Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

ster, und Gott weiß! was noch mehr, und
alles umsonst. Aber wir, wir unglücklichen
Spätgebornen, wir leben in einer andern Zeit,
unsere Mäcenaten haben ganz andere Princi¬
pien, sie glauben, Autoren und Mispeln ge¬
deihen am besten, wenn sie einige Zeit auf dem
Stroh liegen, sie glauben, die Hunde taugten
nicht auf der Bilder- und Gedankenjagd, wenn
sie zu dick gefüttert würden, ach! und wenn
sie ja mahl einen armen Hund füttern, so ist
es der unrechte, der die Brocken am wenigsten
verdient, z. B. der Dachs, der die Hand
leckt, oder der winzige Bologneser, der sich in
den duftigen Schooß der Hausdame zu schmie¬
gen weiß, oder der geduldige Pudel, der eine
Brodwissenschaft gelernt und apportiren, tan¬
zen und trommeln kann -- Während ich dieses
schreibe, steht hinter mir mein kleiner Mops und
bellt -- Schweig nur, Ami, dich hab' ich
nicht gemeint, denn du liebst mich und beglei¬
test deinen Herrn in Noth und Gefahr und

ſter, und Gott weiß! was noch mehr, und
alles umſonſt. Aber wir, wir ungluͤcklichen
Spaͤtgebornen, wir leben in einer andern Zeit,
unſere Maͤcenaten haben ganz andere Princi¬
pien, ſie glauben, Autoren und Mispeln ge¬
deihen am beſten, wenn ſie einige Zeit auf dem
Stroh liegen, ſie glauben, die Hunde taugten
nicht auf der Bilder- und Gedankenjagd, wenn
ſie zu dick gefuͤttert wuͤrden, ach! und wenn
ſie ja mahl einen armen Hund fuͤttern, ſo iſt
es der unrechte, der die Brocken am wenigſten
verdient, z. B. der Dachs, der die Hand
leckt, oder der winzige Bologneſer, der ſich in
den duftigen Schooß der Hausdame zu ſchmie¬
gen weiß, oder der geduldige Pudel, der eine
Brodwiſſenſchaft gelernt und apportiren, tan¬
zen und trommeln kann — Waͤhrend ich dieſes
ſchreibe, ſteht hinter mir mein kleiner Mops und
bellt — Schweig nur, Ami, dich hab' ich
nicht gemeint, denn du liebſt mich und beglei¬
teſt deinen Herrn in Noth und Gefahr und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0255" n="247"/>
&#x017F;ter, und Gott weiß! was noch mehr, und<lb/>
alles um&#x017F;on&#x017F;t. Aber wir, wir unglu&#x0364;cklichen<lb/>
Spa&#x0364;tgebornen, wir leben in einer andern Zeit,<lb/>
un&#x017F;ere Ma&#x0364;cenaten haben ganz andere Princi¬<lb/>
pien, &#x017F;ie glauben, Autoren und Mispeln ge¬<lb/>
deihen am be&#x017F;ten, wenn &#x017F;ie einige Zeit auf dem<lb/>
Stroh liegen, &#x017F;ie glauben, die Hunde taugten<lb/>
nicht auf der Bilder- und Gedankenjagd, wenn<lb/>
&#x017F;ie zu dick gefu&#x0364;ttert wu&#x0364;rden, ach! und wenn<lb/>
&#x017F;ie ja mahl einen armen Hund fu&#x0364;ttern, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
es der unrechte, der die Brocken am wenig&#x017F;ten<lb/>
verdient, z. B. der Dachs, der die Hand<lb/>
leckt, oder der winzige Bologne&#x017F;er, der &#x017F;ich in<lb/>
den duftigen Schooß der Hausdame zu &#x017F;chmie¬<lb/>
gen weiß, oder der geduldige Pudel, der eine<lb/>
Brodwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft gelernt und apportiren, tan¬<lb/>
zen und trommeln kann &#x2014; Wa&#x0364;hrend ich die&#x017F;es<lb/>
&#x017F;chreibe, &#x017F;teht hinter mir mein kleiner Mops und<lb/>
bellt &#x2014; Schweig nur, Ami, dich hab' ich<lb/>
nicht gemeint, denn du lieb&#x017F;t mich und beglei¬<lb/>
te&#x017F;t deinen Herrn in Noth und Gefahr und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0255] ſter, und Gott weiß! was noch mehr, und alles umſonſt. Aber wir, wir ungluͤcklichen Spaͤtgebornen, wir leben in einer andern Zeit, unſere Maͤcenaten haben ganz andere Princi¬ pien, ſie glauben, Autoren und Mispeln ge¬ deihen am beſten, wenn ſie einige Zeit auf dem Stroh liegen, ſie glauben, die Hunde taugten nicht auf der Bilder- und Gedankenjagd, wenn ſie zu dick gefuͤttert wuͤrden, ach! und wenn ſie ja mahl einen armen Hund fuͤttern, ſo iſt es der unrechte, der die Brocken am wenigſten verdient, z. B. der Dachs, der die Hand leckt, oder der winzige Bologneſer, der ſich in den duftigen Schooß der Hausdame zu ſchmie¬ gen weiß, oder der geduldige Pudel, der eine Brodwiſſenſchaft gelernt und apportiren, tan¬ zen und trommeln kann — Waͤhrend ich dieſes ſchreibe, ſteht hinter mir mein kleiner Mops und bellt — Schweig nur, Ami, dich hab' ich nicht gemeint, denn du liebſt mich und beglei¬ teſt deinen Herrn in Noth und Gefahr und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/255
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/255>, abgerufen am 22.11.2024.