solche, die vor einem von den alten Domen lie¬ gen, die nicht fertig geworden sind, für solche wäre es sehr schlimm, wenn sie des Nachts plötzlich erwachten, und im schmerzlichen Mond¬ schein ihr unvollendetes Tagewerk sähen, und bald merkten, daß die Zeit des Weiterbauens aufgehört hat und daß ihr ganzes Leben nutzlos war und dumm.
So spricht die jetzige neue Zeit, die eine andere Aufgabe hat, einen anderen Glauben.
Ich hörte einst in Cölln, wie ein kleiner Bube seine Mutter frug: warum man die hal¬ ben Dome nicht fertig baue? Es war ein schöner Bube, und ich küßte ihm die klugen Augen, und da die Mutter ihm keine rechte Antwort geben konnte, so sagte ich ihm: daß jetzt die Menschen ganz etwas anderes zu thun hätten.
ſolche, die vor einem von den alten Domen lie¬ gen, die nicht fertig geworden ſind, fuͤr ſolche waͤre es ſehr ſchlimm, wenn ſie des Nachts ploͤtzlich erwachten, und im ſchmerzlichen Mond¬ ſchein ihr unvollendetes Tagewerk ſaͤhen, und bald merkten, daß die Zeit des Weiterbauens aufgehoͤrt hat und daß ihr ganzes Leben nutzlos war und dumm.
So ſpricht die jetzige neue Zeit, die eine andere Aufgabe hat, einen anderen Glauben.
Ich hoͤrte einſt in Coͤlln, wie ein kleiner Bube ſeine Mutter frug: warum man die hal¬ ben Dome nicht fertig baue? Es war ein ſchoͤner Bube, und ich kuͤßte ihm die klugen Augen, und da die Mutter ihm keine rechte Antwort geben konnte, ſo ſagte ich ihm: daß jetzt die Menſchen ganz etwas anderes zu thun haͤtten.
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ſolche, die vor einem von den alten Domen lie¬
gen, die nicht fertig geworden ſind, fuͤr ſolche
waͤre es ſehr ſchlimm, wenn ſie des Nachts
ploͤtzlich erwachten, und im ſchmerzlichen Mond¬
ſchein ihr unvollendetes Tagewerk ſaͤhen, und
bald merkten, daß die Zeit des Weiterbauens
aufgehoͤrt hat und daß ihr ganzes Leben nutzlos
war und dumm.
So ſpricht die jetzige neue Zeit, die eine
andere Aufgabe hat, einen anderen Glauben.
Ich hoͤrte einſt in Coͤlln, wie ein kleiner
Bube ſeine Mutter frug: warum man die hal¬
ben Dome nicht fertig baue? Es war ein
ſchoͤner Bube, und ich kuͤßte ihm die klugen
Augen, und da die Mutter ihm keine rechte
Antwort geben konnte, ſo ſagte ich ihm: daß
jetzt die Menſchen ganz etwas anderes zu thun
haͤtten.
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/207>, abgerufen am 23.11.2024.
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