bey er es nicht an Lobsprüchen auf meine Vor¬ trefflichkeit fehlen ließ, und auf Cavalier-Parole betheuerte, daß ich die unglückliche Liebe ganz vortrefflich besungen habe.
Ich bat die Dame ebenfalls um die Ver¬ günstigung ihr den linken Fuß küssen zu dürfen, und in dem Momente, wo ich dieser Ehre theilhaftig wurde, erwachte sie wie aus einem dämmernden Traume, beugte sich lächelnd zu mir herab, be¬ trachtete mich mit großen verwunderten Augen, sprang freudig empor bis in die Mitte des Zim¬ mers, und drehte sich wieder unzählige Mal auf einem Fuße herum. Ich fühlte wunderbar, wie mein Herz sich beständig mitdrehte, bis es fast schwindelig wurde. Der Professor aber griff da¬ bey lustig in die Saiten seiner Guitarre und sang:
Eine Opern-Signora erwählte
Zum Gemahl mich, ward meine Vermählte, Und geschlossen war bald unsre Eh'. Wehe mir Armen! weh!
bey er es nicht an Lobſpruͤchen auf meine Vor¬ trefflichkeit fehlen ließ, und auf Cavalier-Parole betheuerte, daß ich die ungluͤckliche Liebe ganz vortrefflich beſungen habe.
Ich bat die Dame ebenfalls um die Ver¬ guͤnſtigung ihr den linken Fuß kuͤſſen zu duͤrfen, und in dem Momente, wo ich dieſer Ehre theilhaftig wurde, erwachte ſie wie aus einem daͤmmernden Traume, beugte ſich laͤchelnd zu mir herab, be¬ trachtete mich mit großen verwunderten Augen, ſprang freudig empor bis in die Mitte des Zim¬ mers, und drehte ſich wieder unzaͤhlige Mal auf einem Fuße herum. Ich fuͤhlte wunderbar, wie mein Herz ſich beſtaͤndig mitdrehte, bis es faſt ſchwindelig wurde. Der Profeſſor aber griff da¬ bey luſtig in die Saiten ſeiner Guitarre und ſang:
Eine Opern-Signora erwaͤhlte
Zum Gemahl mich, ward meine Vermaͤhlte, Und geſchloſſen war bald unſre Eh'. Wehe mir Armen! weh!
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bey er es nicht an Lobſpruͤchen auf meine Vor¬
trefflichkeit fehlen ließ, und auf Cavalier-Parole
betheuerte, daß ich die ungluͤckliche Liebe ganz
vortrefflich beſungen habe.
Ich bat die Dame ebenfalls um die Ver¬
guͤnſtigung ihr den linken Fuß kuͤſſen zu duͤrfen,
und in dem Momente, wo ich dieſer Ehre theilhaftig
wurde, erwachte ſie wie aus einem daͤmmernden
Traume, beugte ſich laͤchelnd zu mir herab, be¬
trachtete mich mit großen verwunderten Augen,
ſprang freudig empor bis in die Mitte des Zim¬
mers, und drehte ſich wieder unzaͤhlige Mal auf
einem Fuße herum. Ich fuͤhlte wunderbar, wie
mein Herz ſich beſtaͤndig mitdrehte, bis es faſt
ſchwindelig wurde. Der Profeſſor aber griff da¬
bey luſtig in die Saiten ſeiner Guitarre und
ſang:
Eine Opern-Signora erwaͤhlte
Zum Gemahl mich, ward meine Vermaͤhlte,
Und geſchloſſen war bald unſre Eh'.
Wehe mir Armen! weh!
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/280>, abgerufen am 22.11.2024.
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