Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

spatzierten, und ein halb Dutzend zerlumpter,
sonnverbrannter' Buben sich nach der Bell- und
Lankasterschen Methode lausten. Auf jener Estrade,
längs dem gebrochenen Eisengeländer, gelangt man
in ein weites hallendes Zimmer. Fußboden von
Marmor, in der Mitte ein breites Bett, worauf
die Flöhe Hochzeit halten; überall großartiger
Schmutz. Der Wirth sprang hin und her, um
meine Wünsche zu vernehmen. Er trug einen
hastig grünen Leibrock und ein vielfältig bewegtes
Gesicht, worin eine lange höckerige Nase, mit
einer haarigen rothen Warze, die mitten darauf
saß, wie ein rothjäckiger Affe auf dem Rücken
eines Kameels. Er sprang hin und her, und
es war dann, als ob das rothe Aeffchen auf
seiner Nase ebenfalls hin und her spränge. Es
dauerte aber eine Stunde, ehe er das Mindeste
brachte, und wenn ich deshalb schalt, so be¬
theuerte er, daß ich schon sehr gut Italienisch
spreche.

ſpatzierten, und ein halb Dutzend zerlumpter,
ſonnverbrannter' Buben ſich nach der Bell- und
Lankaſterſchen Methode lauſten. Auf jener Eſtrade,
laͤngs dem gebrochenen Eiſengelaͤnder, gelangt man
in ein weites hallendes Zimmer. Fußboden von
Marmor, in der Mitte ein breites Bett, worauf
die Floͤhe Hochzeit halten; uͤberall großartiger
Schmutz. Der Wirth ſprang hin und her, um
meine Wuͤnſche zu vernehmen. Er trug einen
haſtig gruͤnen Leibrock und ein vielfaͤltig bewegtes
Geſicht, worin eine lange hoͤckerige Naſe, mit
einer haarigen rothen Warze, die mitten darauf
ſaß, wie ein rothjaͤckiger Affe auf dem Ruͤcken
eines Kameels. Er ſprang hin und her, und
es war dann, als ob das rothe Aeffchen auf
ſeiner Naſe ebenfalls hin und her ſpraͤnge. Es
dauerte aber eine Stunde, ehe er das Mindeſte
brachte, und wenn ich deshalb ſchalt, ſo be¬
theuerte er, daß ich ſchon ſehr gut Italieniſch
ſpreche.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0135" n="127"/>
&#x017F;patzierten, und ein halb Dutzend zerlumpter,<lb/>
&#x017F;onnverbrannter' Buben &#x017F;ich nach der Bell- und<lb/>
Lanka&#x017F;ter&#x017F;chen Methode lau&#x017F;ten. Auf jener E&#x017F;trade,<lb/>
la&#x0364;ngs dem gebrochenen Ei&#x017F;engela&#x0364;nder, gelangt man<lb/>
in ein weites hallendes Zimmer. Fußboden von<lb/>
Marmor, in der Mitte ein breites Bett, worauf<lb/>
die Flo&#x0364;he Hochzeit halten; u&#x0364;berall großartiger<lb/>
Schmutz. Der Wirth &#x017F;prang hin und her, um<lb/>
meine Wu&#x0364;n&#x017F;che zu vernehmen. Er trug einen<lb/>
ha&#x017F;tig gru&#x0364;nen Leibrock und ein vielfa&#x0364;ltig bewegtes<lb/>
Ge&#x017F;icht, worin eine lange ho&#x0364;ckerige Na&#x017F;e, mit<lb/>
einer haarigen rothen Warze, die mitten darauf<lb/>
&#x017F;aß, wie ein rothja&#x0364;ckiger Affe auf dem Ru&#x0364;cken<lb/>
eines Kameels. Er &#x017F;prang hin und her, und<lb/>
es war dann, als ob das rothe Aeffchen auf<lb/>
&#x017F;einer Na&#x017F;e ebenfalls hin und her &#x017F;pra&#x0364;nge. Es<lb/>
dauerte aber eine Stunde, ehe er das Minde&#x017F;te<lb/>
brachte, und wenn ich deshalb &#x017F;chalt, &#x017F;o be¬<lb/>
theuerte er, daß ich &#x017F;chon &#x017F;ehr gut Italieni&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;preche.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[127/0135] ſpatzierten, und ein halb Dutzend zerlumpter, ſonnverbrannter' Buben ſich nach der Bell- und Lankaſterſchen Methode lauſten. Auf jener Eſtrade, laͤngs dem gebrochenen Eiſengelaͤnder, gelangt man in ein weites hallendes Zimmer. Fußboden von Marmor, in der Mitte ein breites Bett, worauf die Floͤhe Hochzeit halten; uͤberall großartiger Schmutz. Der Wirth ſprang hin und her, um meine Wuͤnſche zu vernehmen. Er trug einen haſtig gruͤnen Leibrock und ein vielfaͤltig bewegtes Geſicht, worin eine lange hoͤckerige Naſe, mit einer haarigen rothen Warze, die mitten darauf ſaß, wie ein rothjaͤckiger Affe auf dem Ruͤcken eines Kameels. Er ſprang hin und her, und es war dann, als ob das rothe Aeffchen auf ſeiner Naſe ebenfalls hin und her ſpraͤnge. Es dauerte aber eine Stunde, ehe er das Mindeſte brachte, und wenn ich deshalb ſchalt, ſo be¬ theuerte er, daß ich ſchon ſehr gut Italieniſch ſpreche.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/135
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/135>, abgerufen am 24.11.2024.