Gesinnung er durch dritte Hand erfor¬ schen lassen. Indessen, man hat ihm schlecht berichtet, ich werde mir nie in dieser Hinsicht einen Pathos zu Schulden kommen lassen, der edle Graf ist mir vielmehr eine ergötzliche Er¬ scheinung, und in seiner erlauchten Liebhaberey sehe ich nur etwas Unzeitgemäßes, nur die zag¬ haft verschämte Parodie eines antiken Uebermuths. Das ist es ja eben, jene Liebhaberey war im Alterthum nicht in Widerspruch mit den Sitten, und gab sich kund mit heroischer Oeffentlichkeit. Als z. B. der Kaiser Nero, auf Schiffen, die mit Gold und Elfenbein ausgelegt waren, ein Gastmahl hielt, das einige Millionen kostete, ließ er sich mit Einem aus dem Jünglingsserail, Na¬ mens Pythagoras, feyerlich einsegnen, (cuncta denique spectata quae etiam in femina nox operit) und steckte nachher mit der Hochzeits¬ fackel die Stadt Rom in Brand, um bey den
nur der Ruͤge anderer Leute zuvorkommen, deren Geſinnung er durch dritte Hand erfor¬ ſchen laſſen. Indeſſen, man hat ihm ſchlecht berichtet, ich werde mir nie in dieſer Hinſicht einen Pathos zu Schulden kommen laſſen, der edle Graf iſt mir vielmehr eine ergoͤtzliche Er¬ ſcheinung, und in ſeiner erlauchten Liebhaberey ſehe ich nur etwas Unzeitgemaͤßes, nur die zag¬ haft verſchaͤmte Parodie eines antiken Uebermuths. Das iſt es ja eben, jene Liebhaberey war im Alterthum nicht in Widerſpruch mit den Sitten, und gab ſich kund mit heroiſcher Oeffentlichkeit. Als z. B. der Kaiſer Nero, auf Schiffen, die mit Gold und Elfenbein ausgelegt waren, ein Gaſtmahl hielt, das einige Millionen koſtete, ließ er ſich mit Einem aus dem Juͤnglingsſerail, Na¬ mens Pythagoras, feyerlich einſegnen, (cuncta denique spectata quae etiam in femina nox operit) und ſteckte nachher mit der Hochzeits¬ fackel die Stadt Rom in Brand, um bey den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0385"n="377"/>
nur der Ruͤge anderer Leute zuvorkommen,<lb/>
deren Geſinnung er durch dritte Hand erfor¬<lb/>ſchen laſſen. Indeſſen, man hat ihm ſchlecht<lb/>
berichtet, ich werde mir nie in dieſer Hinſicht<lb/>
einen Pathos zu Schulden kommen laſſen, der<lb/>
edle Graf iſt mir vielmehr eine ergoͤtzliche Er¬<lb/>ſcheinung, und in ſeiner erlauchten Liebhaberey<lb/>ſehe ich nur etwas Unzeitgemaͤßes, nur die zag¬<lb/>
haft verſchaͤmte Parodie eines antiken Uebermuths.<lb/>
Das iſt es ja eben, jene Liebhaberey war im<lb/>
Alterthum nicht in Widerſpruch mit den Sitten,<lb/>
und gab ſich kund mit heroiſcher Oeffentlichkeit.<lb/>
Als z. B. der Kaiſer Nero, auf Schiffen, die<lb/>
mit Gold und Elfenbein ausgelegt waren, ein<lb/>
Gaſtmahl hielt, das einige Millionen koſtete, ließ<lb/>
er ſich mit Einem aus dem Juͤnglingsſerail, Na¬<lb/>
mens Pythagoras, feyerlich einſegnen, (<hirendition="#aq">cuncta<lb/>
denique spectata quae etiam in femina nox<lb/>
operit</hi>) und ſteckte nachher mit der Hochzeits¬<lb/>
fackel die Stadt Rom in Brand, um bey den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[377/0385]
nur der Ruͤge anderer Leute zuvorkommen,
deren Geſinnung er durch dritte Hand erfor¬
ſchen laſſen. Indeſſen, man hat ihm ſchlecht
berichtet, ich werde mir nie in dieſer Hinſicht
einen Pathos zu Schulden kommen laſſen, der
edle Graf iſt mir vielmehr eine ergoͤtzliche Er¬
ſcheinung, und in ſeiner erlauchten Liebhaberey
ſehe ich nur etwas Unzeitgemaͤßes, nur die zag¬
haft verſchaͤmte Parodie eines antiken Uebermuths.
Das iſt es ja eben, jene Liebhaberey war im
Alterthum nicht in Widerſpruch mit den Sitten,
und gab ſich kund mit heroiſcher Oeffentlichkeit.
Als z. B. der Kaiſer Nero, auf Schiffen, die
mit Gold und Elfenbein ausgelegt waren, ein
Gaſtmahl hielt, das einige Millionen koſtete, ließ
er ſich mit Einem aus dem Juͤnglingsſerail, Na¬
mens Pythagoras, feyerlich einſegnen, (cuncta
denique spectata quae etiam in femina nox
operit) und ſteckte nachher mit der Hochzeits¬
fackel die Stadt Rom in Brand, um bey den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/385>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.