in dieser Beziehung München damit vergleichen, so könnte man mit Recht behaupten: letzteres bilde ganz den Gegensatz von Berlin. München nemlich ist eine Stadt, gebaut von dem Volke selbst, und zwar von auf einander folgenden Generazionen, deren Geist noch immer in ihren Bauwerken sichtbar, so daß man dort, wie in der Hexenscene des Makbeth, eine chronologische Geisterreihe erblickt, von dem dunkelrohen Geiste des Mittelalters, der geharnischt aus gothischen Kirchenpforten hervortritt, bis auf den gebildet lichten Geist unserer eignen Zeit, der uns einen Spiegel entgegenhält, worin jeder sich selbst mit Vergnügen anschaut. In dieser Reihenfolge liegt eben das Versöhnende; das Barbarische empört uns nicht mehr und das Abgeschmackte verletzt uns nicht mehr, wenn wir es als Anfänge und nothwendige Uebergänge betrachten. Wir sind ernst, aber nicht unmuthig bey dem Anblick jenes barbarischen Doms, der sich noch immer, in
in dieſer Beziehung Muͤnchen damit vergleichen, ſo koͤnnte man mit Recht behaupten: letzteres bilde ganz den Gegenſatz von Berlin. Muͤnchen nemlich iſt eine Stadt, gebaut von dem Volke ſelbſt, und zwar von auf einander folgenden Generazionen, deren Geiſt noch immer in ihren Bauwerken ſichtbar, ſo daß man dort, wie in der Hexenſcene des Makbeth, eine chronologiſche Geiſterreihe erblickt, von dem dunkelrohen Geiſte des Mittelalters, der geharniſcht aus gothiſchen Kirchenpforten hervortritt, bis auf den gebildet lichten Geiſt unſerer eignen Zeit, der uns einen Spiegel entgegenhaͤlt, worin jeder ſich ſelbſt mit Vergnuͤgen anſchaut. In dieſer Reihenfolge liegt eben das Verſoͤhnende; das Barbariſche empoͤrt uns nicht mehr und das Abgeſchmackte verletzt uns nicht mehr, wenn wir es als Anfaͤnge und nothwendige Uebergaͤnge betrachten. Wir ſind ernſt, aber nicht unmuthig bey dem Anblick jenes barbariſchen Doms, der ſich noch immer, in
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in dieſer Beziehung Muͤnchen damit vergleichen,
ſo koͤnnte man mit Recht behaupten: letzteres
bilde ganz den Gegenſatz von Berlin. Muͤnchen
nemlich iſt eine Stadt, gebaut von dem Volke
ſelbſt, und zwar von auf einander folgenden
Generazionen, deren Geiſt noch immer in ihren
Bauwerken ſichtbar, ſo daß man dort, wie in
der Hexenſcene des Makbeth, eine chronologiſche
Geiſterreihe erblickt, von dem dunkelrohen Geiſte
des Mittelalters, der geharniſcht aus gothiſchen
Kirchenpforten hervortritt, bis auf den gebildet
lichten Geiſt unſerer eignen Zeit, der uns einen
Spiegel entgegenhaͤlt, worin jeder ſich ſelbſt
mit Vergnuͤgen anſchaut. In dieſer Reihenfolge
liegt eben das Verſoͤhnende; das Barbariſche
empoͤrt uns nicht mehr und das Abgeſchmackte
verletzt uns nicht mehr, wenn wir es als Anfaͤnge
und nothwendige Uebergaͤnge betrachten. Wir
ſind ernſt, aber nicht unmuthig bey dem Anblick
jenes barbariſchen Doms, der ſich noch immer, in
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/24>, abgerufen am 21.11.2024.
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