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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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to a nunnery. Hier fand ich auch einige
Holländer und vorzügliche Bilder von Rubens;
letztere ganz durchdrungen von der kolossalen
Heiterkeit dieses niederländischen Titanen, dessen
Geistesflügel so stark waren, daß er bis zur
Sonne emporflog, obgleich hundert Centner hol¬
ländischer Käse an seinen Beinen hingen. Ich
kann dem kleinsten Bilde dieses großen Malers
nicht vorübergehen ohne den Zoll meiner Bewun¬
drung zu entrichten. Um so mehr, da es jetzt
Mode wird, ihn, ob seines Mangels an Ideali¬
tät, nur mit Achselzucken zu betrachten. Die
historische Schule zu München zeigt sich besonders
groß in solcher Betrachtung. Man sehe nur mit
welcher vornehmen Geringschätzung der langhaarige
Cornelianer durch den Rubenssaal wandelt! Viel¬
leicht aber ist der Irrthum der Jünger erklärlich,
wenn man den großen Gegensatz betrachtet, den
Peter Cornelius zu Peter Paul Rubens bildet.
Es läßt sich fast kein größerer Gegensatz ersin¬

to a nunnery. Hier fand ich auch einige
Hollaͤnder und vorzuͤgliche Bilder von Rubens;
letztere ganz durchdrungen von der koloſſalen
Heiterkeit dieſes niederlaͤndiſchen Titanen, deſſen
Geiſtesfluͤgel ſo ſtark waren, daß er bis zur
Sonne emporflog, obgleich hundert Centner hol¬
laͤndiſcher Kaͤſe an ſeinen Beinen hingen. Ich
kann dem kleinſten Bilde dieſes großen Malers
nicht voruͤbergehen ohne den Zoll meiner Bewun¬
drung zu entrichten. Um ſo mehr, da es jetzt
Mode wird, ihn, ob ſeines Mangels an Ideali¬
taͤt, nur mit Achſelzucken zu betrachten. Die
hiſtoriſche Schule zu Muͤnchen zeigt ſich beſonders
groß in ſolcher Betrachtung. Man ſehe nur mit
welcher vornehmen Geringſchaͤtzung der langhaarige
Cornelianer durch den Rubensſaal wandelt! Viel¬
leicht aber iſt der Irrthum der Juͤnger erklaͤrlich,
wenn man den großen Gegenſatz betrachtet, den
Peter Cornelius zu Peter Paul Rubens bildet.
Es laͤßt ſich faſt kein groͤßerer Gegenſatz erſin¬

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[204/0212] to a nunnery. Hier fand ich auch einige Hollaͤnder und vorzuͤgliche Bilder von Rubens; letztere ganz durchdrungen von der koloſſalen Heiterkeit dieſes niederlaͤndiſchen Titanen, deſſen Geiſtesfluͤgel ſo ſtark waren, daß er bis zur Sonne emporflog, obgleich hundert Centner hol¬ laͤndiſcher Kaͤſe an ſeinen Beinen hingen. Ich kann dem kleinſten Bilde dieſes großen Malers nicht voruͤbergehen ohne den Zoll meiner Bewun¬ drung zu entrichten. Um ſo mehr, da es jetzt Mode wird, ihn, ob ſeines Mangels an Ideali¬ taͤt, nur mit Achſelzucken zu betrachten. Die hiſtoriſche Schule zu Muͤnchen zeigt ſich beſonders groß in ſolcher Betrachtung. Man ſehe nur mit welcher vornehmen Geringſchaͤtzung der langhaarige Cornelianer durch den Rubensſaal wandelt! Viel¬ leicht aber iſt der Irrthum der Juͤnger erklaͤrlich, wenn man den großen Gegenſatz betrachtet, den Peter Cornelius zu Peter Paul Rubens bildet. Es laͤßt ſich faſt kein groͤßerer Gegenſatz erſin¬

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/212>, abgerufen am 23.11.2024.