mit nach Italien gekommen, und sie freuen sich jetzt, und eben ihr gemeinschaftlicher Jubel erregt nun in der Brust jenes pitoreske Weh, das darin so seltsam sticht und hüpft und pfeift? Und warum sollten sich die alten Schmerzen nicht auch einmal freuen? Hier in Italien ist es ja so schön, das Leiden selbst ist hier so schön, in diesen gebrochenen Marmorpallazzos klingen die Seufzer viel romantischer, als in unseren netten Ziegelhäuschen, unter jenen Lorbeerbäumen läßt sich viel wollüstiger weinen als unter unseren mürrisch zackigen Tannen, und nach den idealischen Wol¬ kenbildern des himmelblauen Italiens läßt sich viel süßer hinaufschmachten als nach dem aschgrau deutschen Werkeltagshimmel, wo sogar die Wol¬ ken nur ehrliche Spießbürgerfratzen schneiden und langweilig herabgähnen! Bleibt nur in meiner Brust, Ihr Schmerzen! ihr findet nir¬ gends ein besseres Unterkommen. Ihr seyd mir lieb und werth, und keiner weiß Euch besser zu
mit nach Italien gekommen, und ſie freuen ſich jetzt, und eben ihr gemeinſchaftlicher Jubel erregt nun in der Bruſt jenes pitoreske Weh, das darin ſo ſeltſam ſticht und huͤpft und pfeift? Und warum ſollten ſich die alten Schmerzen nicht auch einmal freuen? Hier in Italien iſt es ja ſo ſchoͤn, das Leiden ſelbſt iſt hier ſo ſchoͤn, in dieſen gebrochenen Marmorpallazzos klingen die Seufzer viel romantiſcher, als in unſeren netten Ziegelhaͤuschen, unter jenen Lorbeerbaͤumen laͤßt ſich viel wolluͤſtiger weinen als unter unſeren muͤrriſch zackigen Tannen, und nach den idealiſchen Wol¬ kenbildern des himmelblauen Italiens laͤßt ſich viel ſuͤßer hinaufſchmachten als nach dem aſchgrau deutſchen Werkeltagshimmel, wo ſogar die Wol¬ ken nur ehrliche Spießbuͤrgerfratzen ſchneiden und langweilig herabgaͤhnen! Bleibt nur in meiner Bruſt, Ihr Schmerzen! ihr findet nir¬ gends ein beſſeres Unterkommen. Ihr ſeyd mir lieb und werth, und keiner weiß Euch beſſer zu
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mit nach Italien gekommen, und ſie freuen ſich
jetzt, und eben ihr gemeinſchaftlicher Jubel erregt
nun in der Bruſt jenes pitoreske Weh, das darin
ſo ſeltſam ſticht und huͤpft und pfeift? Und
warum ſollten ſich die alten Schmerzen nicht
auch einmal freuen? Hier in Italien iſt es ja
ſo ſchoͤn, das Leiden ſelbſt iſt hier ſo ſchoͤn, in
dieſen gebrochenen Marmorpallazzos klingen die
Seufzer viel romantiſcher, als in unſeren netten
Ziegelhaͤuschen, unter jenen Lorbeerbaͤumen laͤßt ſich
viel wolluͤſtiger weinen als unter unſeren muͤrriſch
zackigen Tannen, und nach den idealiſchen Wol¬
kenbildern des himmelblauen Italiens laͤßt ſich
viel ſuͤßer hinaufſchmachten als nach dem aſchgrau
deutſchen Werkeltagshimmel, wo ſogar die Wol¬
ken nur ehrliche Spießbuͤrgerfratzen ſchneiden
und langweilig herabgaͤhnen! Bleibt nur in
meiner Bruſt, Ihr Schmerzen! ihr findet nir¬
gends ein beſſeres Unterkommen. Ihr ſeyd mir
lieb und werth, und keiner weiß Euch beſſer zu
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/115>, abgerufen am 25.11.2024.
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