er das Gewehr präsentirte oder schulterte, oder zum Schießen auslegte.
Von Brescia selbst weiß ich ebenfalls wenig zu erzählen, indem ich die Zeit meines dortigen Aufenthalts dazu benutzte, ein gutes Pranzo einzunehmen. Man kann es einem armen Rei¬ senden nicht verdenken, wenn er den Hunger des Leibes früher stillt als den des Geistes. Doch war ich gewissenhaft genug, ehe ich wieder in den Wagen stieg, einige Notizen über Brescia vom Cameriere zu erfragen; und da erfuhr ich unter anderen: die Stadt habe 40,000 Ein¬ wohner, ein Rathhaus, 21 Kaffeehäuser, 20 katho¬ lische Kirchen, ein Tollhaus, eine Synagoge, eine Menagerie, ein Zuchthaus, ein Krankenhaus, ein eben so gutes Theater, und einen Galgen für Diebe, die unter 100,000 Thaler stehlen.
Um Mitternacht arrivirte ich in Mayland, und kehrte ein bey Herrn Reichman, einem
11
er das Gewehr praͤſentirte oder ſchulterte, oder zum Schießen auslegte.
Von Brescia ſelbſt weiß ich ebenfalls wenig zu erzaͤhlen, indem ich die Zeit meines dortigen Aufenthalts dazu benutzte, ein gutes Pranzo einzunehmen. Man kann es einem armen Rei¬ ſenden nicht verdenken, wenn er den Hunger des Leibes fruͤher ſtillt als den des Geiſtes. Doch war ich gewiſſenhaft genug, ehe ich wieder in den Wagen ſtieg, einige Notizen uͤber Brescia vom Cameriere zu erfragen; und da erfuhr ich unter anderen: die Stadt habe 40,000 Ein¬ wohner, ein Rathhaus, 21 Kaffeehaͤuſer, 20 katho¬ liſche Kirchen, ein Tollhaus, eine Synagoge, eine Menagerie, ein Zuchthaus, ein Krankenhaus, ein eben ſo gutes Theater, und einen Galgen fuͤr Diebe, die unter 100,000 Thaler ſtehlen.
Um Mitternacht arrivirte ich in Mayland, und kehrte ein bey Herrn Reichman, einem
11
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0169"n="161"/>
er das Gewehr praͤſentirte oder ſchulterte, oder<lb/>
zum Schießen auslegte.</p><lb/><p>Von Brescia ſelbſt weiß ich ebenfalls wenig<lb/>
zu erzaͤhlen, indem ich die Zeit meines dortigen<lb/>
Aufenthalts dazu benutzte, ein gutes Pranzo<lb/>
einzunehmen. Man kann es einem armen Rei¬<lb/>ſenden nicht verdenken, wenn er den Hunger des<lb/>
Leibes fruͤher ſtillt als den des Geiſtes. Doch<lb/>
war ich gewiſſenhaft genug, ehe ich wieder in<lb/>
den Wagen ſtieg, einige Notizen uͤber Brescia<lb/>
vom Cameriere zu erfragen; und da erfuhr ich<lb/>
unter anderen: die Stadt habe 40,000 Ein¬<lb/>
wohner, ein Rathhaus, 21 Kaffeehaͤuſer, 20 katho¬<lb/>
liſche Kirchen, ein Tollhaus, eine Synagoge, eine<lb/>
Menagerie, ein Zuchthaus, ein Krankenhaus, ein<lb/>
eben ſo gutes Theater, und einen Galgen fuͤr<lb/>
Diebe, die unter 100,000 Thaler ſtehlen.</p><lb/><p>Um Mitternacht arrivirte ich in Mayland,<lb/>
und kehrte ein bey Herrn Reichman, einem<lb/><fwplace="bottom"type="sig">11<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[161/0169]
er das Gewehr praͤſentirte oder ſchulterte, oder
zum Schießen auslegte.
Von Brescia ſelbſt weiß ich ebenfalls wenig
zu erzaͤhlen, indem ich die Zeit meines dortigen
Aufenthalts dazu benutzte, ein gutes Pranzo
einzunehmen. Man kann es einem armen Rei¬
ſenden nicht verdenken, wenn er den Hunger des
Leibes fruͤher ſtillt als den des Geiſtes. Doch
war ich gewiſſenhaft genug, ehe ich wieder in
den Wagen ſtieg, einige Notizen uͤber Brescia
vom Cameriere zu erfragen; und da erfuhr ich
unter anderen: die Stadt habe 40,000 Ein¬
wohner, ein Rathhaus, 21 Kaffeehaͤuſer, 20 katho¬
liſche Kirchen, ein Tollhaus, eine Synagoge, eine
Menagerie, ein Zuchthaus, ein Krankenhaus, ein
eben ſo gutes Theater, und einen Galgen fuͤr
Diebe, die unter 100,000 Thaler ſtehlen.
Um Mitternacht arrivirte ich in Mayland,
und kehrte ein bey Herrn Reichman, einem
11
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/169>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.