Und du bist nicht mehr die Himmelskön'gin, Und dein großes Aug' ist erstarrt, Und deine Lilienarme sind kraftlos, Und nimmermehr trifft deine Rache Die gottbefruchtete Jungfrau Und den wunderthätigen Gottessohn. Auch dich erkenn' ich, Pallas Athene! Mit Schild und Weisheit konntest du nicht Abwehren das Götterverderben? Auch dich erkenn' ich, auch dich, Aphrodite, Einst die goldene! jetzt die silberne! Zwar schmückt dich noch immer des Gürtels Liebreiz; Doch graut mir heimlich vor deiner Schönheit, Und wollt' mich beglücken dein gütiger Leib, Wie andre Helden, ich stürbe vor Angst; Als Leichengöttin erscheinst du mir, Venus Libitina! Nicht mehr mit Liebe schaut nach dir, Dort, der schreckliche Ares. Es schaut so traurig Phöbos Apollo, Der Jüngling. Es schweigt seine Ley'r,
Und du biſt nicht mehr die Himmelskoͤn'gin, Und dein großes Aug' iſt erſtarrt, Und deine Lilienarme ſind kraftlos, Und nimmermehr trifft deine Rache Die gottbefruchtete Jungfrau Und den wunderthaͤtigen Gottesſohn. Auch dich erkenn' ich, Pallas Athene! Mit Schild und Weisheit konnteſt du nicht Abwehren das Goͤtterverderben? Auch dich erkenn' ich, auch dich, Aphrodite, Einſt die goldene! jetzt die ſilberne! Zwar ſchmuͤckt dich noch immer des Guͤrtels Liebreiz; Doch graut mir heimlich vor deiner Schoͤnheit, Und wollt' mich begluͤcken dein guͤtiger Leib, Wie andre Helden, ich ſtuͤrbe vor Angſt; Als Leichengoͤttin erſcheinſt du mir, Venus Libitina! Nicht mehr mit Liebe ſchaut nach dir, Dort, der ſchreckliche Ares. Es ſchaut ſo traurig Phoͤbos Apollo, Der Juͤngling. Es ſchweigt ſeine Ley'r,
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[22/0030]
Und du biſt nicht mehr die Himmelskoͤn'gin,
Und dein großes Aug' iſt erſtarrt,
Und deine Lilienarme ſind kraftlos,
Und nimmermehr trifft deine Rache
Die gottbefruchtete Jungfrau
Und den wunderthaͤtigen Gottesſohn.
Auch dich erkenn' ich, Pallas Athene!
Mit Schild und Weisheit konnteſt du nicht
Abwehren das Goͤtterverderben?
Auch dich erkenn' ich, auch dich, Aphrodite,
Einſt die goldene! jetzt die ſilberne!
Zwar ſchmuͤckt dich noch immer des Guͤrtels Liebreiz;
Doch graut mir heimlich vor deiner Schoͤnheit,
Und wollt' mich begluͤcken dein guͤtiger Leib,
Wie andre Helden, ich ſtuͤrbe vor Angſt;
Als Leichengoͤttin erſcheinſt du mir,
Venus Libitina!
Nicht mehr mit Liebe ſchaut nach dir,
Dort, der ſchreckliche Ares.
Es ſchaut ſo traurig Phoͤbos Apollo,
Der Juͤngling. Es ſchweigt ſeine Ley'r,
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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