Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

für allemahl zur Thür hinauswerfe? -- Wo
denken Sie hin, Madame! Diese Leute sind
meine Blumen. Ich beschreibe sie einst in
einem schönen Buche, für dessen Honorar ich
mir einen Garten kaufe, und mit ihren rothen,
gelben, blauen und buntgesprenkelten Gesichtern
erscheinen sie mir jetzt schon wie Blumen dieses
Gartens. Was kümmert es mich, daß fremde
Nasen behaupten, diese Blumen röchen nur nach
Kümmel, Taback, Käse und Laster! meine eigne
Nase, der Schornstein meines Kopfes, worin die
Phantasie als Kaminfeger auf und ab steigt,
behauptet das Gegentheil, sie riecht an jenen
Leuten nichts als den Duft von Rosen, Jasmi¬
nen, Veilchen, Nelken, Violen -- O, wie be¬
haglich werde ich einst des Morgens in meinem
Garten sitzen, und den Gesang der Vögel behor¬
chen, und die Glieder wärmen an der lieben
Sonne, und einathmen den frischen Hauch des
Grünen, und durch den Anblick der Blumen
mich erinnern an die alten Lumpen!

fuͤr allemahl zur Thuͤr hinauswerfe? — Wo
denken Sie hin, Madame! Dieſe Leute ſind
meine Blumen. Ich beſchreibe ſie einſt in
einem ſchoͤnen Buche, fuͤr deſſen Honorar ich
mir einen Garten kaufe, und mit ihren rothen,
gelben, blauen und buntgeſprenkelten Geſichtern
erſcheinen ſie mir jetzt ſchon wie Blumen dieſes
Gartens. Was kuͤmmert es mich, daß fremde
Naſen behaupten, dieſe Blumen roͤchen nur nach
Kuͤmmel, Taback, Kaͤſe und Laſter! meine eigne
Naſe, der Schornſtein meines Kopfes, worin die
Phantaſie als Kaminfeger auf und ab ſteigt,
behauptet das Gegentheil, ſie riecht an jenen
Leuten nichts als den Duft von Roſen, Jasmi¬
nen, Veilchen, Nelken, Violen — O, wie be¬
haglich werde ich einſt des Morgens in meinem
Garten ſitzen, und den Geſang der Voͤgel behor¬
chen, und die Glieder waͤrmen an der lieben
Sonne, und einathmen den friſchen Hauch des
Gruͤnen, und durch den Anblick der Blumen
mich erinnern an die alten Lumpen!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0264" n="256"/>
fu&#x0364;r allemahl zur Thu&#x0364;r hinauswerfe? &#x2014; Wo<lb/>
denken Sie hin, Madame! Die&#x017F;e Leute &#x017F;ind<lb/>
meine Blumen. Ich be&#x017F;chreibe &#x017F;ie ein&#x017F;t in<lb/>
einem &#x017F;cho&#x0364;nen Buche, fu&#x0364;r de&#x017F;&#x017F;en Honorar ich<lb/>
mir einen Garten kaufe, und mit ihren rothen,<lb/>
gelben, blauen und buntge&#x017F;prenkelten Ge&#x017F;ichtern<lb/>
er&#x017F;cheinen &#x017F;ie mir jetzt &#x017F;chon wie Blumen die&#x017F;es<lb/>
Gartens. Was ku&#x0364;mmert es mich, daß fremde<lb/>
Na&#x017F;en behaupten, die&#x017F;e Blumen ro&#x0364;chen nur nach<lb/>
Ku&#x0364;mmel, Taback, Ka&#x0364;&#x017F;e und La&#x017F;ter! meine eigne<lb/>
Na&#x017F;e, der Schorn&#x017F;tein meines Kopfes, worin die<lb/>
Phanta&#x017F;ie als Kaminfeger auf und ab &#x017F;teigt,<lb/>
behauptet das Gegentheil, &#x017F;ie riecht an jenen<lb/>
Leuten nichts als den Duft von Ro&#x017F;en, Jasmi¬<lb/>
nen, Veilchen, Nelken, Violen &#x2014; O, wie be¬<lb/>
haglich werde ich ein&#x017F;t des Morgens in meinem<lb/>
Garten &#x017F;itzen, und den Ge&#x017F;ang der Vo&#x0364;gel behor¬<lb/>
chen, und die Glieder wa&#x0364;rmen an der lieben<lb/>
Sonne, und einathmen den fri&#x017F;chen Hauch des<lb/>
Gru&#x0364;nen, und durch den Anblick der Blumen<lb/>
mich erinnern an die alten Lumpen!</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0264] fuͤr allemahl zur Thuͤr hinauswerfe? — Wo denken Sie hin, Madame! Dieſe Leute ſind meine Blumen. Ich beſchreibe ſie einſt in einem ſchoͤnen Buche, fuͤr deſſen Honorar ich mir einen Garten kaufe, und mit ihren rothen, gelben, blauen und buntgeſprenkelten Geſichtern erſcheinen ſie mir jetzt ſchon wie Blumen dieſes Gartens. Was kuͤmmert es mich, daß fremde Naſen behaupten, dieſe Blumen roͤchen nur nach Kuͤmmel, Taback, Kaͤſe und Laſter! meine eigne Naſe, der Schornſtein meines Kopfes, worin die Phantaſie als Kaminfeger auf und ab ſteigt, behauptet das Gegentheil, ſie riecht an jenen Leuten nichts als den Duft von Roſen, Jasmi¬ nen, Veilchen, Nelken, Violen — O, wie be¬ haglich werde ich einſt des Morgens in meinem Garten ſitzen, und den Geſang der Voͤgel behor¬ chen, und die Glieder waͤrmen an der lieben Sonne, und einathmen den friſchen Hauch des Gruͤnen, und durch den Anblick der Blumen mich erinnern an die alten Lumpen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/264
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/264>, abgerufen am 23.11.2024.