Mit den Worten Agurs, des Sohnes Jake, kann ich sagen: "Ich bin der Allernärrischste und Menschenverstand ist nicht bey mir." Hoch in die Lüfte hebt sich der Eichwald, hoch über den Eichwald schwingt sich der Adler, hoch über dem Adler ziehen die Wolken, hoch über den Wolken blitzen die Sterne -- Madame, wird Ihnen das nicht zu hoch? eh bien -- hoch über den Sternen schweben die Engel, hoch über den Engeln ragt -- nein, Madame, höher kann es meine Narrheit nicht bringen. Sie bringt es hoch genug! Ihr schwindelt vor ihrer eige¬ nen Erhabenheit. Sie macht mich zum Riesen mit Siebenmeilenstiefeln. Mir ist des Mittags zu Muthe, als könnte ich alle Elephanten Hin¬ dostan's aufessen und mir mit dem straßburger Münster die Zähne stochern; des Abends werde ich so sentimental, daß ich die Milchstraße des Himmels aussaufen möchte, ohne zu bedenken, daß einem die kleinen Fixsterne sehr unverdau¬ lich im Magen liegen bleiben; und des Nachts
18
Mit den Worten Agurs, des Sohnes Jake, kann ich ſagen: „Ich bin der Allernaͤrriſchſte und Menſchenverſtand iſt nicht bey mir.“ Hoch in die Luͤfte hebt ſich der Eichwald, hoch uͤber den Eichwald ſchwingt ſich der Adler, hoch uͤber dem Adler ziehen die Wolken, hoch uͤber den Wolken blitzen die Sterne — Madame, wird Ihnen das nicht zu hoch? eh bien — hoch uͤber den Sternen ſchweben die Engel, hoch uͤber den Engeln ragt — nein, Madame, hoͤher kann es meine Narrheit nicht bringen. Sie bringt es hoch genug! Ihr ſchwindelt vor ihrer eige¬ nen Erhabenheit. Sie macht mich zum Rieſen mit Siebenmeilenſtiefeln. Mir iſt des Mittags zu Muthe, als koͤnnte ich alle Elephanten Hin¬ doſtan's aufeſſen und mir mit dem ſtraßburger Muͤnſter die Zaͤhne ſtochern; des Abends werde ich ſo ſentimental, daß ich die Milchſtraße des Himmels ausſaufen moͤchte, ohne zu bedenken, daß einem die kleinen Fixſterne ſehr unverdau¬ lich im Magen liegen bleiben; und des Nachts
18
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0281"n="273"/>
Mit den Worten Agurs, des Sohnes Jake,<lb/>
kann ich ſagen: „Ich bin der Allernaͤrriſchſte<lb/>
und Menſchenverſtand iſt nicht bey mir.“ Hoch<lb/>
in die Luͤfte hebt ſich der Eichwald, hoch uͤber<lb/>
den Eichwald ſchwingt ſich der Adler, hoch uͤber<lb/>
dem Adler ziehen die Wolken, hoch uͤber den<lb/>
Wolken blitzen die Sterne — Madame, wird<lb/>
Ihnen das nicht zu hoch? <hirendition="#aq">eh bien</hi>— hoch<lb/>
uͤber den Sternen ſchweben die Engel, hoch uͤber<lb/>
den Engeln ragt — nein, Madame, hoͤher kann<lb/>
es meine Narrheit nicht bringen. Sie bringt<lb/>
es hoch genug! Ihr ſchwindelt vor ihrer eige¬<lb/>
nen Erhabenheit. Sie macht mich zum Rieſen<lb/>
mit Siebenmeilenſtiefeln. Mir iſt des Mittags<lb/>
zu Muthe, als koͤnnte ich alle Elephanten Hin¬<lb/>
doſtan's aufeſſen und mir mit dem ſtraßburger<lb/>
Muͤnſter die Zaͤhne ſtochern; des Abends werde<lb/>
ich ſo ſentimental, daß ich die Milchſtraße des<lb/>
Himmels ausſaufen moͤchte, ohne zu bedenken,<lb/>
daß einem die kleinen Fixſterne ſehr unverdau¬<lb/>
lich im Magen liegen bleiben; und des Nachts<lb/><fwplace="bottom"type="sig">18<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[273/0281]
Mit den Worten Agurs, des Sohnes Jake,
kann ich ſagen: „Ich bin der Allernaͤrriſchſte
und Menſchenverſtand iſt nicht bey mir.“ Hoch
in die Luͤfte hebt ſich der Eichwald, hoch uͤber
den Eichwald ſchwingt ſich der Adler, hoch uͤber
dem Adler ziehen die Wolken, hoch uͤber den
Wolken blitzen die Sterne — Madame, wird
Ihnen das nicht zu hoch? eh bien — hoch
uͤber den Sternen ſchweben die Engel, hoch uͤber
den Engeln ragt — nein, Madame, hoͤher kann
es meine Narrheit nicht bringen. Sie bringt
es hoch genug! Ihr ſchwindelt vor ihrer eige¬
nen Erhabenheit. Sie macht mich zum Rieſen
mit Siebenmeilenſtiefeln. Mir iſt des Mittags
zu Muthe, als koͤnnte ich alle Elephanten Hin¬
doſtan's aufeſſen und mir mit dem ſtraßburger
Muͤnſter die Zaͤhne ſtochern; des Abends werde
ich ſo ſentimental, daß ich die Milchſtraße des
Himmels ausſaufen moͤchte, ohne zu bedenken,
daß einem die kleinen Fixſterne ſehr unverdau¬
lich im Magen liegen bleiben; und des Nachts
18
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/281>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.